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Rezensionen zu
Kairos

Jenny Erpenbeck

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Zeiten und Menschen im Wandel

Von: amara5

29.08.2021

Eine Frau blickt mit Mitte 50 auf ihr jugendliches Ich zurück, als sie mit jungen 19 Jahren mit einem Mann zusammen war, der damals so alt war, wie sie heute: Die angehende Schriftsetzerin Katharina trifft Ende der 1980er-Jahre in Ostberlin auf den charismatischen und narzisstischen Schriftsteller Hans und die beiden erleben eine Amour Fou, während die DDR und ihr System zu bröckeln beginnt. Jenny Erpenbeck erzählt in ihrem neuen Roman „Kairos“ (aus dem Griechischen „der richtige Moment, der richtige Zeitpunkt“) von einer leidenschaftlichen, aber auch ungesunden und gewaltvollen Liebe, deckt psychologisch nuanciert und bewegend Seelenwelten auf und blickt in der Außenschau präzise auf die untergehende DDR mit ihrem Alltag, Konstrukten und nicht zuletzt dem Stasi-Apparat. Dabei lässt Erpenbeck mit einer klaren und großartigen Prosa zwei Zeiten ineinanderlaufen: die heutige Katharina in der Gegenwart, die in Kartons voller Erinnerungen der Zeit zwischen 1986 und 1992 wühlt und ihr Bild von damals neu zusammensetzt: Erlebnisse mit Hans, die Einführung in die Kunst- und Schriftstellerwelt, aber auch Anschuldigungen, Zwänge und Unterwerfung in der Beziehung zum schwierigen Hans, der selbst noch Frau, Geliebte und Kinder hatte, aber bei Katharina keine Zuneigung zu anderen Männern duldete. Auf der einen Seite ist Hans ein reifer Mentor, auf der anderen ein harscher Ankläger, der süchtig nach Katharinas Unbefangenheit ist. Schicht für Schicht legt Katharina ihre Erinnerungen der Beziehung voller Schuldzuweisungen frei, die eng in Einklang mit Orten und Begebenheiten von Ost-Berlin stehen - so setzt Erpenbeck ein kongeniales Bild deutsch-deutscher Geschichte und eine Kartografie von Ost-Berlin und seinen Menschen und Künstlern zusammen. Ein intensiver, eindringlicher und sehr schön komponierter Roman, der sich langsam aufbaut, bevor am Ende alles zusammenbricht - die Augenblicke und Zeiten stehen im Wandel der Zeit, der anfängliche Zauber der Verliebtheit weicht, Katharina und Hans kommen aus unterschiedlichen Generationen und blicken sehr unterschiedlich auf den Umbruch - und mit der Wende kehrt eine neue Verlorenheit ein. Eine faszinierende und sprachlich hochwertig mit vielen pointierten Metaphern erzählte Geschichte, die Erpenbeck sowohl emotional als auch zeithistorisch bewegend einfängt - mit klugen Reflexionen zur Zeit, Kultur, Mythologie und Dramatik, da einige Charaktere aus einem bekannten und intellektuell interessanten Kulturmilieu der DDR stammen.

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So verschieden wie Ost und West...

Von: Rezensions_Exemplar

27.08.2021

...sind die beiden Hauptcharaktere dieses Romans. Katharina und Hans trennen einige Jahre - Hans geht auf die 60 zu und Katharina ist gerade einmal neunzehn, als sich beide kennen lernen. Durch Zufall in einem Bus in Ostberlin. Im Laufe des Buches kommen sich beide immer näher, lernen sich immer mehr kennen. Sie haben die gleichen Interessen, hören die selbe Musik und besuchen gerne die selben Orte. Mit einem nicht unwesentlichen Hindernis: Hans ist verheiratet und hat einen Sohn. Und auch Katharina merkt, dass es weitere Männer auf der Welt gibt. Die Zweisamkeit kann nicht ewig währen - oder doch? Anfangs habe ich mich wirklich sehr schwer getan mit Erpenbecks Schreibstil. Ich habe die Anführungszeichen der wörtlichen Rede sehr vermisst und musste manche Schachtelsätze mehrmals lesen, um den roten Faden nicht zu verlieren. Etwa ab der Mitte des Buches kam ich so richtig in der Geschichte an und auch das lesen fiel mir von da an leicht und es wurde richtig flüssig. Die Kapitel sind relativ kurz mit vielen Absätzen, die dem Schreibstil das anstregende nehmen. Zu Beginn des Buches habe ich mit beiden Charakteren sympathisiert und konnte beide Seiten auch verstehen und wie es zur Liebschaft kam. Aber je weiter der Roman voran schritt, desto öfter wollte ich vor allem Hans schütteln und fragen, was er sich eigentlich denkt bei seinen Handlungen. Von da an bin ich mit ihm nicht mehr so richtig klar gekommen - und auch Katharinas Verhalten habe ich mehr und mehr in Frage gestellt. Das Ende kam dann etwas überraschend - auch, wenn man sich denken kann, dass es so kommen musste in einem Roman, dessen Schauplatz die damalige DDR ist. Die Darstellung von Ostberlin war sehr lebhaft und ich hatte tatsächlich oft das Gefühl, mit Hans und Katharina durch die Stadt zu schlendern und in den Restaurants und Cafés zu verweilen. Und auch die Maueröffnung sowie andere historische Verknüpfungen wurden prägnant und schlüssig in die Erzählung eingebaut. Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten und ich gebe eine klare Leseempfehlung.

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