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Rezensionen zu
Unter freiem Himmel

Markus Torgeby

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Mit Markus Torgeby bin ich nicht ganz so warm geworden, was aber eher an persönlichen Vorlieben liegt und weniger am "Buch an sich". Er scheint lange Zeit ein Mensch der Extreme gewesen zu sein, was sich dann manchmal auch in Totschlagargumenten und Allgemeinaussagen äußert ("Das und das ist so und so!" anstatt "Ich persönlich hab es so erlebt"), wovon ich immer nicht der größte Fan bin. Die Fotos seiner Frau sind allerdings großartig! Ihr gelingen richtig gute Aufnahmen, die es schaffen, eine schöne, intensive, "geerdete" Atmosphäre zu übermitteln. Ansonsten ist es etwas schwierig zu empfehlen, finde ich. Es gibt diese "Anleitungen", die im Untertitel angesprochen werden, aber die sind mMn zu kurz, als dass man das Buch nur dafür kaufen sollte [da gibt es andere Outdoor/Survival-Bücher und -Videos, die das detaillierter beschreiben]. Man muss ihn als Menschen schon sympathisch finden, um das Buch zu lieben, würde ich sagen. Interessant ist er allemal, aber seine Art zu schreiben und durchs Leben zu gehen, konnte mich nicht komplett überzeugen.

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Spoileralarm: Junger Mann (22 Jahre), Nordschwede, verliert aufgrund eines für ihn dramatischen, Konsequenzen-reichen Sportunfalls Mitte und Halt in seinem Leben, strauchelt ein wenig zwischen Familie, Schule und seiner Umwelt, findet dann in vier Jahren, in denen er allein inmitten der kühlen Luft und der stillen Landschaft in den nordischen Wäldern lebt, wieder zurück zu sich und seiner Mitte. [Bilddatei eingefügt] Das ist – in a nutshell – der Inhalt des reichhaltig mit satten Farbfotos illustrierten Bandes Unter freiem Himmel – Eine Anleitung für ein Leben in der Natur von Markus Torgeby und Fotografien seiner Ehefrau Frida Torgeby. Dazu spendiert der Autobiograph einige Hinweise zum praktischen Leben draußen, diese eher rudimentär und sehr grundlegend zu Themen wie Feuer machen (Feuerstahl), Porridge kochen (gerne mit Beeren), Kleidung trocknen (möglichst nur solche aus unbehandelter Wolle), Schlafsack und Schlafunterlage, Beil / Axt (ordentliche Qualität hält ewig), essbare Pflanzen, Outdoor-Bett bauen oder Brennholz trocknen. [Bilddatei eingefügt] Abgerundet wird der Praxisteil mit handfesten Hinweisen zum Thema (in Abführungszeichen?) »Sein Geschäft im Freien verrichten“: »Übung macht den Meister, und ich habe in den letzten zwanzig Jahren die meisten meiner Notdürfte im Freien erledigt. Der Herbst ist die absolut beste Zeit, um im Freien aufs Klo zu gehen. Da gibt es viel weiches Zeugs, mit dem man sich den Hintern abwischen kann: (…)« – »Dann kommen endlich Frühling und Sommer, eine wunderbare Zeit für alle, die an der frischen Luft ihr Geschäft verrichten wollen.« Der Höhepunkt des Erkenntnisgewinns der Analannalen besteht in dem Hinweis, dass – wie soll ich das jetzt hier formulieren? – dass also das Körperteil, das am allerwenigsten von direkter Sonneneinstrahlung betroffen ist zugleich das Körperteil sei, das am wenigsten kälteempfindlich sei, so die Erfahrung aus nordischen Wintertemperaturen von minus 40 Grad. Die Fotografien der Familienbuchproduktion liefern eine stimmungsmächtige nordische Bildsprache; einige der manchmal düster-kühl anmutenden Bilder könnten allerdings auch einen der genreprägenden Schwedenkrimis treffend illustrieren. [Bilddatei eingefügt] Allesamt sind die „Tipps und Tricks“, wie sie auf dem Rückentext des bibliophil ausgestatteten Bandes (Hardcover mit Halbleineneinband, Fotos auf Titelseite, Vorsatz- und Nachsatzpapier, Lesebändchen) bezeichnet werden, so schlank gehalten wie der Held des Buches nach seiner vierjährigen Haferflockendiät wohl war, was nicht schlecht sein muss, aber doch den Untertitel Anleitung für ein Leben in der Natur zumindest auf der Sachebene überambitioniert erscheinen lässt. Um es einmal deutlich zu sagen: Viele seiner Tipps und Hinweise zur Outdoorpraxis kann ich guten Gewissens aus eigener Anschauung und Erfahrung unterschreiben, allein als »Anleitung« kann dieses ausschnitthafte, unvollständige Sammelsurium kaum überzeugen. Das Kapitel »Essbare Pflanzen« belegt meine Kritik anschaulich: Auf genau einer Seite sind genau vier Pflanzen mit jeweils im Durchschnitt 4 Zeilen Text (in Summe genau 16 Zeilen) und einem Gruppenbild der vier Pflänzchen (auf einer zweiten Seite, um präzise zu sein) beschrieben. Keinerlei Warnhinweise zu möglicherweise fatalen Verwechselungen (gerade im Kontext von Beeren und Pilzen…); und auch dem Verlag ist das keine Hinweiszeile wert… [Bilddatei eingefügt] Ebenfalls irritierend sind die knackig-knappen Hinweise unter der Überschrift »Brennholz trocknen«: Von in Summe 36 Textzeilen beschäftigen sich genau 14 im engeren Sinne mit dem Holztrocknen, die einleitenden 14 Zeilen empfehlen dem unbedarften Leser entgegen aller Erfahrung und im Widerspruch zu Naturschutz und entsprechenden Vorschriften, Bäume im Frühjahr zu fällen – mit der überoptimistischen Perspektive, daraus bereits im Herbst / Winter Brennholz zu erhalten. Na ja, viel Spaß beim Frieren im dichten Rauch! [Bilddatei eingefügt] Verlassen wir also die Betrachtung der Sachebene des Bandes und erkunden frohgemut die literarische Seite des Autors. Der erste Schritt nach draußen, der erste Kontakt zur Natur ist für Markus einfach erfrischend und erfrischend einfach: Der verwirrte junge Mann macht das Schlafzimmerfenster weit auf, erlebt die wohltuende Kraft und beruhigende Wirkung frischer, kühler Luft und schläft seitdem konsequent nur noch mit offenem Fenster und möglichst viel frischer Schwedenluft, besser noch direkt draußen in der Natur. Vier Jahre verbringt er dann in den Wäldern von Jämtland, ernährt sich fast ausschließlich von (Unmengen an) Porridge, das er mit einigen Beeren aus dem Wald aufpeppt. »Ich hatte Geld gespart, damit ich über die Runden kam, solange ich mich auf Haferbrei und andere, einfache Produkte beschränkte, die ich im Lebensmittelgeschäft in Järpen kaufte. Alles war einfach und klar: Brennholz hacken, Feuer machen, kochen, laufen, waschen, schlafen. Ich lebte ohne künstliche Reize, fütterte mich nicht mit Radio, Fernsehen oder den Meinungen anderer Menschen. War einfach in meinem eigenen Kopf, mit meinen eigenen Gedanken. Ich hoffte, auf die Weise das zu erkunden, was ich war; herauszufinden, was übrig blieb, wenn alles andere weg war.« Nur im kurzen Video-Interview mit dem deutschen Magazin Walden (das die beiden Redakteure unter wahrlich extremen Bedingungen führen mussten), nicht aber im Buch, erfahren wir davon, dass er auch ab und an einen Fisch in den Flüssen, Bächen und Seen zur Ergänzung seiner frugalen Nahrung erbeutet hat. Trotz der Kargheit und Beschränkung blieb die Unruhe, die Markus quälte, bis der Autor im Wald „Mitten auf einer freien Fläche (…) einen alten verfaulten Fichtenstumpf“ entdeckt, auf den er sich setzt. Und am nächsten Tag wiederum: »Ich beschloss, trotzdem sitzen zu bleiben. Nicht nur kurz, wie am Vortag, sondern bis es dämmerte. (…) Das Sitzen auf dem Baumstumpf wurde zu einem Ritual, bei Sonnenschein und bei Regen. Die Wochen vergingen. An manchen Tagen saß ich in feuchter Luft, es war, als starrte ich in einen kompakten Nebel. Später kam der erste Schnee. Aber ich blieb.« Tom Brown und seine Bewegung „Coyote Teaching“ haben als eine der zentralen Wahrnehmungsübungen „den Sitzplatz“ ins Bewusstsein der globalen Outdoor-Community gebracht, eine Übung, ursprünglich der Indigenen Nordamerikas, bei der es um die Erweiterung der Beobachtung, Betrachtung und Erfahrung der Natur, der Umgebung, der Umwelt geht. Ziel ist es, an einem leicht und immer erreichbaren Platz zu jeder Tages- und Nachtzeit, zu allen Jahreszeiten und bei allen Witterungen seine Sinne zu trainieren, die Natur allumfassend wahrzunehmen und, dem asiatischen Zen nicht unähnlich, alle Gedanken auszuschalten. Bei Markus Torgeby wird daraus im letzten Kapitel seines Buches das »Stumpfhocken«, womit er das stumpfe Hocken auf einem Baumstumpf zur Übung erklärt, die seiner Meinung nach dabei »helfen kann, auf das zuzugreifen, was jenseits unseres direkten Wahrnehmungsvermögens liegt.« – Ich hocke, also bin ich. Leider erfahren wir nicht, ob der Autor bereits vor seiner Zeit als Einsiedler vom „Sitzplatz“ gehört hatte, oder ob er sich zumindest in der Phase der Autorenschaft mit dem Thema beschäftigt hat. Aber das scheint mir symptomatisch für den Band zu sein: Ein Einsiedler hat ein Buch geschrieben, ohne Referenzen wahrzunehmen – weder im persönlichen Umfeld, denn wir erfahren so gut wie nichts darüber, wie seine direkte Umgebung auf seine Einsiedelei reagierte, noch nimmt er Bezug auf die einschlägige Literatur, seien es nun die Maßstäbe setzenden Sachbücher noch die Klassiker des nature writing. So formuliert er wohltemperierte Achtsamkeitsliteratur, sozusagen die männliche, lumbersexuelle Ausgabe eines Buches, das Buchhändlerinnen für weibliche Zielkunden auf einem „Wölkchentisch“ drapieren würden. Eine Hipsterfibel-Bibel für Bart- und Holzfällerhemden-tragende Abenteurer, die den Ruf der Wildnis in Berlin X-hain vernehmen und in der Hasenheide der Weite Montanas nachspüren. Anspruchsvolle Literatur des „nature writing“ wie Walden von Henry D. Thoreau, Tief im Land von Neil Ansell, Die Heilkraft der Natur von Richard Mabey, Karte der Wildnis von Robert Macfarlane oder Die Entdeckung der Natur von Jürgen Goldstein sind sicher die besseren Leseempfehlungen, Texte mit Tiefgang und Substanz. [Bilddatei eingefügt] Das Buch ist bei Heyne Hardcore erschienen, einem Verlag im Verlag in der großen Verlagsgruppe, denn Heyne Hardcore gehört zum Wilhelm Heyne Verlag und der wiederum zur Pengiun Random Hause Verlagsgruppe, einem der Weltmarktführer für durchaus auch anspruchsvolle Werke. Mehrfach ist im Buch der Hinweis auf die klimaneutrale Produktion und auf die Verwendung von FSC-MIX verantwortungsvollen Quellen bei der Papierherstellung verwiesen. Der Gedanke, dass möglicherweise der Verzicht auf die Publikation des Werkes der bestmögliche Beitrag für Klima und Ressourceneinsparung gewesen wäre, ist den Verlegern leider nicht gekommen. Denn mit den beiden Themen – persönliches Erleben in der Natur einerseits und eine Anleitung fürs Draußensein andererseits – ist das Buch überfordert, weder Fisch noch Fleisch. Das beste am ganzen Buch ist seine ebenso schlichte wie richtige Ansage: »Geht einfach raus in die Natur!« Keine lange Planung, keine aufwändige Vorbereitung, keine teure Sonderausstattung – geht einfach raus! Und genau das mache ich jetzt auch; der #Leihhund wartet. [Bilddatei eingefügt] Weitere Informationen rund ums Buch und zum Programm sind auf der Verlagswebsite www.heyne-hardcore.de zu finden. Dort lesen wir zum Buch: „Im Freien schlafen, umgeben von Bäumen, Dunkelheit und angenehmer Kälte. Dabei hoch zu den Sternen blicken und sehen, wie sich die Atemluft wie eine feine Wolke vor den Augen kräuselt. Vielleicht verpassen wir ja etwas, wenn wir immer nur in temperierten Räumen mit vier Wänden und einer Decke liegen. Markus Torgeby war ein erfolgreicher Langstreckenläufer, als er der Zivilisation den Rücken kehrte, in den Wald zog und fortan unter freiem Himmel schlief. Eine Erfahrung, die sein Leben und seinen Blick auf die Welt veränderte.“ Mit nichts als einer Axt, einem Schlafsack und den Kleidern, die er am Leib trug, kaufte Markus Torgeby ein One-Way-Ticket in die Wälder von Jämtland, wo die Temperaturen im Winter auf minus 40 Grad sinken. Vier Jahre lang lebte Markus in einer selbstgebauten Hütte, schlief auf Rentierfellen und überlebte mit Haferflocken, Beeren und Fisch. Über diese Erlebnisse in einem Interview zwischen mit den Chefredakteuren von WALDEN Markus & Harald bekommen wir einen wunderbaren Blick hinter die natürlichen Kulissen und Situationen in der schwedischen Natur und Umgebung. * KRAUTJUNKER-Kommentar: Unter freiem Himmel habe ich ebenfalls gelesen und mir fest vorgenommen, eine in etwa gleich große Buchvorstellung zu schreiben. Schon beim Überfliegen der langen und gut begründeten Rezension kam ich zu dem Schluss, dass es den Rahmen sprengen würde, noch einmal etwas von ähnlichem Format draufzusetzen. Somit hier nur ein paar meiner Gedanken zum Buch und der Thomas‘ Buchvorstellung: Markus Torgeby, so erschien es mir zuerst, ist kein Mensch, der für unsere heutige Zeit geboren ist. Um im 21. Jahrhundert angepasst und wirtschaftlich erfolgreich zu sein, ist es in den meisten Fällen gut, wenn man lange und konzentriert am Schreibtisch abstrakte Aufgaben erledigen kann. Es gibt natürlich Ausnahmen und ob das jetzt artgerecht für Menschen ist, steht auf einem anderen Blatt. Menschen wie der athletische Torgeby wären in 99,9 % der Menschheitsgeschichte glücklicher gewesen, als wir ununterbrochen aktiv in der Natur unterwegs waren. Das Streben nach Komfort, Wohlstand und Sicherheit schufen unsere heutige Kultur, in der wir einen Großteil unseres Lebens Ruhepositionen in geschlossenen Gebäuden verbringen. Wir werden viel älter und müssen uns nicht mehr davor fürchten, zu verhungern, sondern zu fett zu werden. So richtig gesund ist das natürlich auch nicht. Die meisten können sich arrangieren. Manche finden ihren Ausgleich beim Sport, wo sie alle Aktivitäten komprimiert nachholen möchten. Torgeby ist ein introvertierter und emotionaler Typ. Das erklärt viele seiner im Buch geschilderten Verhaltensweisen und Erlebnisse. Bücher oder Texte, finden in seinem Buch keine Erwähnung. Von daher vermute ich, dass er von Tom Brown und seiner Bewegung „Coyote Teaching“ ebenso wenig Kenntnis hat, wie von den aufgezählten Klassikern des Nature Writings. Sein Vorwort beginnt mit den Worten: »Ich glaube an das Schlafen im Freien, umgeben von Nadelbäumen, Dunkelheit und Kälte…« Vieles haben wir Menschen mit den Tieren gemein, doch was uns wirklich ausmacht ist, dass kein Mensch ohne den Glauben an etwas existieren kann, das größer ist als er. Lange war dies in Europa die christliche Religion. Im letzten Jahrhundert wurde bei vielen Gott durch den Staat, die Kirche durch die Partei und die Prozession durch die Demonstration und der Ungläubige durch den politischen Gegner ersetzt. Der Glauben des 21. Jahrhunderts scheint der Natur zu gehören. Dass ein Großteil der Bevölkerung mittlerweile Bürojobs in Städten ausübt, scheint die Verehrung zu erleichtern. Nähe zerstört Respekt, heißt es oft. So erscheint die Natur vielen als etwas grundsätzlich Gutes: Alles naturbelassene ist besser. Es gibt auch schon moderne Heilige wie Greta und mit den „Klimaleugnern“ auch Ketzer. „Sei Teil einer besseren Welt“, wirbt BioMarkt und wer bekennt sich zu den Bösen, wenn die Guten tuten? »Geht einfach raus in die Natur!« ist ein guter Rat. Ich möchte hinzufügen: Lies mehr! Selbst Bücher von Menschen, die Standpunkte vertreten, die den Deinen entgegenstehen. Linke, lest die Rechten. Rechte lest die Linken. Liberale lesen sowieso alles und nach viel Gelesenem landet man oft bei liberalen Überzeugungen. „Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn“, sagte der Schriftsteller Jorge Luis Borges. Das Gehirn des Markus Torgeby ist nicht das eines großen Intellektuellen, der bahnbrechend Neues und Kluges zu sagen hat, aber ich fand das schön gestaltete Buch unterm Strich doch recht interessant, weil (oder obwohl?) ich eben ganz anders denke und lebe.

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