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Rezensionen zu
Über Menschen

Juli Zeh

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• ÜBER MENSCHEN • Es ist schon verrückt einen Roman während der Corona-Zeit zu lesen, in dem es auch stellenweise um Corona geht. Mir hat das äußerst gut gefallen, da man sich absolut in die Situation einfühlen konnte. Darum geht’s: Dora hat genug von ihrem Leben in der Großstadt. Kurz um verlässt sie ihre Wohnung, ihren Alltag, ihren Freund um in ein kleines Häuschen in Brandenburg zu leben. Doch das Landleben ist doch völlig anders als gedacht, denn nebenan wohnt offensichtlich und ungeahnt der Dorfnazi. Ich liebe die Romane von Juli Zeh, denn sie schafft es den Nerv der Zeit zu treffen und überrascht immer wieder mit neuen Denkweisen. Wer hier nach schwarz-weiß denken oder einem erhobenen Zeigefinger Ausschau hält, sucht vergebens. Denn der Dorf-Nazi überrascht mit seiner hilfsbereiten Art und seinem künstlerischen Geschick. Stattdessen wird das eigene bzw. das Handeln und Richten des Dorfes über andere in Frage gestellt. Das heißt nicht, dass man andere Personen für ihre Ansichten nicht kritisieren soll, sondern schauen muss, wie man nebeneinander existieren kann. An einigen Stellen ist es mir echt schwer gefallen, denn beim Hören des Horst-Wessel Liedes könnte ich nicht cool reagieren. Dora als Protagonistin ist toll: fragend, zweifelnd, neugierig. Sie versucht ihr Leben in den Griff zu bekommen und das Landleben eigenständig zu meistern. Man kann sich wirklich toll in ihre Gedanken hineinversetzen und ihr Handeln nachvollziehen. An einigen Stellen war mir der Roman leider etwas zu glatt, was nicht unbedingt hätte sein müssen. Der Schreibstil Zehs ist super lesbar, sodass ich den Roman kaum aus den Händen legen konnte. 📖 Ein interessanter Roman mit streitbaren Inhalt, der mich dennoch gut begeistern konnte. Ich lese Juli Zehs Romane wahnsinnig gerne, kann jedoch gut nachvollziehen, wenn Personen Teile des Inhalts zu harmlos dargestellt finden. [4/5]

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Inhalt: Bracken, ein kleines, fiktives Dorf irgendwo in Brandenburg, Frühjahr 2020. Die sechsunddreißigjährige Dora entflieht Berlin und damit ihrem Freund Robert, den sie immer weniger versteht. Ihr neues Heim ist kein Schmuckstück, sondern eher eine Lebensaufgabe, der sich Dora ziemlich unvorbereitet und ganz allein stellt. Und dann muss sie auch noch den Schreck verarbeiten, dass ausgerechnet ihr direkter Nachbar sich als glatzköpfiger Rechter erweist, der eine klare Ansage macht, was er von Dora und ihrer kleinen Hündin hält. Meine Meinung: Ich habe nun schon einige Romane von Juli Zeh gelesen und bin jedes Mal aufs Neue begeistert. So schlage ich inzwischen bei Neuerscheinungen dieser Autorin blind zu, ohne zu wissen, worauf ich mich einlasse. Ich muss zugeben, dass ich dieses Mal mit dem Anfang meine Probleme hatte. Das Thema „Corona“ nimmt hier einen großen Raum ein, bietet mir aber nichts Neues, keine neuen Informationen, keine neuen Denkanstöße. Alles was zu diesem Thema hier gesagt wird, erlebe ich Tag für Tag selbst bzw. habe ich mit Freunden und Familie zur Genüge hin und her diskutiert. In diesem Punkt hat die Realität den Roman definitiv überholt. Doch im weiteren Verlauf konnte Juli Zeh mich auf jeden Fall wieder überzeugen. An der Seite von Dora habe ich mich in das kleine Dorf Bracken eingelebt, habe dessen bunte Bewohnerschar nach und nach kennen- und in gewisser Weise auch lieben gelernt. Juli Zeh verleiht den Figuren eine enorme Tiefe, brilliert durch präzise, detaillierte Beobachtungen, die das Kopfkino in Gang setzen. Sie erweckt die Menschen und die Landschaft zum Leben, lässt sie fast unmerklich sich verändern und entwickeln. Am Schluss kann man sich fragen, wie man eigentlich an diesen Punkt gelangt ist, wo die Ausgangslage doch eine ganz andere war. Die Antwort liegt in vielen kleinen Taten, die uns zu Menschen machen.

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Corona hat die Welt im Griff. Doras Freund Robert ist voll in seinem Element und nimmt die Pandemie sehr ernst. Als er ihr verbietet, mit der Hündin Jochen Gassi zu gehen, reicht es Dora. Sie haut mitsamt Jochen aufs Land ab. In dem brandenburgischen Dorf begegnet sie verschiedenen Charakteren. Nicht zuletzt Gote, der sich ihr als „der Dorf-Nazi“ vorstellt, stürzt Dora in Verwirrung. Sie merkt, dass vieles nicht so ist, wie es zu sein scheint... Mit „Über Menschen“ ist Zeh nah am echten Leben und vor allem nah an unserer Zeit. Dora ist eine runde Protagonistin, die manchmal einfach nur zu viel hat: Zu viel von den Medien, der Hilflosigkeit und dem Gefühl, immer tiefer in einem Strudel zu versinken. Die Botschaft des Buches: Für simple Wahrheiten ist die Welt zu komplex. Ist Baumwolle wirklich besser als Plastik? Kann man den Medien immer glauben? Und kann jemand, der verbotene Lieder singt und vorbestraft ist, ein liebevoller Vater sein? „Über Menschen“ ist geradezu ein Plädoyer gegen vorschnelle Urteile und für mehr Empathie. Allerdings hat das Buch für mich einen großen sowie einen kleineren Kritikpunkt: Zum einen lässt Zeh dieses Verständnis nicht für alle ihre Figuren aufkommen, sondern überwiegend für die Dorfbewohner*innen. Robert jedoch, der sich vehement gegen den Klimawandel einsetzt und penibel auf die Corona-Regeln achtet, verkommt zu einem nervigen Zeitgenossen, so wie eigentlich alle Figuren, die sich streng an Abstandsregeln und Co. halten. Für mich ist die Botschaft des Buches gut, ich hätte mir nur gewünscht, dass sie im Buch selbst konsequenter umgesetzt wird. Zweitens bleiben manche Figuren eher holzschnittartig. So ist Doras Nachbar Heini eigentlich nur dafür da, rassistische Witze zu reißen und Dora dadurch mit ihrer Lähmung gegenüber Rassismus zu konfrontieren. Meiner Meinung nach kommt „Über Menschen“ nicht an „Unterleuten“ ran, das im selben Kosmos spielt und dessen Figuren ausgefeilter gewirkt haben. Beschäftigen wird mich dieser Roman dennoch für längere Zeit.

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So viel vorweg Dass ich Juli Zeh mag, hat mehrere Gründe. Der Hauptgrund ist wahrscheinlich: Man weiß immer von der ersten Seite an, dass etwas Krasses passieren wird. Selbst hinter der ausführlichsten Rückblende lauert die Story, hält das Hirn in Alarmbereitschaft und lässt in Bezug auf den Ausgang absolut keine Gewissheiten aufkommen. So auch in Über Menschen. Worum geht’s? Deutschland im Frühling 2020. Werbetexterin Dora hat es mit ihrem Freund Robert in der gemeinsamen Berliner Wohnung nicht mehr ausgehalten. Schon vor einigen Monaten hat sie sich still und heimlich in der brandenburgischen Provinz ein altes Gutsverwalterhaus mit riesigem Grundstück gekauft. Als aus dem fanatischen Klimaschützer Robert auch noch ein ebenso fanatischer „Corona-Polizist“ geworden ist, hat sie ihre sieben Sachen und ihre Hündin Jochen [sic! :-D] zusammengepackt und ist umgezogen. Allerdings will sich auch in der ländlichen Idylle des fiktiven Dörfchens Bracken keine Entspannung einstellen. Das hat nicht zuletzt mit Doras neuem Nachbarn Gottfried Proksch zu tun, der sich ihr mit den Worten „Ich bin hier der Dorf-Nazi“ vorstellt. Was genau sich zwischen den beiden entwickelt, sollten Interessierte unbedingt selbst lesen, aber so viel sei schon mal verraten: Eine romantische „Boy meets Girl“-Geschichte ist es nicht. Stilistisches et cetera In sprachlicher Hinsicht bleibt Zeh dem Stil ihrer letzten Werke treu: Der Ausdruck ist klar, jedes Wort sitzt am rechten Platz, keine Unebenheit stört den Lesefluss. Ich war wieder sofort mitten im Geschehen und konnte nur staunen, wie schnell mir die ungelesenen Seiten dünn wurden. Sprachbilder werden sorgfältig dosiert; häufig sind sie in Naturbeschreibungen anzutreffen: In schrägen Balken lehnt das Licht an den Kiefern; ein Greifvogel segelt lautlos zwischen den Stämmen. Es raunt und wispert. Zauberwesen. (S. 165) In vollen Zügen genossen habe ich Dialoge wie diesen: »Gote«, sagt der Nachbar. Irritiert schaut Dora zur Straße, ob sich irgendetwas nähert, das diese Bezeichnung verdient. »Gote«, wiederholt der Nachbar nachdrücklich, als wäre Dora schwerhörig oder jedenfalls schwer von Begriff. (…) »Westgote oder Ostgote?«, fragt Dora. »Gote«, sagt er noch einmal. »Wie Gottfried.« Ein bisschen fühlt sich das an wie die Kommunikation zwischen Robinson und Freitag, nur ohne zu wissen, wer Robinson und wer Freitag ist. Auch Dora hebt einen Zeigefinger und deutet auf sich selbst. »Dora«, sagt sie. »Wie Dorf-Randlage.« (S. 44) Dora ist als Figur überhaupt ausgesprochen gut gelungen. Ihr Humor, ihr beständiges nervöses Reflektieren, ihr Streben nach Autonomie, ihre Zerrissenheit, ihre Sehnsucht nach Spiritualität, ihr Abscheu gegen Rechtsextremismus, ihre Suche nach Wahrheiten und die plötzliche Klarheit, mit der sie manche Dinge sieht – all das wird sehr glaubwürdig vermittelt, sodass es leichtfällt, sich mit ihr zu identifizieren. In vielem, was Zeh sie über Politik, die Gesellschaft und das Leben denken lässt, kann ich ihr nur zustimmen. Warum noch toll? So harmonisch und locker sich die Wörter und Sätze ineinanderfügen, so herausfordernd ist ihr Inhalt – auch bei diesem Prinzip bleibt sich die Autorin treu. Ohne Scheuklappen wird herausgearbeitet, wie kompliziert die Welt ist und wie schwer sich vor allem definieren lässt, wie man denn nun eigentlich „richtig“ handelt. Letztlich erweist sich die Menschlichkeit als Antwort auf viele Fragen. Eine der Schlüsselstellen für mich: Doras Erkenntnis, dass die Aussage „Ich bin besser als du“ die Wurzel allen Übels darstellt. Und zwar auch dann, wenn eine Linksliberale sie an einen Nazi richtet. Doch noch ein Kritikpunkt … Im Roman tauchen so ziemlich alle Aspekte und Begriffe auf, die im Zusammenhang mit Corona durch die Medien gegangen sind. Zwischendurch kam mir das etwas angestrengt vor, so als wäre beim Schreiben eine Art Checkliste abgehakt worden, um wirklich eine vollständige Chronik zu produzieren. Besonders die alleinerziehende und entsprechend erschöpfte Mutter Sadie wirkte auf mich wie einem Porträt auf Spiegel online entsprungen; hier hätte ich mir mehr Juli-Zeh-typischen Einfallsreichtum gewünscht. Aber vielleicht ist in dieser Hinsicht nur die zeitliche Nähe das Problem. Mit ein paar Jahren Abstand wird man vermutlich ein Schlagwort wie „Notbetreuung“ lesen und denken: „Ach ja, so war das damals! Gut, dass das jemand aufgeschrieben hat.“ 😉 Wem gefällt’s? Allen, die es interessiert, wie zeitgenössische Literaturschaffende aktuelle Probleme künstlerisch verarbeiten. Juli-Zeh-Fans werden Über Menschen sowieso kennenlernen wollen. Wer unsere Corona-Gegenwart im Moment als große Belastung empfindet, sollte aber besser noch etwas mit der Lektüre warten – und das Buch eines Tages als echten Rückblick lesen. [Vielen Dank an Penguin Random House für das Rezensionsexemplar!]

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