Als Paartherapeutin berät die Anfang fünfzigjährige Nora seit langem Paare in den Krisenzeiten ihrer Beziehung und schreibt zudem erfolgreich Bücher über ebendieses Thema. Dass diese Voraussetzungen keine Garantie für das Gelingen der eigenen Beziehung sein müssen, hat sie längst erkannt, und als sie einen fremden Slip in der Wäsche ihres Mannes findet, ist er nur die berühmte Spitze des Eisbergs, die letztendlich aber dazu führt, mit der sicheren Gewohnheit ihres Alltags zu brechen. So beginnt für Nora eine Zeit, in der sie sich bewusst dem Leben mit all seinen Wirrungen stellt und in der sie versteht, dass sie erst ihre Freiheit lieben lernen muss, um zu sich selbst zu finden. Denn nur so wird sie beides haben können: Ihre Freiheit, und eine Liebe. Eine Liebe, die dem Alltag standhalten kann. Julia Holbe gewährt uns in ihrem Roman einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt ihrer Protagonistin und auch noch so kleiner "Gedankenbeifang" wird akribisch ausformuliert. An manchen Stellen strengte mich das ein wenig an, gerade bei den immer wiederkehrenden reflektierenden Gesprächen mit Noras bester Freundin Lou. Auch fühlte ich mich ein wenig überrumpelt von der Dichte an wichtigen Ergeignissen schon auf den ersten Seiten. Jedoch gelang es der Autorin, mich abzuholen und je tiefer ich in Noras Gedankenwelt eintauchte, desto schlüssiger und nachvollziehbarer wurde sie für mich. So begleiten wir Nora bis zu der Erkenntnis, dass alle Zeit vergänglich ist und nichts bleibt, wie es ist. Aber dass überall ETWAS ist. Nur eben anders. Sehr schön fand ich das fast schon poetische Zusammenspiel des Wetters und ihrer jeweiligen Gemütslage. Vielleicht ist es Zufall, möglicherweise aber auch nicht. Auf mich wirkte es jedenfalls beinahe tröstend passig. Auf Regen folgt auch wieder Sonnenschein. Und manchmal ist selbst der Regen warm. Ich vergebe für diesen sehr tiefgründigen und lebensbejahenden Roman vier Sterne.