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Rezensionen zu
Über Menschen

Juli Zeh

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Von außen betrachtet scheint Doras Leben gar nicht so schlecht zu sein. Sie hat eine langjährige Beziehung mit Robert, einen festen Job in einer Marketingagentur und eine süße Hündin. Als sie es jedoch zuhause aufgrund von Meinungsverschiedenheiten nicht mehr mit Robert aushält, zieht sie mit ihrer Hündin, die auf den Namen Jochen-der-Rochen hört, aufs Land. Hier lernt sie Gote kennen, der sich selbst als „Dorf-Nazi“ bezeichnet. Eigentlich möchte sie nichts mit ihm zu tun haben, aber er ist ihr Nachbar und der Kontakt ergibt sich wie von selbst. Schwierig. Das war mein erster Eindruck von Juli Zehs neuem Roman. Ich habe bisher noch nie ein Buch von ihr gelesen, aber oft schon von dem beeindruckenden Schreibstil gehört. „Über Menschen“ ist eine Analyse unserer Gegenwart. Zeh schreibt über die Corona-Pandemie, über rechtspopulistische Politik und Alltagsrassismus. Sie schreibt über die Einsamkeit, die in jedem von uns steckt und über das Richtig oder Falsch, über das wir tagtäglich urteilen müssen. „Über Menschen“ ist eine leise Geschichte. Sie ist nicht darauf ausgelegt, besonders handlungsreich oder spannend zu sein, um genau zu sein, ist sie eine Geschichte mit ziemlich wenig Handlung. Vielmehr geht es in dem Roman um eine Verdichtung der aktuellen Wirklichkeit, um eine Analyse der jetzigen Zeit und eine Metaanalyse der Gedanken der Bevölkerung. Zeh beobachtet, beschreibt und erzählt auf sanfte, leise Art, wie jeder von uns letztlich versucht, das beste Leben zu leben – oder das, was er oder sie für am besten und richtig hält. „Über Menschen“ bringt in überspitztem Ton links und rechts im politischen Sinne zusammen. Es handelt sich um eine Lektüre voller Gegensätze und der Suche nach den verborgenen Gemeinsamkeiten, hochpolitisch aufgeladen und doch so neutral geschrieben, dass man der Autorin keine klare Stellung unterstellen oder hineininterpretieren kann. „Über Menschen“ ist eine ganz andere Lektüre als die Bücher, die ich sonst lese. Eine kluge, ruhige Geschichte über die großen Themen der aktuellen Zeit. Wer beim nächsten Familienabend oder Büchertreff mitreden will, sollte dieses Buch gelesen haben.

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Themen der Zeit

Von: forti

07.06.2021

Juli Zehs neuer Roman „Über Menschen“ hat einige Bezüge zum großen Erfolg „Unterleuten“, ist aber keine Fortsetzung, sondern ein komplett eigenständiger Roman mit komplett anderem Personal. Gemeinsam haben beide Romane das Aufeinandertreffen von Städtern und Dorfgemeinschaft. Die Mittdreißigerin Dora zieht eher zufällig von Berlin in das Dorf Bracken in Brandenburg. Dort trifft sie auf recht unterschiedliche Dorfbewohner – insbesondere auf den direkten Nachbarn und selbsterklärten 'Dorf-Nazi' Gote und seine Tochter Franzi. Gote, aber auch die anderen Dorfbewohner, sind interessant, komplex und ohne Klischee gezeichnet. Ein Kontrast zu Doras überzeichnet (und etwas zu ausführlich) dargestellte Berliner (Ex-)Freund und 'Gutmensch' Robert. Dabei stellt der Roman die Narrative von gut und böse etwas auf den Kopf - niemand kommt hier richtig gut weg, gleichzeitig gibt es aber auch niemand, der ausschließlich negativ dargestellt wird. Schwarz und weiß und einfache Antworten gibt es im echten Leben halt meist nicht. Diese Komplexität unserer Realität greift die Autorin neben den Charakteren auch mit den Themen der Zeit auf: Klimakrise, Rassismus und jetzt auch noch Corona. All diese Themen beschäftigen Dora nicht erst seit ihrem Umzug und sie lässt die Lesenden an ihren Gedanken teilhaben. Antworten gibt der Roman nicht, aber vielleicht die Anregung, anderen zuzuhören und die Welt komplexer wahrzunehmen, als sie in unseren Blasen oft wirkt. So fand ich das Buch auch nicht verharmlosend oder ähnliches, sondern zum Nachdenken und Reflektieren anregend.

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Die Story würde auch funktionieren, ohne in die Ereignisse rund um die „Corona-Pandemie“ eingebettet zu sein. Lediglich werden durch die Pandemie bereits vorgezeichnete Entwicklungen im Leben der Protagonisten verstärkt und beschleunigt. Der Titel „Über Menschen“ taucht in den verschiedensten Kontexten im Roman selbst auf und ist auch davon unabhängig treffend gewählt, denn es geht um das, was Menschen, unabhängig von ihrer Sozialisierung, Bildung, Lebenseinstellung, ihres Berufes und Wohnortes ausmacht und trotz aller vorhandenen Unterschiedlichkeit verbinden kann. Letztlich ist es gerade die aus der Bahn geworfene Protagonistin Dora, die dies nach und nach erkennt und auch an ihre Mitmenschen weiterzugeben vermag. Es gelingt ihr, über ihren eigenen Schatten zu springen, hinter die Fassade zu sehen und dazu beizutragen, dass Menschlichkeit regiert, wo zunächst unüberbrückbar scheinende Unterschiede die Menschen trennen. Dabei ist der Leser in ihr Ringen und Bemühen darum, das Richtige zu tun, unmittelbar eingebunden. Die Konkurrenz der Denkbarrieren, Klischees und bestätigten Vorurteile mit dem Blick „dahinter“ wird eindrücklich vermittelt. Lesenswert.

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Deutschland, im Frühsommer 2020: Dora wohnt mit ihrem Freund Robert in einer Wohnung in Berlin. Eigentlich hat sie sich dort immer wohl gefühlt, bis Robert einer Klima-Obsession verfallen ist, die sich im Laufe der Corona-Pandemie in eine Corona-Obsession verwandelt hat. Für Dora steht fest: sie muss weg hier. Von heute auf morgen schnappt sie sich Jochen-den-Rochen, ihre Hündin, und zieht nach Bracken. In diesem kleinen Dorf im brandenburgischen Nirgendwo möchte sie zur Ruhe kommen - doch dann entpuppt sich ihr Nachbar als Dorf-Nazi und das Landleben als gar nicht mal so idyllisch... Vor ein paar Jahren habe ich Juli Zehs Roman "Unterleuten" gelesen bzw. abgebrochen. Mir hat das Buch damals gar nicht gefallen, es war mir zu langweilig und hat einfach nicht meinen Geschmack getroffen. Mit "Übermenschen" ging es mir zum Glück nicht so: Einmal im Roman angekommen konnte ich ihn schwerlich weglegen. Die Geschichte hatte eine große Sogwirkung auf mich und ich bin sehr begeistert von Juli Zehs Schreibstil, ihrer Art, mit Klischees zu spielen und die Unschärfen unserer Gesellschaft einzufangen. Das Buch ist hochaktuell und passt durch die darin angesprochenen Themen wie die Fridays-For-Future-Demos, George Floyd oder den Lockdown auch perfekt in unsere Zeit. Genau hier liegt aber auch mein Problem mit Juli Zehs Roman, denn man kann (und muss, wie ich finde) ihn durchaus kontrovers betrachten. Die Autorin bespricht in "Übermenschen" unter anderem auch die Themen Alltagsrassismus sowie Nazis. Ich möchte nichts vom Inhalt vorweg nehmen, nur so viel: Doras Nachbar ist nicht ohne. Die Autorin beschreibt das zwar, lässt Dora aber trotzdem so etwas wie Freundschaft mit ihm schließen. Dora begehrt nicht gegen seine rassistischen Äußerungen (und der einiger anderer Charaktere im Buch) auf, vielmehr ist da nur ein Unwohlsein ihrerseits, ein "nächstes mal sage ich aber was", eine Rassismus-Starre. Ich persönlich konnte damit nur schwer umgehen, verfiel selbst in eine Wie-soll-ich-das-bewerten-Starre und fragte mich, ob die Autorin hier gerade den Nazi nicht doch arg schön redet. Andererseits habe ich Verständnis für Dora und die Menschen in Bracken - und ich denke genau das war Juli Zehs Absicht. Die Welt ist nicht einfach in gut und böse aufzuteilen. Niemand ist eindimensional, alle leben in verschiedenen Umständen, die man auf den ersten Blick nicht erkennen und erfassen kann. Ein Urteil ist immer schnell gefällt, doch lohnt sich manchmal ein Blick hinter die Kulissen und hinter die Klischees, ein Gedanke daran, was die Person gegenüber gerade durchmacht. Ich bin auch nach einigen Nächten drüber schlafen unentschlossen, wie ich das Buch bewerten soll. Ich habe es gerne gelesen, war wirklich begeistert von der Vielschichtigkeit der Protagonist*innen und fand gerade auch Bracken als Schauplatz sehr gut gewählt. Trotzdem bin ich nicht davon überzeugt, ob es ein Buch wie "Über Menschen" in einer so angespannten Zeit wie gerade braucht - oder ob es genau das ist, was wir gerade lesen sollten. Daher gibt es heute keine abschließende Meinung von mir - vielleicht bildet ihr euch einfach selbst eine und/oder teilt eure Gedanken zu dem Roman mit mir 📖

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Robert und Dora leben gemeinsam in Berlin und führen ein harmonisches Leben. Bis Greta Thunberg in ihr gemeinsames Leben tritt. Bis zu dem Zeitpunkt an dem Robert zum Klimaschutzaktivisten und Corona-Experten mutiert. Das alles kann Dora noch irgendwie ertragen, doch dann soll sie ihren Job wechseln, keine Plastiktüten mehr benutzen und als Corona-Leugnerin gefälligst auch nicht mehr den Hund spazieren führen. Die Kirsche auf der Torte ist dann das gemeinsame Home-Office, wo Dora merkt, dass sie Robert gleich an die Wand tackern wird und die Flucht sucht. Dora packt ihre Hündin, Jochen den Rochen, kauft sich mit ihrem letzten ersparten ein schniekes Häuschen im brandenburgischen Bracken und macht die Fliege. Dort angekommen lernt sie als erstes ihren neuen Nachbarn kennen, Gote, den selbsternannten Dorf-Nazi. Und so kommt es wie es kommen muss: Dora findet sich einem Gewissens-Dilemma wieder. Dorfgemeinschaft, Nazi, AfD-Wähler, Nachbarschaftshilfe?!? Meine Meinung: „Über Menschen“ ist mein erstes Buch von Juli Zeh und es hat mir wirklich super gefallen. Der Schreibstil ist flüssig, humorvoll, an vielen Stellen tiefgründig. Bin quasi mit der Rakete durchs Buch geflogen. Juli Zeh packt zahlreiche Themen, die uns alle tangieren in dieses Buch. Angefangen von der Klimakatastrophe, über Rassismus, die Flüchtlingskrise, Rechtsextremismus, die Pandemie, kompletter Lebenswandel, naives Städterdenken, etc. An vielen Stellen habe ich laut gelacht, an einer ein Tränchen verdrückt, an sehr vielen hat sich ein leichtes Schleudertrauma angedeutet (Kopfnicken oder Kopfschütteln). Ich fühlte mich stellenweise so verstanden durch die Gedanken von Dora, ihre Zweifel, ihre Hirnwixereien, ihre Art über sich selbst nachdenken zu können. Die persönliche Entwicklung von Dora fand ich sehr spannend. Der Dorfnazi ist vielen Leser*innen extrem sauer aufgestoßen, was ich total verstehe und bitte auch überhaupt nicht verharmlosen möchte!! Ich finde aber doch, dass Juli Zeh hier hineingepackt hat, wie es in einem Dorfleben von Statten gehen kann oder sich zutragen kann (leider auch heute noch). Sie hat es nicht verharmlost, aber auch nicht aufgepeitscht. Jede Figur ist auf ihre Weise mit dem Thema umgegangen (Gote mit seinem Denken des „nicht so schlimm“ und Dora mit dem Nicht-Wissen-wie-umgehen-und-null-Toleranz-Rassismus-Starre). „Egal“, wie man zu diesem unmoralischen Verhalten und Geisteszustand stehen mag: was Juli Zeh getan hat ist, dass sie aus dem Dorfnazi trotzdem noch den Menschen gezeichnet hat (auch wenn man ihn herprügeln möchte!). Sie schafft es mit Feingefühl die Figur „Gote“ zu zeichnen, mit all seinen Problemen, egal ob persönlicher Natur oder gesundheitlicher, mit all seinen Sprüchen und Aussagen. Zeichnet sie dann letzten Endes doch auch die „zerbrechliche“ Vaterfigur, der seine Tochter Franzi, die auch Dora sehr ins Herz schließt, über alles liebt. Dora mag an vielen Stellen naiv wirken und dem Klischee der Tusse aus der Stadt alle Ehre machen, aber das darf sie doch auch. Sie kommt aus der Großstadt, die viele andere Herausforderungen birgt, als das kleine Örtchen wo sich Fuchs und Henne gute Nacht sagen. Es braucht die Vielfalt, dass es Menschen gibt, die in gewissen Bereichen naiv sind, die sich dadurch ihr „positives Wesen“ behalten, und es braucht aber auch die, die sehr kritisch sind. Sonst wären wir alle gleich, würden jeden Tag dasselbe Essen, hätten alle die gleichen Jobs, den gleich hohen Intellekt … Das Ende des Buches hat mich irgendwie überfahren und irgendwie war es vorhersehbar, und das war auch die Stelle, die mir kurz ein Tränchen rausgedrückt hat. Juli Zeh erzählt das Buch aus der Sicht ihrer Protagonistin Dora. Dadurch kommt das Buch nicht immer ganz klischeefrei daher. Das positive an dem Buch finde ich aber, ist, dass die ideologische Sicht auf Dinge nur aus Entfernung immer möglich ist. Sobald man näher dran ist, wird es schwieriger und man muss „trotzdem weitermachen“. Es ist und bleibt (in dem Fall) ein Buch, eine Geschichte, und dass wir den Rechtsradikalismus einfach so „wegmenscheln“, wird (leider) sicher nicht geschehen. „Trotzdem“ klare Leseempfehlung! Und: die Welt braucht mehr Menschlichkeit und weniger Ideologie!

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Über Menschen – Übermenschen Juli Zeh lässt Dora über Menschen berichten, die sich gerne als Übermenschen gerieren. Es friert einen, wenn einer dieser „Übermenschen“ erzählt, mit welcher Normalität man nach Lichtenhagen gefahren sei, sich am Feuer erfreut habe und den Beifall der Umstehenden genossen habe. Leider gibt sie diesen gewaltbereiten rassistischen engstirnigen Nazis auch freundliche und hilfsbereite Seiten, was zu einer gewissen Verharmlosung dieser Gruppe führt, die in der realen Welt ja auch vor Mord nicht zurückschreckt. Zu ihrer großen Überraschung aber auch Verwirrung findet sie die Wärme, Menschlichkeit, Empathie, die Städter immer mehr vermissen, ausgerechnet im Nazi-verseuchten Dorf. Dora stellt aber auch klar, dass sie selbst, weil Nicht-Nazi, etwas besseres ist. Zunächst sieht es so aus, als würde Juli Zeh lauter Kurzgeschichten über Dora, eine junge Werbedesignerin, die mit sich und der Welt, die für sie voller beängstigende Widersprüche ist, nicht klar kommt, aneinanderreihen. Entsprechend kurz sind die meisten Kapitel dieses Romans und sie folgen einem Muster: Die Kapitel beginnen meist mit einfachen Sätzen über Alltägliches, steigen dann aber hinab in die Tiefen von Doras Wahrnehmung und Gefühlsleben und Dora’s Versuche, das Erlebte zu verarbeiten. Der in „Unterleuten“ bereits gesichtete Kampfläufer rennt auch in „Über Menschen“ wieder durch die Natur, vermittelt somit eine gewisse Nähe zu derselben und macht auf den zerstörerischen EInfluß des Menschen aufmerksam, Stichwort „Klimawandel“. Warum allerdings der weniger gefährdete und alltäglichere Star ein „proletarisches“ Federkleid tragen muss, bleibt unklar. Ein weiteres Tier wird als Metapher eingesetzt: der Wolf symbolisiert meist alle Ängste der Menschen vor dem Unbekannten, Wilden, Starken, Gefährlichen. Es gibt immer einen, der immer dabei ist, aber eigentlich nicht dazugehört. Leider bricht dann der Charakter des Protagonisten und sein Schicksal mit diesem Bild. Manches vom Film entlehnte Atmosphäre-Stilmittel wird eingesetzt, wenn z.B. der Regen die traurigsten Momente durchnässt, und wirkt dann klischeehaft und unpassend. In dieser 2. Fassung des Romans spielt der Beginn der Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle, unterstreicht dadurch die Aktualität der Botschaft des Romans, auch wenn der Zusammenhang zum eigentlichen Thema fehlt. Für eine Auseinandersetzung mit den Folgen der Pandemie auf die Gesellschaft und die Menschen ist es zu früh und so bleibt dieser Aspekt im Gegensatz zu den anderen Themen inkohärent oberflächlich. Es könnten durchaus autobiographische Züge sein, wenn Dora von ihren Werten und ihrer Einstellung zur Religion erzählt, oder Antworten auf ihre Ängste auf Ausflügen in die Heidegger’sche Philosophie sucht. Sehr schön, wie sie von dort auch den Bogen zur heute allgegenwärtigen „Achtsamkeit“ schlägt. Juli Zeh zeigt in ihrem neuen Roman auf unterhaltsame, bisweilen auch witzige Art und Weise die derzeitige Befindlichkeit der deutschen Gesellschaft. Dabei wertet sie nicht und unternimmt weder Erklärungsversuche noch Ursachenforschung, er wird weder Lehrstück noch philosophischer Leitfaden für den Umgang mit den Problemen unserer Zeit. Sie erklärt nicht, was richtig ist, stellt aber immer wieder dir richtigen Fragen. Sie malt ein umfassendes Bild der heutigen Gesellschaft, der Rezeption und der Reaktion der Menschen auf eine immer schneller immer komplexer werdende Welt, in der der Einzelne machtlos Probleme aushalten muss, die nur gesellschaftlich zu lösen sind. Der Roman ist sehr schön geschrieben und liest sich leicht und flott. Schnell will man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, geniesst den Humor und Wortwitz, will wissen, wie es weitergeht, wie sich Dora weiter entwickelt und wie Juli Zeh die Geschichte schließlich auflöst, und bleibt am Ende angekommen durchaus nachdenklich zurück.

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🌻Darum geht es: Dora lebt in der Grossstadt Berlin mit ihrem Freund Robert zusammen. Robert setzt sich sehr ehrgeizig für den Klimaschutz ein und ist begeistert von Greta Thunberg. Doch es macht Dora nicht nur zu schaffen, dass sie keine Plastiktüten mehr benutzen darf und dass sie Robert zuliebe sogar ihren Job gewechselt hat, nun befindet sich Dora mitten in einer Pandemie in einer kleinen Wohnung mit Robert im Homeoffice. Dora fällt das Dach auf den Kopf und so zieht sie mit ihrer Hündin Jochen der Rochen nach Bracken, wo sie vor einiger Zeit ein Haus gekauft hat. Dort angekommen, lernt Dora nach und nach ihre neuen Nachbarn kennen. Besonders wegen dem Dorf-Nazi Gote, findet sie sich in einem inneren Dilemma wieder. Aber nicht nur Dora geht es so, auch ich als Lesende habe mich natürlich gefragt, was ich denn an Doras Stelle tun würde. 🌻Meine Meinung: Über Menschen war mein erstes Buch von Juli Zeh und ich bin begeistert. Der Schreibstil lässt sich sehr flüssig lesen und die Seiten flogen nur so dahin. Anfangs hatte ich etwas Bedenken, ob mich das Thema Corona in Büchern nicht belasten wird. Tatsächlich war das überhaupt nicht der Fall, im Gegenteil. Ich fühlte mich an gewissen Stellen sogar verstanden von Dora, was irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Gote, dem Dorf-Nazi bin ich natürlich skeptisch gegenübergestanden und bin das auch bis zuletzt geblieben. Mit Franzi, Gotes Tochter hatte ich über die ganze Geschichte hinweg Mitleid und fand es toll, wie sich Dora mit ihr abgegeben hat und sich um sie gekümmert hat. Die Geschichte nimmt gegen Ende noch eine Wendung, mit der ich zu Beginn des Buches sicherlich nicht gerechnet habe. Was das genau ist, werde ich euch natürlich nicht verraten. 🌻Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung.

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Leute sind auch Menschen

Von: Sonnenschein17

10.05.2021

Dora zieht es aufs Land, ganz weit weg von ihrem fanatischen Freund, der sie erst mit dem Friday-for-Future verrückt macht und später mit Corona. Eigentlich hat sie es schon früher gewusst und sich deshalb – ohne Wissen ihres Lebenspartners – ein Häuschen in den Tiefen der Mark Brandenburg gekauft. Wo sie mit ihrer Hündin "Jochen der Rochen" auf sich allein gestellt leben und arbeiten will. Die Städterin auf dem Land, mit einem renovierungsbedürftigen Haus und einem übergroßen Garten. Schnell merkt sie, dass sie sich wohl zu viel vorgenommen hat. Nun hat sie zwar Nachbarn, doch die interessieren Dora nicht; allerdings interessieren die Nachbarn sich für Dora und das Schicksal nimmt halt seinen Lauf. Dann verliert sie ihre eigentlich feste Arbeit in der Werbeagentur und alles scheint über ihr zusammenzuschlagen. Bei ihr es es nun nicht der Lottogewinn, sondern ihr ziemlich betuchter Vater, der ihr finanziell, aber auch anderweitig hilft. Und Dora, die sich für weltoffen hält, kommt in Gesprächen mit diesen Nachbarn schnell an ihre Grenzen, weil sie unsicher ist, wie sie braunem Geschwafel begegnen soll. In Berlin konnte sie sich immer aus der Affäre ziehen, doch hier muss/müsste sie sich auseinandersetzen, doch so richtig kommt sie nicht mit ihrer Meinung raus. Sie, die angeblich so gut Werbung machen kann, kann sich nicht so artikulieren, wie sie es gern täte. Durch den Bezug auf Corona kam mir halt vieles bekannt vor, auch Gedanken, die wohl fast jeder im Laufe der letzten Monate hatte. Das Aktuelle an dem Buch ist aber nicht nur Corona, sondern sind auch die netten helfenden Nachbarn, die sich als AfDler entpuppen oder gar bekennende Nazis sind. Ja, da kommen Klischees ins Spiel, die zwar nett sind, aber eben Klischees. Das fand ich ein bisschen schade, ich hätte mir auch mehr Wortgefechte gewünscht, leider passt aber gerade das zu Dora, ausweichen, möglichst wenig Konfrontation im Privaten. Mir hat das Buch gefallen, auch wenn das Ende wieder ein Klischee ist.

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