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Rezension zu
Über Menschen

(K-) eine heile Welt?

Von: Stefanie Reich
15.04.2021

Dieses Buch war mein erstes Buch, das ich von Juli Zeh gelesen habe. Es beginnt mit der Beschreibung der Gartenarbeit der 36-jährigen Hauptfigur Dora und ihren Gedanken in der Einsamkeit ihres neu gekauften alten Hauses im fiktiven Ort Bracken in Brandenburg. Die ersten Seiten musste ich mich an ihre Sprache, Gedankensprünge und Rückblenden gewöhnen und manche Sätze auch zweimal lesen. Aber dann ist es ein Genuss, weil in einem Satz so viel verpackt ist und ich oft dachte: „Ja, genau so ist es.“ Ihre aktuellen Beschreibungen der Corona-Zeit, machen das Buch zu einem Zeitdokument und ich musste öfters daran denken, dass in mehreren Jahrzehnten hoffentlich die Leser denken: „Das kann doch nicht wirklich so gewesen sein!?“ Letztlich geht es in diesem Buch um verschiedene Lebensentwürfe, verschiedene Gesinnungen und trotzdem auch um Zusammenhalt; vor allem anfangs erzählt Juli Zeh viel in Rückblenden aus dem Leben von Dora und wie es zu ihrem Umzug kam. Oft musste ich Lachen und genauso oft blieb mir das Lachen dann doch im Hals stecken, zum Beispiel beim ersten Zusammentreffen mit ihrem Nachbarn Gote („Angenehm. Ich bin hier der Dorfnazi.“) Mit Gote entwickelt sich eine Freundschaft trotz der inneren und äußeren Widersprüche. Im Laufe der Geschichte bekommt Dora ihre Kündigung und ihr Leben in Bracken wird somit nicht vorläufig, sondern es ist ihre einzige Alternative. Aus ihrer Berliner Blase herausgetreten kämpft Dora mit der Realität, die eben nicht nur schwarz oder weiß ist. Doras Gedankenspiele sind mal lustig, mal nicht politisch korrekt und der Leser muss sich fragen, wo stehe ich? Manche Beschreibungen sind schwer auszuhalten, z.B. das Nazitreffen im Nachbargarten und ich habe das Unbehagen und die Wut von Dora gespürt. Und letztlich bringt es ein Freund von Dora auf den Punkt: „Es geht nicht darum, Widersprüche aufzulösen, sondern sie auszuhalten.“ Genau das ist die Schwierigkeit und meistens neigt man dazu vor solchen Situationen wegzulaufen oder sie zu ignorieren, damit das eigene Weltbild nicht ins Wanken gerät. Im Laufe der Geschichte vertieft sich die Freundschaft mit Gote und ich habe mich gefragt, wie die Geschichte zwischen den beiden endet. Wie dann die Geschichte weitergeht und an Dramatik gewinnt, möchte ich nicht verraten, aber letztlich ist es eine logische Fortführung der Geschichte. Leider! Ich musste ein paar Tränen verdrücken. Als ich die letzte Seite gelesen hatte, konnte ich das Buch nicht gleich aus der Hand legen und in meinen Alltag zurückkehren. In meinem Kopf war noch so viel in Aufruhr. Fazit: Ich habe für dieses Buch eine kurze Eingewöhnungsphase mit mehreren kurzen Lesezeiten gebraucht, dann es aber auf einen Rutsch fertig gelesen. Es ist keine Heile-Welt-Geschichte, sondern eine Reale-Welt-Geschichte und man kommt nicht umhin, sich selbst Gedanken über die eigene Weltsicht und persönlich gefühlte Wirklichkeit zu machen.

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