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Rezensionen zu
Vladimir

Julia May Jonas

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Die Protagonistin dieses Romans ist Ende 50 und geht ihrer Arbeit als Literaturprofessorin mehr oder weniger gerne nach. Doch dann wird ein Verfahren gegen ihren Mann, der am gleichen College lehrt, eingeleitet, da dieser in der Vergangenheit immer wieder Affären mit Studentinnen hatte. Dies hat enormen Einfluss auf das Leben der beiden. Und als wäre dies nicht genug, beginnt sie eine Obsession für ihren deutlich jüngeren Kollegen Vladimir zu entwickeln. Ihr Verhalten wird immer ungesünder, vor allem für sie selbst. Beim Lesen erfahren wir viel über ihr bisheriges Leben und ihr Hadern mit dem Älterwerden. So geht es zum Beispiel auch viel um die Ansichten junger Frauen in ihren früheren Jahren und derer heute. Die Themen Frausein, Erwartungen an Frauen, Fremd- und Selbstwahrnehmung spielen eine zentrale Rolle und haben die Lektüre für mich besonders spannend gemacht. Die Geschichte selbst fand ich wirklich gut, doch die Erzählweise und der Einblick in die Gedanken der Protagonistin haben mich besonders gefesselt. Ein wirklich gelungener Debütroman!

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»Aber am Tag seiner Entlassung ist es bewölkt, kühl und regnerisch, das letzte Aufseufzen des trostlosen Frühlings in Upstate New York, bevor er dem Sommer weicht. Wahrscheinlich besser so, sage ich mir.« (S. 332) Alles perfekt? Wenn sie darüber nachdenkt, kann sie sich über wenig in ihrem Leben beklagen. Sie hat einen Ehemann, der ihre Distanz akzeptiert und eher als Mitbewohner mit ihr zusammen lebt, hat eine Tochter, die aus ihrer bockigen Jugendphase seit einigen Jahren herausgewachsen ist, einen erfüllenden Job als Dozentin für Literatur an einer Universität und ein wunderschönes Haus in New York. Eigentlich könnte es so schön, so einfach, so ruhig sein. Wäre da nicht der Hang ihres Mannes, die Studentinnen seiner Kurse in regelmäßigen Abständen zu verführen, oder sich von ihnen verführen zu lassen. Genau kann das wohl niemand sagen, der nicht dabei war. Doch genau diese Verführungen haben nun ein Nachspiel. Vermehrt wurden Stimmen von ehemaligen und derzeitigen Studentinnen laut, die eine Entlassung des Dozenten fordern. Er habe seine Macht gegenüber den Studentinnen ausgenutzt und sie damit zu sexuellen Handlungen genötigt. Für seine Frau allerdings ist klar: Zu einer sexuellen Beziehung gehören immer zwei Personen und die Studentinnen seien von seiner Machtposition ihm gegenüber angezogen worden. Es handel sich um einvernehmliche Affären, ihr Mann sei kein Vergewaltiger. Sie wusste immer davon. Sie hatten die Ehe einvernehmlich geöffnet, auch wenn John wesentlich öfter von dieser Öffnung Gebrauch machte als sie. Die Verschiebung des Fokus. Plötzlich aber dreht sich die Stimmung auch gegen sie. Ihre Studentinnen beginnen sie zu fragen, wie sie mit einem sexuell übergriffigen Mann zusammen sein können. Sie drängen sie förmlich dazu ihn zu verlassen. Immer wieder diese eine Frage: »Wann verlassen sie ihn endlich«? Ja, wann eigentlich? Und warum tat sie es bisher nicht. Sie ist eine finanziell und emotional unabhängige Frau, angesehene Dozentin. Liebt sie ihn überhaupt noch? Oder ist das Zusammensein ein Ergebnis jahrelanger Routine, die man nicht so einfach aufgeben möchte, weil sie doch einen gewissen Komfort bietet? Der Neue. Und nun kommt er ins Spiel: Vladimir Vladinski. Wie sie auch Autor eines Buches, wird er neuer Dozent an ihrer Universität. Sie verstehen sich auf Anhieb und er bittet sie, sein Buch zu lesen und eine möglichst kritische Rezension zu verfassen. Er halte viel von ihr, deswegen läge ihm eine ausführliche Rückmeldung ihrerseits sehr am Herzen. Sie sagt zu, nimmt das Buch zu Hand und kann es kaum noch beiseite legen. Der Schreibstil, der Inhalt, die Komposition des Gesamten. Sie ist sich sicher: Das Buch wird ein Erfolg. Vladimir ist zwar verheiratet, doch irgendwas an ihm zieht sie dennoch an. Sie bekommt immer häufiger ein Kribbeln wenn sie an ihn denkt. Er wird zu ihrem heimlichen Objekt der Begierde. Während sich John vor Gericht wegen seiner Liebschaften verantworten muss, beginnt sie eine mit Vladimir. Zumindest in ihrem Kopf. Er wird es erst später bemerken, wird erst spät wissen, in welcher Lage er sich nun befindet. Was es ist und worum es geht. »Vladimir« ist eine Geschichte über die eigene Befreiung, über das Abrechnen mit Tabus. Es ist ein Buch über den Kampf einer Frau, die, obwohl ihr Leben erfüllt zu sein scheint, plötzlich eine Leere spürt, die nur einer füllen kann: Vladimir. Zwischen Liebschaften, dem Zerbrechen einer Ehe, dem Kampf gegen die von ihren Studentinnen attestierte Mitschuld am Verhalten ihres Mannes und der Sehnsucht nach mehr, schwebt die Protagonistin umher und versucht zu retten, was zu retten ist und den Rest untergehen zu lassen. Sie lässt sich halbherzig vom Verfahren gegen ihren Mann berichten, denn so richtig interessiert es sie im Moment nicht. Sie denkt nur an einen. Wie unabhängig kann man von seinem Partner oder seiner Partnerin wirklich sein? Ist man mitschuldig, wenn man nicht eingeschritten ist? Trägt man selbst eine Schuld, wenn man weggesehen hat? Und wenn ja, welche Art von Schuld? Julia May Jonas schickt ihre Protagonistin in den Kampf um Schuld und Unschuld, um das Bewahren des eigenen Lebens, der eigenen Stellung. Ein Roman, der aktuelle universitäre Diskussionen aufgreift, der den gleichen Nerv zu treffen scheint, den schon die #metoo-Bewegung zu erreichen schaffte. Sie erschuf einen Raum, in dem Schuld und Unschuld verschwimmen, in dem die eigene Position längst nicht mehr so klar ist wie sie einst war. Ästhetik, Sprache und was noch fehlt. Sprachlich gehoben, führt die Autorin doch erstaunlich gut durch die Erzählung. Sie nimmt sich Zeit und Raum um wichtige Aspekte zu behandeln, lässt aber nichts wegfallen. Sie beweist viel Feingefühl beim Schreiben, schreibt die Charaktere mit der nötigen Ernsthaftigkeit und einer passenden Gefühlswelt. Es gelingt, die Charaktere während des Romans mental wachsen zu lassen, die Probleme aufzugreifen, ohne sie wirklich final zu lösen. Sie lässt offen, was offen bleiben muss und schließt ab, was abgeschlossen werden muss. Neben dem inhaltlichen fällt auch die Ästhetik des Covers direkt in das Auge. Ein Bild eines Mannes, gehüllt in Lila und Schwarz. Schlicht und doch zu Interpretationen einladend. Ein Coverbild passend zum Buch. Thematisch aktuell und sprachlich gut geschrieben. Das Buch lässt einem auch Tage nach Beenden nicht los. Die Gedanken überschlagen sich und die Frage nach Schuld und Unschuld werden wohl auch eine ganze Weile lang nicht beantwortet werden können. Lest das Buch und macht euch selbst ein Bild, in allen Farben, die zur Verfügung stehen. Ein Bild, dessen Interpretation immer wieder unterschiedliche Ergebnisse erzielen wird. Darin liegt die gesamte Spannung des Werkes. Übersetzt wurde das Buch aus dem amerikanischen Englisch von Eva Bonné. Bei diesem Buch handelt es sich um ein vom Blessing Verlag in Kooperation mit dem Bloggerportal zur Verfügung gestelltes Rezensionsexemplar. Das Buch erschien im Februar 2022 im Blessing Verlag.

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Auch ich kam wegen begeisterter Rezensionen nicht drumherum, „Vladimir“ von Julia May Jonas zu lesen. Schon als das Buch in meinen Händen landete, war ich schwer begeistert. I mean, wie schön ist bitte diese Haptik? Vom Cover ganz zu schweigen! Doch wer ist eigentlich Vladimir? Vladimir Vladinski, das ist ihr Kollege. Erfolgreicher Romanautor, vielversprechender Nachwuchswissenschaftler der Literaturwissenschaft. Jung und makellos. Denn im Gegensatz zu ihrem Mann John, der aufgrund von Affären mit Studentinnen seine Entlassung am Lehrstuhl und noch mehr seinen endgültigen Karrieretod fürchten muss, scheint Vladimir eine reine Weste zu haben. Auch, wenn sie und ihr Mann schon lange eine offene und stabile Ehe miteinander führen, gerät die Protagonistin selbst immer mehr unter Druck, dem Skandal um ihren Mann nachgeben zu müssen. Wie gut, dass sie also auf Vladimir trifft und sich ihrer Obsession für den zwanzig Jahre jüngeren Mann hingeben kann. Bis irgendwann alles aus den Fugen gerät, in diesem Sommerhaus… “Vladimir” ist für mich ein toller und fesselnder Unterhaltungsroman, dessen Kontext um #metoo im wissenschaftlichen Betrieb einen zeitgeistlichen Nerv trifft. Besonders gefallen hat mir die Erzähltechnik, die ungefilterte Innenansicht der Protagonistin, die mir anfangs wahnsinnig unsympathisch war (was auf mich irgendwie einen besonderen Reiz ausgeübt hat), mich in ihrer Skurrilität und ihren Widersprüchlichkeiten aber absolut abholen konnte. Ich mochte es, wie ungeschönt ihre Gedanken widergespiegelt werden, die so schonungslos über sich, aber auch alle anderen urteilen. Das letzte Drittel des Buches war schon sehr bizarr und hat mich sehr überrascht (ob positiv oder negativ, kann ich nicht so genau sagen). “Vladimir” ist ein kurzweiliger, interessanter Pageturner, den ich wirklich gerne gelesen habe.

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Dieses Buch zu lesen, war ein Erlebnis. Es war wild, absurd und ab einem Punkt ziemlich fesselnd. Aber beginnen wir am Anfang: Die Protagonistin des Romans – Literaturprofessorin an einem amerikanischen College – wird mit den Vorwürfen konfrontiert, ihr Mann habe mehrere sexuelle Beziehungen zu seinen Studentinnen gehabt. Für die namenlose (wenn ich mich recht erinnere) Protagonistin keine besondere Neuigkeit. Die Vereinbarung einer offenen Ehe schlug sie selbst ihrem Mann vor einigen Jahren vor. Doch mit den aktuellen Konfrontationen gerät nicht nur ihre Beziehung zueinander ins Wanken. Vielmehr steigert sich die Protagonistin in eine Obsession für ihren zwanzig Jahre jüngeren Kollegen: Vladimir Vladinski. Mit dieser Obsession nimmt das Buch und all seine Dramen ihren Lauf. Was zunächst spannend und vielseitig klingt – ich liebe alle Beschreibungen ihres Berufsalltags; lassen sie mich doch an mein eigenes Germanistikstudium zurückdenken, hat allerdings einige Schwächen: Anfangs hatte ich schlicht Probleme mit der Protagonistin. Mit dem ständigen Nörgeln über ihren unglaublich alten und faltigen Körper verfällt die Protagonistin immer wieder in die gängigen Schönheitsideale (bin mittlerweile doch recht schnell genervt, wenn immer wieder feste Strukturen aufgegriffen werden, statt neue Wege einzuschlagen). Im Laufe des Romans scheint allerdings eine Entwicklung stattzufinden, denn die Protagonistin bemerkt, dass sie in altbekannten Strukturen gefangen ist und dass sie, obwohl sie ihre Tochter davor versucht hat zu bewahren, nicht wirklich daraus ausbrechen kann. Sie braucht die Bestätigung von anderen Personen – besonders die Bestätigung von Vladimir, der, so scheint es, selbst stetig auf der Suche nach Aufmerksamkeit und Betätigung ist. Plätschert also die ersten 2/3 der Handlung recht unspektakulär dahin, spricht die gesamte Handlung im letzten Drittel aus. Auf einmal passiert – auf verschiedenen Handlungssträngen – so viel, dass man beim Beenden des Buches erst einmal pausieren muss, um zu verstehen, was da grade wirklich passiert ist. Den Teil mochte ich wirklich gerne, auch wenn es von allem zu viel und auf eine gewisse Weise trashig wirkte. Auch wenn manche Entwicklungen im Verlauf des Romans angedeutet wurden, konnte mich Julia May Jonas doch noch überraschen.

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Genau für solche Fälle sind Buchempfehlungen aus der „Leserszene“ sooo wertvoll! Vladimir hat mich weder vom Titel noch vom Cover angesprochen (es gibt ein englisches Cover, dass mir viel mehr zusagt auf dem eine Frau ihren Kopf an der Wand lehnt, alles in rot) und daher war es erst einmal „raus“. Und dann häuften sich die guten Kommentare und die Leseempfehlungen und was soll ich sagen: Jetzt bin auch ich überzeugt. Es geht um eine Frau, sie bleibt namenlos, Literaturprofessorin an einem US-amerikanischen Collage an der Ostküste, klein aber fein. Ihre Studenschaft respektiert sie durch ihre guten Vorträge. Sie hat ein Ansehen und genießt ihr Leben und dazu gehört eben auch eine offene Beziehung, die sie mit ihrem Ehemann führt, der auch an dieser Collage unterrichtet. Sie leben WG-artig miteinander und sind unabhängig. Nun, bis zu dem Moment wo ihr Mann John eine Anklage und Suspendierung fürchten muss, da Ex-Studentinnen die Affären mit ihm hatten ein Verfahren einleiten. Das progressive Lebensmodell der beiden gerät ins Wanken und besonders ihre Unabhängigkeit, denn nun wird sie gebeten sich beurlauben zu lassen, die Tochter fordert eine Scheidung. Die Welt und der Blick auf sie verändert sich, weil er eine Anklage fürchtet. Und nun kommt auch noch dieser Vladimir Vladinski an das besagte Collage. Ein 20 Jahre jüngerer Romancier für den sie eine Schwäche entwickelt. Nicht nur eine Schwäche, sie hat eine Obsession. Das Ganze geht natürlich nicht Sang und klanglos zu Ende. Teilweise skurril, aber unterhaltsam alle Male. Ein Ende mit dem ich nicht gerechnet habe! Mir hat der Roman so außerordentlich gut gefallen, weil er gesellschaftspolitische Spielfelder aufmacht und zugleich das Innenleben einer einzelnen Person seziert. Julia May Jonas schreibt uns hier eine sehr kluge und emanzipierte Frau auf die Seiten. Übrigens auch hervorragend übersetzt aus dem Englischen von der guten Eva Bonné. Dies ist Julia May Jonas Debüt und ich war wirklich sehr angetan von ihren Formulierungen von ihrer Art des Schreibens. Fazit: Cover vergessen und einfach lesen!

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MEINUNG: Vladimir ist sicherlich momentan nicht der beliebteste Name, aber mich hat einfach das Cover angesprochen und die Art der Geschichte. Es klang einfach verheißungsvoll, weil ich hie eine Liebesgeschichte voller Geheimnisse und verbotener Obsessionen erwartet habe. Die namenlose Protagonistin ist 50 Jahre alt und Literaturprofessorin an einem kleineren College an der amerikanischen Ostküste. Ihr Mann, John, ist ebenfalls dort Professor. Sie haben eine erwachsene Tochter. Beide führen eine offene Beziehung. Es kommt zu einem Verfahren gegen John, der von einer Studentin angestrebt wird, mit der John eine Affäre hatte. Seine Suspendierung steht im Raum. Gleichzeitig gibt es einen jüngeren Juniorprofessor, Vladimir, für den die Protagonistin anfängt zu obsessiv schwärmen. Ich muss sagen, dass hier irgendwie sofort eine Art Lolita Geschichte gewittert habe, aber ganz so extrem ist es hier nicht. Beide Protagonisten sind erwachsen. Die Obsession für Vladimir konnte ich auch nicht so richtig nachvollziehen, denn für mein Empfinden kam sie sehr schnell und unerwartet, aber möglicherweise passiert so etwas genau so. Allerdings kann hier wirklich von einer Obsession sprechen, denn gegen Ende laufen ein paar Dinge aus dem Ruder. Das passiert allerdings erst im letzten Drittel. Offensichtlich fehlt Protagonistin auch die sexuelle Begierde, die sie für ihren Mann nicht mehr wirklich empfindet. Sie leben beide mehr oder weniger nebeneinander her. Sie haben getrennte Schlafzimmer. Jeder kann machen, was er möchte. Man fragt sich, warum sich beide nicht scheiden lassen, aber es liegt wohl an die üblichen wirtschaftlichen Dingen. Der Skandal, der sich um Johns Affären entwickelt, wird auch für die Protagonistin schwierig. Zunächst denkt sie, dass sie dort außen vor gelassen werden kann, denn in ihrer Beziehung ist alles abgesprochen. Das äußere Umfeld, besonders die jungen weiblichen Studentinnen reagieren darauf empfindlich, denn in dem sie sich raushält, wirkt es so als würde sie Johns Verhalten akzeptieren. Die Protagonistin sieht sich selbst als unabhängig, mit eigener Meinung und für eine freie Beziehung. Die Wertevorstellungen geraten ins Wanken mit den Anschuldigungen gegen John, der sich immerhin zu den Studentinnen auch in einem Verhältnis zu einer Schutzbefohlenen befindet, auch wenn die Studentinnen volljährig sind. Anfangs nimmt man auch an die Ehe der beiden lege komplett am Boden, aber sie wird im Laufe der Geschichte auch nochmal hinterfragt, ob es mit den beiden wirklich schon das Ende ist. FAZIT: Vladimir war am Ende nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt habe. Es auch weniger ein durch und durch erotischer Roman, sondern vielmehr ein gesellschaftlicher Roman, der viele Themen beinhaltet, wie auch das Älter werden und es war für mich auch die Geschichte einer Ehe.

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9 Stunden, 8 Minuten, 8 CDs. Ungekürzte Lesung. Wenn ich mich schwer aufs Lesen konzentrieren kann, klappt meistens das Hörbuchhören. Ausschlaggebend mich auf dieses Hörbuch einzulassen war tatsächlich, dass dieser Roman von der grandiosen Schauspielerin Martina Gedeck interpretiert wird. Von der Autorin Julia May Jonas hatte ich noch nie gehört. Die US-amerikanische Autorin, die Dramatikerin ist und in New York lebt, schrieb mit „Vladimir“ ihren ersten Roman. Es geht um eine namenlose Literaturprofessorin Ende 50, deren Ehemann John, ebenfalls Professor, an seiner Universität in Verruf gerät bezüglich seiner sexuellen Beziehungen mit seinen Studentinnen. Er wird während der Untersuchung der Geschehnisse von der Uni suspendiert. Sie selbst versucht sich zu verorten, sie weiß nicht genau, wie sie sich dazu verhalten soll. Da die beiden schon immer eine offene Beziehung führten, will sie John nicht verurteilen. Denn auch sie hatte mehrere Affären im Laufe ihrer Beziehung. Gleichzeitig kommen von außen Stimmen, die ihr raten, sich zu trennen, die ihr passives Verhalten dazu nicht akzeptieren wollen, wie etwa einige ihrer Studentinnen und auch ihre Tochter. Gerade hier und immer wieder geht es um das Thema Älter werden und darum, dass traurigerweise ältere Frauen oft gar nicht mehr gesehen werden und häufig von der gesellschaftlichen Bühne verschwinden. Im Fokus steht zeitweise auch die Tochter des Paars, Sidney. Sie ist Anwältin und ihre Freundin hat sich gerade von ihr getrennt hat. Sidney wohnt eine Zeit lang wieder zu Hause, meidet aber ihren Vater und wundert sich ihrer Mutter gegenüber, dass sie sich nicht von John trennen will. Auch am Campus spitzt sich die Lage einige Wochen vor der gerichtlichen Anhörung Johns zu. Kollegen führen ein Gespräch mit der Protagonistin, in dem sie ihr nahelegen, sie möge ihre Tätigkeit niederlegen. Sie sprechen für Studentinnen, die sich durch sie getriggert fühlen. „Mit Trumps Präsidentschaft war die Illusion einer Welt, die man ihnen vom Fahrersitz des Mini-Vans aus gepredigt hatte, die Illusion alles würde sich stetig verbessern, und der lange Bogen der Geschichte sich in Richtung Gerechtigkeit krümmen auf den Kopf gestellt oder so ähnlich. Ich schüttelte meine hochtrabenden Gedanken ab, ich verstand die jungen Leute nicht und hatte keine Ahnung von ihrer Lebenswirklichkeit. Dass ich sie mochte, rechnete ich mir selbst hoch an. Auf Dinnerpartys verteidigte ich sie: „Die Kids sind in Ordnung“. Ich mochte ihren Aktionismus, ihre strenge Moral, ihr Gebrüll.“ Außerdem geht es um die Begegnung mit Vladimir, dem attraktiven 40jährigen Junior-Professor ihres Fachbereichs. Beide haben Romane geschrieben und über diese Gemeinsamkeit kommen sie sich näher. Während die Heldin durch die kurzen Begegnungen, durch sein Buch und nicht zuletzt durch ihre Fantasien und Tagträume angeregt wird, endlich wieder zu schreiben, hat Vladimir mit seiner Arbeit, mit seiner labilen Frau und der kleinen Tochter zu tun. Nach langer Zeit findet sich ein Termin für ein längeres Gespräch – die Heldin hat mehr im Sinn – ausgerechnet genau an dem Tag, an dem auch die Anhörung zu den Vorwürfen gegen John stattfindet. Ab hier läuft manches aus dem Ruder und wirkt geradezu grotesk. Im Ferienhaus, in das sie Vlad einlädt, entwickeln sich die Geschehnisse nämlich ganz anders als geplant und führen zu einem Ende, dass dann doch etwas unglaubwürdig, zumindest aber übertrieben anmutet. Mir war die Sprache des Romans zeitweise zu pathetisch, manchmal bis ans Kitschige grenzend, gerade auch, wenn es um Sex geht. Hier passt die Freizügigkeit der Erzählweise nicht immer stimmig zum sprachlichen Gerüst. Glücklicherweise konnte Martina Gedeck das Manko durch ihre Stimme und glaubwürdige Interpretation dann wieder ausgleichen, zumal es auch um eine Frau ihres Alters geht, was sie womöglich auch bewegt hat, dem Roman ihre Stimme zu verleihen. Außerdem kommen mir dann manche Aussagen, wie die folgenden, schon merkwürdig vor, wenn sich das Buch um Feminismus und Gleichberechtigung dreht. Es geht sehr viel um Äußerlichkeiten: wie man als Frau auf einen Mann wirkt, was man alles tun muss, um einem Mann zu gefallen, wie man einen Mann anhimmelt. Das hört sich für mich, gerade wenn es ins Klischeehafte rutscht, schon eher wenig nach weiblichem Selbstbewusstsein oder Unabhängigkeit an … „Ich schenkte Vladimir doppelt so viel (Wein) ein wie mir, was er, weil er ein Mann war nicht bemerkte.“ oder „Der Kellner trat an unseren Tisch und erkundigte sich nach unseren Dessertwünschen. Vlad wollte einen Cappuccino. Aber auf die Gefahr hin zu dominant zu erscheinen bestellte ich die Rechnung.“ Gut gefallen hat mir der Bezug zur und die Gespräche über Literatur, im Text teilweise mit konkreten Autoren und Buchtiteln verknüpft und die Handlung, die auch die Verhältnisse und Gepflogenheiten an einer modernen amerikanischen Universität spiegeln, der Campus als Schauplatz. Und die Veränderungen, die sich im Laufe der Jahre etablieren. Wir erleben, wie die frühere Feministinnen-Generation der 60/70er Jahre der neuen jungen, vollkommen anders denkenden gegenübersteht. In diesem Zusammenhang denkt die Heldin auch über die Kunst, den Kunstbegriff nach: „Die Wahrheit lag außerhalb der moralischen Grenzen. Die Kunst wollte zu ihren eigenen Bedingungen angenommen oder abgelehnt werden. Die Kunst war nicht der Künstler. Waren das einfach nur Plattitüden, die ich unhinterfragt übernommen hatte? In letzter Zeit beschlichen mich immer öfter Zweifel. Sollten wir nur die Welt abbilden, in der wir leben wollten? Sollten wir gewissen Geschichten den Stempel „schädlich“ aufdrücken und das Publikum vor ihnen schützen? Trauten wir den Lesern nicht mehr zu, eine Geschichte zu lesen, ohne ihre Botschaft zu verinnerlichen?" Dass ich über 9 Stunden am Ball blieb bei diesem Hörbuch, spricht für seine Qualität.

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MEINE MEINUNG: Unsere Protagonistin ist eine gebildete, verheiratete Literaturprofessorin, Ende 50, die – ihrer Meinung nach – ihre besten Jahre schon hinter sich hat. Ihr Mann John, der an der selben Universität arbeitet, hat nach zahlreichen Affären mit jungen Studentinnen eine Anzeige am Hals. Die namenlose Protagonistin und John leben in einer offenen Ehe, weshalb sie von seinen Affären wusste und das auch alles nicht so streng sieht, wie ihre Kolleg*innen, die Studierenden oder auch ihre gemeinsame Tochter Sid. Während ihr Mann von allen Seiten befeuert wird, scheint es, als würde sie sich am liebsten von allem fernhalten wollen. Stattdessen entwickelt sie eine Obsession für Vladimir, ihrem neuen Kollegen – ein verheirateter Familienvater Ende 40 und außerdem ein brillanter Autor. Zunächst einmal ein kleiner Kritikpunkt – ich habe mir nach dem Lesen des Klappentexts etwas ganz anderes vorgestellt, als ich hier zu lesen bekommen habe. Es dauert zunächst einmal über 200 Seiten (und damit über die Hälfte des ganzen Buchs), bis es überhaupt zu einem erneuten Treffen zwischen Vladimir und der Protagonistin kommt, nachdem sie sich zu Beginn des Buches kennenlernen. Dazwischen erfahren wir die Gedanken der Protagonistin, ihre Gefühle und viel aus ihrer eigenen Vergangenheit. Sie geht mit sich selbst in Diskussion und reflektiert, was sie fühlt , was sie erlebt, ihre Ehe mit John und ihr nicht zu erklärendes Verlangen nach dem neuen Kollegen. Dieser Teil war zwar einerseits interessant, andererseits an manchen Stellen aber auch etwas zäh. Die Autorin thematisiert in ihrem Werk wichtige, gesellschaftskritische Fragen – die Protagonistin gerät beispielsweise in die Kritik, da sie ihren Mann allem Anschein nach, trotz der Vorwürfe, nicht verlassen wird. Sie verhält sich nicht „angemessen“. Zurecht stellt sie sich selbst die Frage, was denn überhaupt „angemessen“ wäre. Scheinbar ist das Modell der offenen Ehe allgemein weniger akzeptiert, was sie selbst verwundert. Die Protagonistin und auch die restlichen Personen waren nicht sonderlich sympathisch, was aber gar nicht unbedingt negativ war. Es ging hier nicht darum, sympathische Charaktere zu erschaffen, sondern wichtige Themen anzusprechen und zu diskutieren. Trotz ihrer Art, sich selbst in jedem zweiten Gedankenganz niederzumachen und zu kritisieren, fand ich die Protagonistin eigentlich doch cool, mit ihren unverblümten Gedanken, ihrer Fehlbarkeit und ihrer Liebe zu Literatur. Von Vladimir bekommt man tatsächlich nicht allzu viel mit. Erst das letzte Drittel nimmt so richtig an Fahrt auf und hier wird es auch skurril. Irgendwie driftet es doch sehr ins Absurde, wird unglaubwürdig und ich kann verstehen, dass einige andere Leser*innen zu dieser Stelle Kritik äußern. Trotzdem fand ich es aus genau diesem Grund doch wieder unterhaltsam und habe mich gefreut, dass noch ein klein wenig Schwung in die Geschichte kam. Was auch nicht unerwähnt bleiben darf, ist der Schreibstil der Autorin – alle Achtung, denn sprachlich habe ich hier wirklich etwas Besonderes zu lesen bekommen. Irgendwo zwischen akademischer Fachsprache und vulgärem Schimpfen ist es der Autorin gelungen, der namenlosen Protagonistin ihre ganz eigene Stimme zu verleihen. Ganz großer Pluspunkt! FAZIT: Mit „Vladimir“ von Julia May Jonas habe ich ohne Zweifel etwas ganz Besonderes gelesen, was nicht zuletzt an ihrer einzigartigen und klugen Sprache lag. Die Gedanken der Protagonistin waren interessant zu verfolgen und auch das absurde Ende hat es mir irgendwie angetan. Trotzdem war es mir in der Mitte an einigen Stellen zu zäh, zu langatmig, weshalb ich das Buch zwar empfehle, es aber trotzdem kein Highlight für mich war.

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