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Rezensionen zu
Wir bleiben noch

Daniel Wisser

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€ 22,00 [D] inkl. MwSt. | € 22,70 [A] | CHF 30,50* (* empf. VK-Preis)

"Wir bleiben noch" spielt in Österreich zu unserer Zeit. Der Protagonist Victor ist Ende Vierzig und sitzt fest: seine Ehe ist am Ende, aus dem Job ist er ausgestiegen, die Großmutter ist hochbetagt, die Mutter benötigt zunehmend seine Unterstützung und auch der Rest der politisch sehr interessierten Familie strengt irgendwie an. Einen Wendepunkt nimmt sein Leben, als seine Cousine zum 99. Geburtstag der Oma aus dem Ausland zurückkehrt. Das Buch von Daniel Wisser liest sich sehr leicht; ich habe die mehr als 400 Seiten in wenigen Tagen gelesen. Dies ist umso bemerkenswerter, da darin viele aktuelle Themen aufgegriffen werden: österreichische Politik, soziale Medien, Konsumkritik. Außerdem werden Fragen behandelt, die sicherlich vielen der Generation von Victor bekannt vorkommen dürften. Die Suche nach dem Sinn des Lebens, vergebliche Schwangerschaften, das Älterwerden, die Pflege der Eltern usw.. Gut gefallen hat mir der flüssige Schreibstil des Autors sowie der hintergründige Humor. Auch fand ich den Einblick in die österreichische Gesellschaft interessant und unterhaltsam. Die Protagonisten werden aus meiner Sicht gut skizziert, so dass man trotz der zahlreichen Familienmitglieder nicht den Überblick verliert. Einen Punkt Abzug gibt es dafür, dass ich trotzdem mit dem Protagonisten nicht so recht warm geworden bin und seine Gedanken und Handlungen nicht immer nachvollziehen konnte. Auch hat das Buch in der ein oder anderen Passage Längen, in denen nicht viel passiert. Verzichtbar war aus meiner Sicht zudem, dass Konversationen häufig im Chatformat erzählt werden. Trotz der leichten Erzählweise hat das Buch einen durchaus traurigen Unterton, der einen nachdenklich zurücklässt. Wen das nicht stört und wer darüber hinaus Familiengeschichten mag, wird dieses Buch sicher gefallen.

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Vom Aussterben bedroht

Von: amara5

26.03.2021

Der Kärntner Autor und Träger des Österreichischen Buchpreises Daniel Wisser schreibt einer aussterbenden Spezies ein lakonisches, literarisches Denkmal: In „Wir bleiben noch“ geht er humorvoll der Historie und Gegenwart der Sozialdemokratie nach – anhand eines Lebensabschnitts des gelungen überzeichneten Protagonisten Victor Jarno: Mitte 40, kinderlos, standhafter Sozialdemokrat und in einer Beziehung mit seiner Cousine. Mit letzterem webt Wisser auch wie in seinem letzten Werk ein gesellschaftliches No-Go ein und auf welche Intoleranz sowie Anfeindungen das Paar stößt. Victor ist frisch in Trennung von seiner Noch-Ehefrau, der Kinderwunsch blieb unerfüllt und die Zeichen der Zeit wie WhatsApp, SUVs, Handys, E-Bikes und Online-Konten nerven ihn genauso wie der politische Rechtsruck in der Gesellschaft und eigenen Familie. Begeisterung und Flucht aus der Realität findet er in historischen Geschichten der Vergangenheit und seiner alten Familiengeschichte. Als seine adrette Cousine Karoline auf einem Familienfest auftaucht, blitzt die alte Liebe wieder auf – sie werden ein Paar und ziehen in das Haus der verstorbenen Großmutter Urli in die ländliche Provinz Heiligenbrunn. Nicht nur Victor als Erbschaftsfolge entzürnt die Verwandschaft – die Liebesbeziehung zwischen Cousin und Cousine entfacht schieren Missmut, moralische Empörung und Kämpfe. Per Anwalt wird um das Haus gestritten, derweil denken Victor und Karoline sogar an Nachwuchs: die Sozialdemokraten dürfen nicht Aussterben wie das Breitmaulnashorn. Zu zweit vereinsamen sie zwar etwas in dem Haus, finden aber immer mehr Nähe als Paar und Freude an der Isolation – das ist wunderbar herausgearbeitet. Daniel Wisser hat einen sehr unterhaltsamen und hochaktuellen Roman mit politischem Zündstoff geschrieben – wie die eigene Familie entwickelt sich die österreichische Innen-Politik nicht nach Victors Vorstellungen. Die Beziehung der beiden ist auch ein romantischer Akt der Rebellion und mit sehr schlagfertigen, subtil humorvollen Dialogen gestaltet, die auch öfters als Emoji-starke WhatsApp-Chats dargestellt werden. Mit viel Wortwitz, trockenem Humor, historischen Rückblicken und Empathie legt Daniel Wisser mit seinem neuen Roman präzise der Gesellschaft den Finger auf die Wunde. Und die Schwere der Themen zwischen Generationenkonflikten, Familiendrama, Liebesgeschichte und aktuellem politischen Gegenwartsbefund wird präzise durch den geistreichen, feinfühligen Witz aufgefangen. Und schlussendlich mit einer klugen Persiflage auf den modernen Kommunikationsstil in neuen Medien.

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