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Rezensionen zu
Stunden des Aufbruchs

Nina Konstantin

Die Berlin-Saga (1)

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€ 12,00 [D] inkl. MwSt. | € 12,40 [A] | CHF 17,50* (* empf. VK-Preis)

Nicht ganz gelungen

Von: Petra Sterk

05.10.2021

Nina Konstantin lässt ihre Hauptfigur Charlotte tief in das Nachtleben des Nachkriegsberlin eintauchen, verzettelt sich aber zuweilen mit zuvielen "Nebengeschichten" - es ist ein bisschen von Allem: Nachkriegsszenarien einer aufstrebenden Stadt und dessen Nachtleben, Andeutung des Sündenpfuhl Berlin, ohne zu deutlich zu werden, Liebesgeschichte, Spionagegeschichte, Krimi... leider ein bisschen zuviele Erzähllinien um die junge, erst schrecklich naive und dann schnell abgebrühte Charlotte, die zwischen ihren Träumen von einer eigenen Modelinie, einem eigenen Nachtclub und der vermeintlich großen Liebe umherschwankt. Aufbruch in was? Das ist bis zum Schluss nicht so ganz klar und das (relativ offene) Ende reißt die ganze Story nochmal herum - und lässt eine Fortsetzung vermuten.

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Dieses Buch führt uns in die Nachkriegszeit mit all ihren Problemen und "Überlebensstrategien". Die Geschichte ist anfänglich etwas langatmig, führt dann zu einem überraschenden Ende. Die Geschichte ist nicht wirklich abgeschlossen, sondern bildet einen kleinen Teil eines Lebens ab. Man muss sich darauf einlassen und darf am Ende des Buches nicht enttäuscht sein, dass die Geschichte "nicht weitergeht".

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Nina Konstantin verlor schon in frühen Jahren ihr Herz an Berlin. Nachdem sie als Jugendliche Kurzgeschichten veröffentlichte, die ihren Blick auf die pulsierende Metropole schärften, schrieb sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Drehbücher. Es entstanden Liebesfilme und Krimis für das deutsche Fernsehen. Doch die Faszination für Berlin und für die 50er-Jahre – für eine Zeit der Zuversicht und des Aufbruchs, eine Zeit voller Enge und Zwänge – ließen Nina Konstantin nicht los. Und da ist es kein Wunder, dass ihr erster Roman genau zu dieser Zeit spielt – im Nachkriegsberlin zwischen Januar und Dezember 1951. Doch es ist ein düsteres Berlin, das Konstantin uns in dem Auftaktband (!) ihrer Berlin-Saga präsentiert, in dem die Farbenfreude und Lebendigkeit des Aufbruchs nur hin und wieder einmal aufblitzt. Diese faszinierende Zeit der deutschen Geschichte hätte der Autorin die Möglichkeit geboten, die Zerstörung der (ehemaligen) deutschen Hauptstadt, den Wiederaufbau, das Schicksal der Rückkehrer, der Flüchtlinge aus den Ostgebieten und der Schon-in-der-neuen-Realität-Angekommenen vor dem inneren Auge des Lesers bzw. Hörers lebendig werden zu lassen. Doch leider gelingt ihr dies zumindest bei mir nicht. Bedauerlicherweise gilt für die Beschreibung der Figuren das Gleiche wie für die Beschreibung Berlins: Autorin Konstantin enthält uns über weite Strecken vor, wie die Protagonisten bzw. Protagonistinnen aussehen: Ist Charlotte blond oder brünett? Groß oder klein? Welche Garderobe trägt sie? Welche Farben? Die Autorin liefert zwar hin und wieder oberflächliche Informationen oder liefert Beschreibungen durch die Augen anderer Figuren, aber im Großen und Ganzen gelingt es ihr nicht, bei mir das Kopfkino in Gang zu setzen. Bis zum Ende des Buches habe ich mich – vergebens – gefragt, wie ich mir die 19-/20-jährige Charlotte vorzustellen habe. Aber nicht nur die Stadt ist im Aufbruch, versucht, zur alten Schönheit zurückzukehren und im politischen (Welt-)Geschehen wieder eine Rolle zu spielen, auch und gerade die Menschen, die dort leben, befinden sich im Aufbruch. Konstantin präsentiert uns Menschen, die sich nach einem besseren, sorgenfreien Leben sehnen. Die einen haben es schon wieder nach oben geschafft, können sich die leckeren Tortenstücke in der Konditorei in der Nähe von Timothys Wohnung leisten – die anderen drücken sich noch die Nase an der Schaufensterscheibe platt. Die Wege, die die Menschen auf ihrem Weg nach oben einschlagen, sind dabei ganz unterschiedlich: Die einen versuchen es mit ehrlicher, harter Arbeit, die anderen greifen zu illegalen Methoden oder zumindest zu fragwürdigen Methoden. Die Autorin vermittelt in ihrem Roman sehr anschaulich den Überlebenskampf zweier Frauen im Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Ob es nun der Kampf um das tägliche Brot und das Dach über dem Kopf ist oder um das wirtschaftliche Überleben – Charlotte und Vera kämpfen für die persönliche Sicherheit und die Erfüllung ihrer Träume. Und die Männer sind dabei (erstaunlicherweise) nur die Nebensache/Unterstützer, aber nicht die Hauptsache in ihrem neuen Leben. Charlotte bewundert ihre Chefin für ihre Lebenslust, ihr Durchsetzungsvermögen und ihren Mut und findet sich schließlich im Spannungsfeld zwischen ihrer Dankbarkeit und Liebe zu Timothy und ihrer Loyalität zu und Bewunderung für ihre (mütterliche) Freundin Vera wieder. Diese ist der erste Mensch in ihrem Leben, der ihre Fähigkeiten erkennt und fördert. Diese ist die Erste, bei der Charlotte Respekt und Anerkennung genießt. Dass Vera dabei die Grenzen der Legalität und Moral hin und wieder übertritt oder dass vielleicht doch nicht alles so ist, wie Charlotte dies wahrnimmt – davor verschließt die junge Frau jedoch ihre Augen. Im Rahmen ihres Romans gewährt die Autorin kleine Einblicke in das politische Geschehen der damaligen Zeit – eine Zeit, in der die Gesellschaft der sowjetisch besetzten Zone in einiger Hinsicht viel offener und „moderner“ war als im Westen und als gerade die Version einer Gesellschaft, in der alle gleich sind, auf einige Menschen anziehender wirkte als die düstere Stimmung im Westteil Berlins. Das gilt gerade im Hinblick auf die Rolle der Frau, die im Westteil Deutschlands noch einige Jahre restriktiv sein sollte. Etwas, wogegen die beiden Protagonistinnen des Romans auf unterschiedliche Weise ankämpfen. Aber auch Themen wie Kapitalismuskritik Daneben bilden aber auch bekannte Größen und Einrichtungen (der damaligen Zeit) das Hintergrundrauschen der Geschichte. Max Schmehling wird ebenso erwähnt wie Hans Rosenthal; die ostdeutsche Filmgesellschaft DEFA, der Westberliner Rundfunk RIAS und die bekannte Rennstrecke Avus finden ebenfalls Erwähnen, was dem Ganzen etwas mehr Lokalkolorit verleiht. Über das Hörbuch Gelesen wird der Roman von Anna Thalbach. Thalbach wurde 1973 in Ost-Berlin geboren und ist als Künstlerin aus Film, Fernsehen und Theater international bekannt. Als Hörbuchsprecherin und Interpretatorin ist sie ebenfalls sehr gefragt. Sie wurde für ihre Leistungen mehrfach ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Deutschen Hörbuchpreis. Und das zu recht: Alle Frauen aus dem Thalbach-Clan sind m. E. großartige Sprecherinnen, denen es wie nur wenigen anderen weiblichen Sprecherinnen gelingt, einzelne Figuren mit unterschiedlichen sprachlichen Eigenheiten zum Leben zu erwecken. Und das gilt auch für Anna Thalbach und Stunden des Aufbruchs: Egal, ob es die selbstbewusste Vera ist, der Amerikaner Timothy oder der „Sicherheitschef“ und ehemalige Boxer Schnute: Jede und jeder bekommt andere, zu den jeweiligen Figuren passende Charakteristika. Thalbach verändert Stimmhöhe, Sprechgeschwindigkeit und Eigenheiten, sodass die jeweilige Gestalt vor dem inneren Auge des Lesers perfekt zum Leben erweckt wird. Mein Fazit: Ein unterhaltsamer Roman aus der Nachkriegszeit Deutschlands, bei dem man die TV-Verfilmung tatsächlich schon vor sich sehen kann. Aber gerade das ist auch der Schwachpunkt dieser Geschichte, der eine facetten- und detailreichere Ausarbeitung fehlt.

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