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Rezensionen zu
Krähen im Park

Christoph Peters

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2021, Lockdown in Berlin. Die Presse überschlägt sich. …rund um die Uhr aus dem Strom der Meldungen, Bilder, Zahlen, die unablässig über die Ticker kamen, den Nachschub des Suchtstoffs Information raffinierten, ihn mit dem Brabdbeschleuniger Meinung übergossen, je schriller, greller, lauter, desto besser. S.9 Dirk Mahnfeld, Bauunternehmer, seine Spezialität: kostenoptimierter Individualismus, Naturstein, kein Problem, offene Raumsituationen, gern. Seine Frau Mariann bietet ihr großzügig gestaltetes Eigenheim als Partylokation, für die gehobene Kunst- und Literaturszene. Darüberhinaus glaubt sie, dass die ganze Coronascheiße, ein Weckruf Gottes ist. Urban, Schriftsteller, der nach zwei Büchern, in Melancholie versunken, eine Schreibblockade auslebt und seiner Frau überlässt, sich Gedanken darüber zu machen, wo der nächste Scheck herkommt. Dafür ist die dreijährige Leonie bald ein Star in der Modebranche. Joyce Telschow, ehemals glutäugige Schönheit für Bulgari, jetzt Fluggastkontrolleurin, mit Alkoholproblem, bereut, dass sie ihre verdorbene halbitalienische Tochter geboren hat, weil die sich, von einem Türken, ein Kind hat andrehen lassen. Der französische Autor Bernard Entremont, folgt einer Einladung nach Berlin, um an der Akademie der Künste seine Ehrung entgegenzunehmen. Der Kurator versucht die weibliche Menge zurückzuhalten, die dem Künstler Sexismus vorwirft. Während Berlin und die ganze Welt Angst davor hat, sich anzustecken, bei anderen bleibende Schäden zu versursachen, oder die Oma zu töten, leben einige mehr oder weniger maskiert, ungeniert ihr Leben weiter. Wer jetzt demonstrierte, egal für oder gegen was, war Wegbereiter, Helfershelfer einer weiteren Virusmutation, machte sich gemein mit Impfgegnern, Esoterikern, Nazis. S.35 Fazit: Christoph Peters hat ein grell-bunt schillerndes Potpourris verschiedener Charaktere, in unterschiedlichen Lebensituationen entworfen. Fröhlich und geistreich, greift er alle möglichen Klischees auf. Von alten weißen Männern, die nur eines wollen, über die Gewaltbereitschaft von Arabern im Allgemeinen, bis zum Umgang mit der leidlichen Pandemie, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ich bewundere seine Schreibtechnik, die diese Geschichte von Anfang bis Ende durchschreibt, ohne durch Kapitel Grenzen zu setzen. Nach nahezu jedem Absatz schafft er eine neue Szenerie und am Ende ergibt sich ein Gesamtbild. Kurzatmig bin ich durch diese rasante Geschichte getrieben, immer wieder überrascht, von spanneneden Wendungen. Ich durfte einen Blick hinter die Kulissen, mitten hinein in die menschlichen Abgründe der einen und das Leid der anderen werfen.

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Viele Assoziationen schweben mir entgegen beim Buchtitel des neuen Romans von Christoph Peters. Er selbst sagt, dass das Buch angelehnt sei an „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen. Auch werden es drei Bände wie Koeppens „Trilogie des Scheiterns“. „Der Sandkasten„ war der erste Band, den ich auch hier bereits besprochen habe. Mir fällt dazu auch noch Kreislers „Tauben vergiften im Park“ ein. Gleichzeitig thematisiert Peters unsere aktuellen gesellschaftlichen Probleme und Differenzen sehr deutlich und hinterfragt kritisch. Und dazu passt dann auch wieder die Tatsache, dass aufgrund des rassistischen Inhalts (wegen des N-Wortes, welches seiner Entstehungszeit geschuldet ist) Koeppens Roman von der Liste der Abitur-Schullektüren in Baden-Württemberg genommen werden soll. (Obgleich selbst Marcel Reich-Ranicki seinerzeit den Roman als wichtigen deutschen Nachkriegsroman in seinen Kanon aufnahm.) Tatsächlich folgt „Krähen im Park“ auch in der Figurenwahl und Gestaltung Koeppens Roman. Peters setzt sie gelungen in die Heute-Zeit um. Die Protagonisten kann man den Originalen zuordnen und auch die Art von Szene zu Szene, von Person zu Person zu springen, trifft Koeppens Duktus. Da ist Urban, der seit langer Zeit vergeblich versucht seinen dritten Roman zu schreiben, seine jüngere Frau Irma und Tochter Leonie. Es gibt den frisch aus Afghanistan geflüchteten Ali Zayed, der unbedingt nach Deutschland wollte, dem die blonden hellhäutigen Frauen gefallen, der zum ersten Mal Bier trinkt, und der gleich am ersten Tag zum Mörder wird. Es gibt Emre, den türkischdeutschen Paketboten, seine schwangere Freundin Dina. Den bekannten Architekten Dirk Mahnfeldt, der teure Eigentumswohnungen baut und dafür auch mal Grünflächen entsorgt, mit seiner noch berühmten Frau einer ehemaligen Schauspielerin und der lesbischen Tochter. „Stadt ohne Raum. Die Mietpreise explodierten, eine Abstellkammer mit Dusche/WC in Kreuzberg für vierhundert Euro, WG-Zimmer in Friedrichshain nicht unter fünfhundert. Die, die Geld hatten, brauchten immer mehr Platz, zweihundert Quadratmeter für einen Single, dreihundert für ein kinderloses Paar. WEIL SIE ES SICH WERT SIND.“ Als Schriftsteller, der zu einer wichtigen Preisverleihung nach Berlin kommt, dient Michel Houellebecq – hier heißt er Bernard Entremont. Die Grabbe-Buchhandlung ist vermutlich dem Georg Büchner Buchladen nachempfunden. Es tauchen mit neuem Namen auf: Sigrid Löffler und Marcel Reich-Ranicki und viele andere. Der Auftritt und die Rede Entremonts ist natürlich provozierend und gegen jede mainstream-woke Meinung. Doch das Publikum ist froh, dass es überhaupt noch Kulturveranstaltungen gibt. Dass es plötzlich währenddessen eine kleine Explosion aufgrund eines technischen Fehlers am Mischpult gibt, scheint irgendwie zur Weltuntergangsstimmung zu passen. Oder war es ein Komplott, eine politische Widerstandsaktion? Man bricht die Veranstaltung ab. All das vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie: die Schlagzeilen dazu im Buch muten heute extrem befremdlich und falsch an. Peters lässt Gesundheitsminister Professor Bernburgs (Karl Lauterbach) Sohn auftreten, der seine Schwierigkeiten mit dem Tun und Lassen seines Vaters hat und als Kritiker seiner Politik gleich mal drei junge Leute zum Kiffen mit in die bewachte Wohnung nimmt. So hat Twitter wieder einen Aufreger mehr, als ein Live-Video davon gemacht wird. „Die Leute konnten doch nicht so vollständig abgestumpft sein, dass selbst ihr Unterbewusstsein keine Reaktion auf den öffentlichen Wahnsinn mehr zeigte. Wo sollte das alles enden, wenn schon die jungen Mütter vor den eigenen Kindern ihr Gesicht versteckten? Wie sollten diese Kinder lernen, was ein Lächeln war, wie die Beruhigung, die von den Zügen der Mutter ausging, erfahren? Härte, Kälte, Vereinzelung waren die Folge“ Christoph Peters greift alle aktuellen Themen unseres Zeitgeschehens auf, ohne dass es gewollt oder überfrachtet wirkt: die Schere zwischen Reichtum und Armut, Flüchtlinge, die Clanwelten, Islamismus, Misogynie, Rassismus, Klassismus, Klimawandel und Coronapolitik. Seine Figuren stehen oft auf gegenüberliegenden Seiten und stellen oft Vorurteile, Schubladendenken dar. Der Autor selbst ergreift jedoch nie Partei für die ein oder andere Seite. Als Leser/in könnte sich die Waage dann doch schnell auf die ein oder andere Seite neigen … Ich habe aufgrund dieser Lektüre große Lust bekommen Koeppens „Tauben im Gras“ zu lesen. Und ich bin gespannt, wie es im nächsten Band der Trilogie weiter geht. Große Empfehlung für diesen aufdeckenden gesellschaftskritischen Roman!

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Gesellschaftsbild - Wimmelbild

Von: Ingeborg Rosn

18.08.2023

Ich bin jedesmal aufs Neue fasziniert, wie es Christoph Peters gelingt: aber jeder seiner Romane zieht mich erneut in seinen Bann! Meisterlich! Und das, obwohl die Handlungen - für sich genommen - nicht aussergewöhnlich und/oder besonders spannend sind. Aber so ist eben das Leben von „Krähen im Park“. Wichtiges und Unwichtiges passiert - wobei die Gewichtung der einzelnen Ereignisse natürlich im Auge des Handelnden liegt. Die handelnde Person wiederum hat nur begrenzt Einfluss auf das Geschehen, keine(r) hat letztendlich sein Handeln durchgängig in der eigenen Hand. Und die Art und Weise der literarischen Darstellung, wie die einzelnen Stränge einander abwechseln, im Idealfall miteinander verwoben, sonst eher verknotet werden, ist schlicht sensationell. Dazu kommen die großartigen Charakterzeichnungen - so treffend, so zeit- und „Berlin“gemäß: gefühlt war man gestern noch mit der Salonière bei einem „Event“ samt Influencerin&Kind, „möchte-gern“-Autoren und denen, die immer da sind. Und über allem liegt eine Ahnung vom Ende und der Ungewissheit des Kommenden. PS: Grundsätzlich freut es mich, dass Wolfgang Koeppen wieder etwas mehr in unser „literarisches Bewusstsein“ rückt. Meiner Meinung nach stand er immer etwas im Schatten von Heinrich Böll - da war durchaus Platz für ein „Nebeneinander“…

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