Absolut fesselnd und zum Nachdenken anregend lässt der Krimiroman „Lightseekers“ die Leser*innen in das zeitgenössische Nigeria eintauchen und erzählt eine nachvollziehbare Geschichte.
In der ländlichen Universitätsstadt Okriki am Stadtrand von Port Harcourt in Nigeria werden drei Universitätsstudenten zu Tode verbrannt, umringt von einem wütenden Mob, der überzeugt ist, dass sie Diebe sind. Es ist kein Geheimnis, wer für ihre kaltblütigen Morde verantwortlich ist. Sieben Personen wurden festgenommen und stehen vor Gericht. Dr. Taiwo, ein Kriminalpsychologe, wird beauftragt, genau diesen öffentlichen Lynchmord an den drei Universitätsstudenten zu untersuchen. An der Oberfläche scheint das Verbrechen einfach zu sein, da der Mob bei seinem Streben nach Selbstjustiz außer Kontrolle gerät, nachdem die drei Opfer des Diebstahls beschuldigt wurden. Aber etwas passt nicht zusammen, denn die örtliche Polizei, die Stadt und die Universität versuchen, die Angelegenheit zu vertuschen.
Der Autor Femi Kayode ist wie sein Protagonist auch Psychologe, der, nachdem er das Video der realen Lynchmorde an vier Studenten der University of Port Harcourt gesehen hatte, die Psychologie hinter diesem menschlichen Verhalten untersuchen wollte. Was sowohl die fiktiven als auch die realen Morde noch schrecklicher machte, war die Aufzeichnung und Verbreitung des Filmmaterials auf YouTube. Zu sehen, wie ihre Kinder brutal gefoltert und getötet wurden und es mit jedem Anblick erneut zu erleben hatte eine verheerende Wirkung auf die Eltern der Opfer. Hier tritt die Macht und zerstörerische Natur der sozialen Medien zu Tage und wie unter den richtigen Bedingungen unregulierte soziale Medien es schaffen, Öl ins Feuer gießen und so die Menschen zu irrationalen Gewaltaktionen manipulieren können.
Ebenso zeichnet Kayode eine authentische Darstellung der nigerianischen Kultur und gibt einen Einblick in das Leben in Nigeria. Er bewegt sich hierbei nahtlos zwischen den Welten des extremen Reichtums und der Armut, die mit Mangel an Möglichkeiten, Elektrizität und Infrastruktur begleitet wird, sowie durch einen Alltag, der durch regelmäßig vom Militär errichtete Straßensperren oder Bestechungsgelder geprägt ist. Darüber hinaus bietet das Buch ein aufschlussreiches Bild der beunruhigenden Geschichte Nigerias, wie den Schrecken des Biafra-Bürgerkriegs und der Entdeckung des Öls, in deren Folge es zu Mord, zur verheerenden Zerstörung des Landes sowie entsetzlicher Brutalität und Gewalt kam.
„Lightseekers“ ist ein intelligenter, komplexer und fesselnder Krimi, der einen von der ersten Seite in seinen Bann zieht und den man kaum aufhören kann zu lesen, weil man herausfinden will, was passiert ist und wer dafür verantwortlich ist. Gut gefallen hat mir auch der Einblick in das Leben in Nigeria und sein gesellschaftspolitisches Klima. Was der Krimi außerdem lesenswert macht, ist, dass er es einerseits mit Leichtigkeit schafft, ein zufriedenstellendes Gleichgewicht zwischen der Behandlung wichtiger sozialer Themen und der Aufrechterhaltung einer ansprechenden Erzählung zu finden und dass er andererseits nicht zu weit in die dunklen Winkel der Verzweiflung abschweift. Es ist ein erschütternder Kriminalroman, aber es gibt ein Aufflackern von Licht inmitten all der Dunkelheit.