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Rezensionen zu
Über Menschen

Juli Zeh

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Über Menschen in besonderen Lebenssituationen

Von: SterneüberSterne

15.04.2021

Dora zieht aufs Land. In ein winziges Dorf in Brandenburg. Und zwar jetzt, zu Corona-Zeiten. Sie hat genug von der Pandemie, von ihrem Freund, der immer mehr abdreht im Kampf gegen Klimawandel und Corona, vor der Hektik um sie herum. Dieser Roman bietet Gelegenheit Einblicke zu gewinnen wie es ist, wenn man seine Komfortzone verlässt. Wie es ist, wenn man zum ersten Mal seit langem improvisieren muss und sich Situationen gegenübersieht, die man in der Theorie ganz leicht beantwortet hätte. Ganz nebenbei erfahren die Leser, wie Doras Leben bisher verlaufen ist. Alles wird von Juli Zeh in einer wundervoll (erfindungs-) reichen Sprache beschrieben, keine Spur sentimental oder wehleidig, denn die Dinge sind wie sie sind. Man muss nur entscheiden, wie man damit umgeht. Die Pandemie spielt nicht die Hauptrolle, sie läuft mehr neben der eigentlichen Handlung her. Sollten wir in Jahren vergessen haben, was uns 2020 umgetrieben hat, hier kann man nochmal die Eckpunkte nachlesen. Ein wundervolles Buch für Leser, die sich an wortreicher Sprache erfreuen, es schadet auch nichts, bereit zu sein, sich über andere Lebenskonzepte Gedanken zu machen und immer wieder überrascht zu werden, wie es in Doras Leben zugeht.

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(K-) eine heile Welt?

Von: Stefanie Reich

15.04.2021

Dieses Buch war mein erstes Buch, das ich von Juli Zeh gelesen habe. Es beginnt mit der Beschreibung der Gartenarbeit der 36-jährigen Hauptfigur Dora und ihren Gedanken in der Einsamkeit ihres neu gekauften alten Hauses im fiktiven Ort Bracken in Brandenburg. Die ersten Seiten musste ich mich an ihre Sprache, Gedankensprünge und Rückblenden gewöhnen und manche Sätze auch zweimal lesen. Aber dann ist es ein Genuss, weil in einem Satz so viel verpackt ist und ich oft dachte: „Ja, genau so ist es.“ Ihre aktuellen Beschreibungen der Corona-Zeit, machen das Buch zu einem Zeitdokument und ich musste öfters daran denken, dass in mehreren Jahrzehnten hoffentlich die Leser denken: „Das kann doch nicht wirklich so gewesen sein!?“ Letztlich geht es in diesem Buch um verschiedene Lebensentwürfe, verschiedene Gesinnungen und trotzdem auch um Zusammenhalt; vor allem anfangs erzählt Juli Zeh viel in Rückblenden aus dem Leben von Dora und wie es zu ihrem Umzug kam. Oft musste ich Lachen und genauso oft blieb mir das Lachen dann doch im Hals stecken, zum Beispiel beim ersten Zusammentreffen mit ihrem Nachbarn Gote („Angenehm. Ich bin hier der Dorfnazi.“) Mit Gote entwickelt sich eine Freundschaft trotz der inneren und äußeren Widersprüche. Im Laufe der Geschichte bekommt Dora ihre Kündigung und ihr Leben in Bracken wird somit nicht vorläufig, sondern es ist ihre einzige Alternative. Aus ihrer Berliner Blase herausgetreten kämpft Dora mit der Realität, die eben nicht nur schwarz oder weiß ist. Doras Gedankenspiele sind mal lustig, mal nicht politisch korrekt und der Leser muss sich fragen, wo stehe ich? Manche Beschreibungen sind schwer auszuhalten, z.B. das Nazitreffen im Nachbargarten und ich habe das Unbehagen und die Wut von Dora gespürt. Und letztlich bringt es ein Freund von Dora auf den Punkt: „Es geht nicht darum, Widersprüche aufzulösen, sondern sie auszuhalten.“ Genau das ist die Schwierigkeit und meistens neigt man dazu vor solchen Situationen wegzulaufen oder sie zu ignorieren, damit das eigene Weltbild nicht ins Wanken gerät. Im Laufe der Geschichte vertieft sich die Freundschaft mit Gote und ich habe mich gefragt, wie die Geschichte zwischen den beiden endet. Wie dann die Geschichte weitergeht und an Dramatik gewinnt, möchte ich nicht verraten, aber letztlich ist es eine logische Fortführung der Geschichte. Leider! Ich musste ein paar Tränen verdrücken. Als ich die letzte Seite gelesen hatte, konnte ich das Buch nicht gleich aus der Hand legen und in meinen Alltag zurückkehren. In meinem Kopf war noch so viel in Aufruhr. Fazit: Ich habe für dieses Buch eine kurze Eingewöhnungsphase mit mehreren kurzen Lesezeiten gebraucht, dann es aber auf einen Rutsch fertig gelesen. Es ist keine Heile-Welt-Geschichte, sondern eine Reale-Welt-Geschichte und man kommt nicht umhin, sich selbst Gedanken über die eigene Weltsicht und persönlich gefühlte Wirklichkeit zu machen.

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Endlich ein Buch, das sich traut, auch Corona zu thematisieren

Buchhandlung Katrin Berger eK

Von: Katrin Berger aus Forst

15.04.2021

Wieder ist Juli Zeh ein sehr lesenswertes, authentisches Buch gelungen, endlich eines, daß Corona nicht in der Vergangenheitsform kurz streift, sondern sehr konkret die Zerissenheit und Unsicherheit eines großen Teiles der Bevölkerung aufgreift. Nicht weniger nachvollziehbar widmet sie sich dem Thema Rechtsradikalismus und wirft durchaus die Frage auf, was Menschen zu Rechtspopulismus und AfD treibt. Ich hätte mir allerdings am Ende gewünscht, daß Dora die Entscheidung nicht so einfach gemacht würde.

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2020 - Dora beschließt ihren persönlichen Lockdown und flieht zusammen mit ihrer Hündin Jochen der Rochen aus Berlin hinaus aufs Land. Doch statt ruhiger Landidylle zieht es sie in ihr neu erworbenes Domizil mitten im Nichts nach Bracken in Brandenburg. Sie hofft auf Abstand und Ruhe nach der Enge einer komplizierter werdenden Beziehung, die immer stärker von Klima- und Pandemieaktivismus durchdrungen wird. Doras innere Zerrissenheit will trotz allem nicht zur Ruhe kommen. Erst als die Dorfbewohner mehr Raum in ihrem Leben einnehmen und ihre vorgefertigten Schubladenraster nicht mehr passen wollen, kann sie sich ihren Ängsten stellen und gewinnt eine neue Sicht auf sich und die Menschen. Juli Zeh gibt mit Covid 19 nur den Zeitrahmen vor, nicht die Handlung. Es geht um unsere Gegenwart, den Umgang miteinander, das Vergessen von kleinen wunderbaren Dingen, Ängsten und deren Bewältigung und um Stärke im richtigen Moment zu handeln. Bracken, ein fiktiver Ort in Brandenburg, ist so beschrieben, wie man sich als Außenstehender ein ostdeutsches Dorf mit schwacher Infrastruktur, Arbeitslosigkeit und desillusionierten, wortkargen Menschen vorstellt. Hier möchte man nicht tot über den Zaun hängen. Aber genau an diesen Ort zieht es die 36-jährige Werbetexterin Dora. Nur weg aus Berlin und aus der Beziehung. Sie stört sich weder an dem maroden Zustand ihrer erworbenen Immobilie, noch an fehlenden Möbeln. Plan- und ahnungslos widmet sie sich ihrem Garten in der Hoffnung, einmal Freunde einladen zu können, sie sie gar nicht besitzt. "Inzwischen kennt sie eine Menge Formen von Unruhe, Furcht und Aufregung. Sie hat die verschiedenen Zustände beobachtet, analysiert und katalogisiert. Sie ist eine Archivarin der Nervositäten." Wer Dinge gerne nach Schwarz und Weiß sortiert, sollte sich auf ein Leseabenteuer gefasst machen. Juli Zeh ist es glaubhaft gelungen, einem "Dorf-Nazi", wie sich Doras Nachbar Gote selbst vorstellt, ein fast schon liebenswertes Profil zu verpassen. Der anfänglich grobe Nachbar, der sich hinter einer Mauer von Doras Grundstück abgrenzt, zeigt mehr und mehr raue, liebenswürdige Facetten. Heimlich wandern Möbel von ihm in Doras Haus, er organisiert einen weiteren Nachbarn, um dem Unkraut den Garaus zu machen. Aber gleichzeitig lernt man seine Vergangenheit kennen: eine Messerattacke, Nazigesänge und offen gezeigte Fremdenfeindlichkeit. Doras anfängliche Abneigung Gote gegenüber bröckelt, weiß sie doch die guten Seiten zu schätzen. Fragen und Ängste türmen sich dennoch in Dora auf. Darf man einfach wegschauen? Sollte man etwas unternehmen? "Das Gehirn gewöhnt sich an die Vorgaben der Angst, integriert sie ins Denken und verwischt die Spuren. Man leidet nicht unter der Angst, man praktiziert sie." Vorbei ist es mit der selbst gewählten Einsamkeit, denn das brandenburgische Dorfleben schwappt ungefragt in Doras Leben. Trotz aller Gesellschaftskritik fließt auch eine Welle Humor durch die Handlung. Nachbar Heini schreckt vor keinem zu platten Witz zurück und zwei schräge Unternehmer, die anfangs als Drogenanpflanzer verdächtigt werden, stellen sich als blumensträußchenbindende AfD'ler und Comedian heraus. Zu lange darf man sich aber nicht an den unterhaltsamen Stellen aufhalten. Denn wie so oft im Leben wendet sich das Blatt und die Angst gewinnt wieder die Oberhand. "Auf der Rückseite dieser Liebe wohnt die Angst, einander zu verlieren. Ebenso grenzenlos, ebenso abgrundtief. Das ist mehr, als ein Mensch ertragen kann." Mich hat dieser Roman überraschend in seinen Bann gezogen. Nicht nur die besonders gut herausgearbeiteten Charaktere, sondern auch die politische Grundstimmung dieser Zeit ist deutlich spürbar. Die Handlung regt an vielen Punkten zum Nachdenken und Hinterfragen an und macht deutlich: Es geht hier nicht um Rollen, Schubladen oder Kategorien. Am Ende sind wir alle nur Menschen.

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2020 in einem brandenburgischen Dorf

Von: TochterAlice

12.04.2021

Worauf das hinausläuft, das dürfte jedem, der dieses Jahr in Deutschland erlebt hat, klar sein: ein Leben mit Corona. Denn der Zeitpunkt des Geschehens ist von Beginn an völlig klar: Frühjahr und Sommer 2020, die ersten Monate der Covid19-Pandemie. Aber nicht nur: es ist auch ein Leben mit Andersdenkenden, - fühlenden und -kommunizierenden. Das wird Dora gleich bei ihrem Start ins neue Leben im kleinen Örtchen Bracken klar. Wer meint, dass dies ein mehr oder weniger müder Abklatsch von Zehs Gesellschaftsroman "Unterleuten" ist, ist schief gewickelt. Denn dort stand die Sozialstruktur des gesamten Dorfes Unterleuten im Fokus, es gab so gesehen keine Haupt- oder Nebenfiguren. Hier jedoch ist es komplett anders: die aus Berlin vor ihrem sich zunehmend zuerst im Greta-Thunberg-Klimaschutz-, dann im Corona-Regel-Einhalte-Nebel verlierenden Gatten aufs Dorf geflohene Dora ist ganz klar die Protagonistin No. 1 , aus deren Perspektive berichtet wird. Ihr Radius in Bracken selbst richtet sich auf die unmittelbare Nachbarschaft, quasi auf die Häuser nebenan, gegenüber und um die Ecken, die - so scheint es zunächst - samt und sonders von Männern bewohnt werden. Dora erkundet das Dorf gemeinsam mit ihrer Hündin Jochen dem Rochen und entdeckt zunehmend eine für sie fremde Welt. Nebenan wohnt Gottfried, genannt Gote, der sich Dora direkt als Dorfnazi vorstellt, über einen Schlüssel zu ihrem Haus - früher der Kindergarten des Dorfes - verfügt. Und - wie sich erst später herausstellt - über eine Tochter namens Franzi, die sich zeitweise bei ihm aufhält und offenbar sehr vernachlässigt wird. Dann gibt es noch Handwerker Heini und das Paar Tom und Steffen - auch an denen kommt Dora nicht vorbei. Von all diesen Menschen erfährt sie eine absolut selbstverständliche Hilfsbereitschaft, wie sie ihr bisher nie begegnet ist - nicht von ihrem Vater, dem berühmten Gehirnchirurgen aus Münster mit Zweitarbeitsplatz an cer Charité und erst recht nicht von ihrem Bruder Alex, in dessen "Weltbild Menschen dazu da sind, sich um ihn zu kümmern. Besonders Dora." (S.111) Denn das Dorf hat seine völlig eigenen Regeln, wie auch Dora schnell klar wird: "In Bracken ist man unter Leuten. Da kann man sich nicht so leicht über die Menschen erheben." (S.128) Wie selbstverständlich halten die Nachbarn Einzug in ihrer Welt: ein zur Verfügung gestelltes Fahrrad wird von Dora als Leihgabe, nicht als Geschenk verstanden, wodurch sie ihr Gegenüber zutieft beleidigt. Gote spendet jede Menge Möbel und Heini, den Dora flugs in R2D2 umtauft, kommt mit seinen gesamten Gerätschaften zum Anstreichen, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Dazu ein Hund und jede Menge Eichelhäher, die sowas wie Doras persönliche Begleiter sind. Dora ist irritiert, aber sowas von: Was tun, wenn die Grenzen von gut und böse, von anständig und verwerflich auf einmal verschwinden? Wenn es keinen Stempel mehr gibt, den man seinen Mitmenschen aufdrücken kann und dann für immer (oder zumindest für eine Weile) weiß, in welcher Schublade sie sich befinden? Und nicht nur die Menschen, auch die Tiere werden hier vollkommen neu definiert: "Später steht Franzi vor der Tür und fragt, ob Jochen (der Hund! d.R.) zum Spielen rauskommen darf." (S.203) Mit Gote erlebt Dora eine Vogelhochzeit der ganz besonderen Art - quasi ein Geschenk von ihm an sie. Ein Roman mit vielen, vielen Botschaften. Die wichtigste aus meiner Sicht: Schwarz und weiß gibt es einfach nicht. Da kannst Du solange drauf warten, bis Du schwarz wirst.

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Meine Meinung: Es geht in diesem wichtigen Buch *über Menschen* und um *Übermenschen*! Bracken , ein kleines Dorf im Osten unseres Landes ( Brandenburg ) und seine Bewohner geben den Ton an in dieser Geschichte. Nicht weit entfernt von der Hauptstadt Berlin , aber weit genug um dort eine heile Natur und anscheinend unproblematisches dörfliches Leben anzutreffen, trotz offensichtlich schwacher Infrastruktur mit hoher Arbeitslosigkeit und hoffnungslosen Menschen, die sich in ihrer privaten Welt von unserer Gesellschaft während der Corona Pandemie im Frühling 2020 abkapseln. So sieht es für Dora aus, ein typisches Grossstadtgirl unserer Zeit , gutverdienend mit einer gescheiterten Beziehung, die sich zum Albtraum entwickelt hat. Ihr wird alles zu viel in Berlin, ihre Beziehung, die Einschränkungen durch die Pandemie, die Hektik und Anonymität der Grossstadt. Sie sehnt sich nach Ruhe , kauft sich ein altes Haus in Bracken, welches zu DDR-Zeiten als Kindergarten gedient hat. Doch sie kommt nicht zur Ruhe, denn neben ihr wohnt der gewalttätige Dorf-Nazi Gote. Juli Zeh zieht den Leser mit dieser Geschichte in das fiktive *Bracken*, vielleicht sogar in der Nähe vom erdachten *Unter Leuten* in Brandenburg gelegen. Doch die Zeit und die Menschen haben sich verändert. Der unvergleichlich gute und klare Schreibstil der Autorin fasziniert auch in diesem Buch wieder sofort und hält den Leser *Am Puls der Zeit*. Dieses Buch zeigt einen aktuellen Spalt unserer Gesellschaft auf, die Unterschiede zwischen andersartigen politischen Meinungen und Lebensansichten - zwischen RECHTS - und LINKSLIBERAL - Stadtleben und dörflichen Beschaulichkeiten. Kann es menschlich sein Andersdenkende zu Jagen, zu Verfolgen, abzulehnen und gleichzeitig seinen nächsten lebenden Mitmenschen und Nachbarn ein hilfsbereiter, gutmütiger und liebenswerter Zeitgenosse zu sein? Und ist es möglich einen Kompromiss miteinander - statt gegeneinander zu finden? Diesen Fragen geht die Autorin mit ihrer Protagonistin Dora ausführlich in ihrem Buch hinterher und dem Leser stellen sich immer mehr Zweifel und Fragen durch diese Lektüre. Sogar unter Umständen neue Antworten zu finden auf die brennenden Themen unserer Gesellschaft. Meine Bewertung : Eine absolute Leseempfehlung mit Fünf ***** Sternen! Herzlichen Dank an die Autorin und den Verlag für die Zusendung des Leseexemplar!

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Nachbarschaftshilfe

Von: Monika Neuschwanger

12.04.2021

Endlich ein würdiger Nachfolger für Unterleuten. Im neuen Roman von Juli Zeh zieht es die junge Dora mit ihrem kleinen Hund in das brandenburgische Provinz. Die hat sie sich in Bracken ein Haus gekauft. Nicht ganz freiwillig, denn im ersten Lockdown erweist sich ihr Freund Robert als extremer Öko-Aktivist. Ihre Beziehung bröselt. Doch kaum hat sich Dora im neuen Heim niedergelassen, kommt der nächste Schock. Nachbar Gote erweist sich als Nazi. Dora kommen große Zweifel an einer guten Nachbarschaft. Da lernt sie Gote's Tochter Franzi kennen, die sie ins Herz schließt. Und Gote entpuppt sich zunehmend als hilfsbereit. Eine tolle Geschichte, die nachhallt.

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Challenge accepted, Frau Zeh. Denn wie eine Herausforderung hat es sich angefühlt, als ich das Buch zuklappte. Jede Seite genossen habend drängte sich mir folgende Frage auf: Darf ich das? Darf ich dieses Buch, das mir u.a. von einem Hortensien liebenden Nazi und einem Corona-Maßnahmen belächelnden Arzt erzählt, mögen? Nein, du solltest dich dem Narrativ "Nazis sind auch nur Menschen" nicht ergeben, drängt sich unmittelbar das linksideologisch geprägte Gewissen in den Vordergrund. Doch dann kommen Zweifel: Woher nimmst du eigentlich erstens die Gewissheit, es nur bei Gote mit einem "echten" Nazi zu tun zu haben? Muss die Ablehnung nicht ebenso den AfD-wählenden, aber sonst ganz sympathischen Nachbarn treffen? Ab wann sind genügend Punkte auf der Nazi-Checkliste erfüllt, um jemanden in seiner Gesamtheit als Mensch abzulehnen und nur noch als "Nazi" zu sehen? Und woher nimmst du zweitens eigentlich die arrogante Selbstverständlichkeit, jemandem das Menschsein überhaupt absprechen zu wollen? Ist es nicht letztlich das, womit Dora hadert und worum es insgesamt geht, diese Infragestellung der Berechtigung jeglicher, wie auch immer gearteter Übermenschisierung? Es sind u.a. solche Fragen, die meine wunderbaren Mitlesenden @spandau_oli und @frieda.frei und mich nach der kurzweiligen, gerade anfangs wirklich lustigen Lektüre noch beschäftigt haben. Zeh schafft es nicht nur, die Charakterzeichnung der Figuren treffsicher genau zu solch einem Maß auf die Spitze zu treiben, dass man gerade noch geneigt ist, inbrünstig zu bezeugen, solche Menschen aber wirklich zu kennen. Sie legt ihrem brandaktuellen und mit einer scharfen Beobachtungsgabe für die Absurdität von Alltäglichkeiten erzählten Roman auch tiefergehende gesellschaftliche Fragen zugrunde und mutet uns zu, Ambivalenz auszuhalten. Und das macht sie auf äußerst unterhaltsame Weise. Große Empfehlung!

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