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Rezensionen zu
Sleeping Beauties

Stephen King, Owen King

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Der Titel “Sleeping Beauties” erinnert nicht nur zufällig an das beliebte Märchen. Wie in Dornröschen (im Englischen “Sleeping Beauty”) spielt auch im neuesten Buch von Stephen King und seinem Sohn Owen der Schlaf eine wichtige Rolle. Doch ist es hier nicht nur eine Frau, die auf magische Weise einschläft, sondern alle Frauen, überall auf der Welt. Sobald sie einschlafen, spinnt sich ein weißer Kokon um ihre Körper und sie erwachen nicht mehr. Sollte man den Fehler machen eine der Frauen zu wecken, wird sie zur rasenden Bestie und tötet alles um sich herum. Dieses rätselhafte Phänomen, Aurora genannt, führt natürlich zu einem völligen Ausnahmezustand. Während die Frauen im tiefen Schlummer liegen, sind die Männer sich selbst überlassen. Sie reagieren teils kopflos, panisch und manchmal aggressiv. Ohne Frauen nämlich, so die Theorie der Autoren, ist das Sanfte und Gute aus der Welt verschwunden. Diese Schlussfolgerung ist es, die mir den Roman ziemlich verhagelt hat. Die ersten 400 Seiten dieses 900 Seiten Wälzers, habe ich nämlich nahezu inhaliert. “Sleeping Beauties” liest sich zunächst ein wenig wie eine feministische Dystopie. Schließlich dreht sich alles um die Frage, was wäre wenn alle Frauen plötzlich von der Bildfläche verschwinden würden? Was würde dann wohl passieren? Diese Überlegung wird im Roman toll vorbereitet, wir begleiten verschiedene Männer und Frauen in den ersten Tagen des Phänomens. Die Frauen kämpfen gegen das Einschlafen, die Männer sorgen sich um ihre Frauen oder um neue Machtpositionen in dem durch Aurora entstandenen Chaos. Diese Abschnitte des Romans sind spannend verfasst und entwickeln sich konsequent. Leider hat sich das im zweiten Teil des Romans in meinen Augen zu stark gedreht. Um den Frauen in diesem Roman auch einen Platz einzuräumen, schaffen die Autoren im zweiten Abschnitt des Buches nämlich einen Blick in die “Traumwelt” der weiblichen Bevölkerung. Diese Traumwelt ist wohl der Spiegel zur Welt der Männer: hier sind plötzlich alle Männer verschwunden und die Frauen auf sich gestellt. Zunächst ein interessanter Kontrast zum Beginn des Buches. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind jedoch, wie schon angedeutet, in meinen Augen zu platt. Das Verhalten der Frauen im Roman ist, vor allem ganz am Schluss, für mich schwer nachvollziehbar und “zu schön, um wahr zu sein”. Ich habe mir wirklich die Frage gestellt, warum sich Frauen so verhalten sollten, wie es dort beschrieben wird? Für meinen Geschmack haben die Autoren ihre Munition schon in der ersten Hälfte des Buches verschossen und den Roman dann zu keinem stimmigen Abschluss gebracht. Es geht mir hier übrigens nicht um die Frage, ob eine Geschichte mit oder ohne Happy End besser abgeschlossen wäre. Im Vergleich zu anderen Büchern von Stephen King fehlt dem großen Finale aber eine gewisse innere Logik. So wie die Figuren und Situationen im Roman beschrieben werden, macht für mich das Ende keinen Sinn. Stilistisch war ich trotzdem recht positiv überrascht vom Gemeinschaftsprojekt von Vater und Sohn. Tatsächlich hatte “Sleeping Beauties” einige Längen, aber ich könnte nicht behaupten, dass dafür der neue Co-Autor verantwortlich ist. Im Gegenteil, die beiden Autoren haben ihre jeweiligen Abschnitte so geschickt verwoben, dass mir persönlich kaum ein Wechsel aufgefallen ist. Das Buch wirkt also trotz dieser neuen Zusammenarbeit wie aus einem Guss und hat den gewissen “King-Ton”. Trotzdem ist da auch etwas Neues und Ungewohntes im Erzählstil, vielleicht doch entstanden aus dem Einfluss von Owen King. Mir hat das persönlich, bis auf die genannten Längen, gut gefallen und lässt mich auf weitere solcher Projekte hoffen. Ungewohnt war leider die schiere Zahl der Personen im Buch, die noch dazu teils ziemlich blass blieben. Im Roman spielen zum Beispiel einige Insassinnen eines Frauengefängnisses eine wichtige Rolle. Aber obwohl sie im Roman diese vergleichsweise bedeutende Position haben, blieben diese Figuren für mich leider eher schwach charakterisiert. Das hat mich wirklich verwirrt, sind die authentischen und einprägsamen Charaktere sonst eine der ganz großen Stärken von Stephen King. Ich kann auch nicht sagen, dass es an einer mangelnden Detailtiefe der Beschreibung der Figuren gelegen hätte, es fehlte ihnen lediglich an Leben. Insgesamt war “Sleeping Beauties” für mich eine ziemliche Berg- und Talfahrt. Ich habe die erste Hälfte des Romans sehr genossen und über diese abgefahrene Grundsituation ständig nachgedacht. Als dann auch nach 400 bis 500 Seiten die “Anfangsphase” einfach nicht enden wollte und sich immer neue Längen entwickelten, habe ich ein wenig die Lust verloren. Das Ende schließlich hat mich einfach enttäuscht und irritiert zurückgelassen.

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Vorsicht Spoiler! Die Geschichte spielt in Dooling, einer von den Kings für diesen Roman erfundenen Stadt in den Appalachen. Weltweit tritt eine Schlafkrankheit, Aurora genannt, auf. Sie befällt nur Frauen, und zwar ausnahmslos alle, die ab dem bestimmten Tag einschlafen oder bereits in diesen Tag hinein schlafen. Bei all diesen schlafenden Frauen wächst ein Kokon, ein spinnwebenartiges, immer dichter werdendes Netz aus den Körperöffnungen des Kopfes heraus, der mit der Zeit den ganzen Körper umschließt. Ein Wettrennen mit der Zeit beginnt. Viele Frauen versuchen mit allen Mitteln wach zu bleiben. Sie nehmen Drogen, Medikamente, Kaffee oder laufen ständig im Kreis, bis sie halbwegs vor Müdigkeit den Verstand verlieren. All dies geschieht weltweit, doch eine Sensation gibt es bei den Frauen von Dooling: Sie sind die einzigen, welche stellvertretend für alle anderen Frauen wieder aufwachen – aber zu einer späteren Zeit, in welcher sie alleine Dooling und die Umgebung bewohnen. Sie bekommen die Chance, das Leben ohne Männer auszuprobieren. In dieser neuen Welt, die sie Unser Ort nennen, vergeht die Zeit viel schneller. In wenigen Tagen in der normalen Welt sind am neuen Ort bereits Monate vergangen. So können sie sich in kurzer Zeit ein Bild darüber machen, wie ein solches Leben aussehen würde. Natürlich gefällt es ihnen gut. In der normalen Welt bricht unterdessen Panik aus. Fake-News werden verbreitet, dass Aurora ansteckend sei und ganze Brenner-Brigaden zündeln an den schlafenden Frauen herum. Mittlerweile ist bekannt geworden, dass Evie Black als einzige Frau einschlafen und ganz normal wieder aufwachen kann. Da mittlerweile auch Lila Norcross, die Sheriff des Ortes, eingeschlafen ist, hat eine Gruppe von Männern den Vorsitz der Polizei übernommen und versucht, Evie aus dem Frauengefängnis zu bekommen. Clint Norcross, der Psychiater des Gefängnisses, versucht Evie zu beschützen, während die Polizisten inzwischen glauben, dass Evie getötet werden muss, um der Aurora ein Ende zu setzen. So kommt es in beiden Welten zu einem sehr unterschiedlichen Showdown: Wird Evie, deren Tod das Tor zwischen den beiden Welten verschließen würde, lange genug am Leben bleiben? In der Welt der Frauen Doolings stellt sich die Frage anders: Ist die Frauenheit bereit, sich geschlossen und demokratisch für eine Rückkehr in die normale Welt zu entscheiden? Das Buch wirft spannende Fragen auf. Überhaupt ist das eine große Stärke von Stephen King, in seinen Romanen Fragen zu stellen und immer wieder neu zu beantworten. Doch in diesem Fall sind die Antworten mehr als dürftig. Insgesamt hat mich das Buch enttäuscht, da ich mir von King Besseres gewohnt bin. Die tiefen Fragen, die er aufwirft, werden mit einem billigen Steinzeit-Feminismus beantwortet: Am weiblichen Wesen wird die Welt genesen. Die Frauen von Dooling opfern sich buchstäblich, weil sie aus einer nahezu perfekten weiblichen Welt freiwillig wieder in die normale Welt zurückkehren, und damit retten sie diese Welt. Die Männer hingegen kennen im Roman der Kings nur Krieg, Streit, Habsucht, Machtgeilheit. Da haben wir das alte Märchen der Feministinnen von Simone de Beauvoir bis hin zu einem inzwischen kleineren Strang der postmodern-feministischen Bewegung: Männer sind böse, oder besser gesagt: Sie sind das Böse schlechthin, und sie brauchen eine Evie, die sie dazu zwingt, mal untätig warten zu müssen und die richtige Entscheidung den Frauen zu überlassen. Wir Menschen sind als Frauen und Männer geschaffen, die einander gegenseitig ergänzen, aber erlösen können sie einander nicht. Das kann nur der stellvertretende Opfertod von Jesus Christus und Seine nach drei Tagen erfolgte Auferstehung aus den Toten. Der letztendliche Versuch der Kings, den Steinzeitfeminismus abzuschwächen, indem Evie am Schluss über die Entscheidung der Frauen, wieder zurückkehren zu wollen, weinen muss, misslingt vollständig. Es wirkt einfach nicht mehr glaubwürdig. Es handelt sich um ein derart absurdes Ende, dass damit die ganze vorige Geschichte zerstört wird. Schließlich gibt es auch keine zusätzliche Auflösung in dem Sinne, dass eigentlich etwas ganz anderes gemeint sei. Es ist einfach ein weiterer Bruch innerhalb einer sowieso schon von Brüchen durchzogenen Story, der den Leser am Ende fragend und enttäuscht zurücklässt. Daneben gibt es aber auch weitere Fragen, die aufgeworfen und gut beantwortet werden. Etwa die Herkunft und Verbreitung von Fake-News. Die Verbreitung geschieht nämlich kaum gewollt, sondern durch Unwissenheit und Bequemlichkeit, weil man zu faul ist, um die Fakten zu prüfen. Was mir auch gut gefiel, ist die Art, wie herausgearbeitet wird, dass wir oft das Gewohnte als so normal empfinden, dass wir den Wert davon erst bemerken, wenn es uns fehlt. Doch insgesamt kommt das Buch um Längen nicht an die früheren, wirklich spannenden Romane wie ES heran. Wie weit das auf die Zusammenarbeit mit seinem Sohn Owen zurückzuführen ist, kann ich nicht sagen, da ich dessen Short Stories einfach nicht kenne. Es könnte aber auch einfach daran liegen, dass King langsam die Ideen ausgehen und er deshalb längst ausgetretene Pfade vertiefen muss. Ich weiß es nicht und werde ihm auch in Zukunft weitere Chancen geben, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Die Länge fand ich jedenfalls angenehm; die über 950 Seiten der deutschen Ausgabe geben einem genügend Zeit und Gelegenheit, um in der Geschichte anzukommen und sich hineinzufinden.

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