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Rezensionen zu
Die Hosen der Toten

Irvine Welsh

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€ 22,00 [D] inkl. MwSt. | € 22,70 [A] | CHF 30,50* (* empf. VK-Preis)

Choose Life. Choose Trainspotting. Dem britische Schriftsteller Irvine Welsh (* 27. September 1958 in Leith, Edinburgh, Schottland) gelang direkt mit seinem 1993 veröffentlichten Debütroman Trainspotting der große Durchbruch. Seine dort vorgestellten Charaktere sollten ihn die nächsten Jahrzehnte begleiten, tauchen sie doch in kleinen Nebenrollen in weiteren Romanen und Kurzgeschichten auf, oder sind die Hauptfiguren in den Fortsetzungen seines Debüts (sowohl in dem zehn Jahre nach Trainspotting spielenden Roman Porno, als auch in der Vorgeschichte Skagboys). Inhaltlich setzt Die Hosen der Toten nun nahtlos an den Begbie-Roman Kurzer Abstecher aus dem Jahr 2016 an. Dieser Roman, angekündigt als das große Finale, spielt im Sommer 2015 bis Sommer 2016 und lässt uns auf die alten und liebgewonnen Bekannten Mark „Rent Boy“ Renton, „Simon „Sick Boy“ Williamson, „Danny „Spud“ Murphy und Frank „Franco“ Begbie treffen. Für mich sind die Aufeinandertreffen mit den vier Freunden immer ein großes Vergnügen, ist man als Leser doch mitgealtert und erkennt eventuell die ein- oder andere Parallele. Hier nun versucht Welsh, seine Trainspotting-Saga zu einem Ende zu bringen. Deutlich merkt man, dass er hier einen Roman für die Fans geschrieben hat, der auf gewohnte Art und Weise bissig und sehr kritisch die gesellschaftliche und politische Entwicklung beäugt und seine Charaktere hier sinnbildlich die unterschiedlichsten Facetten dieses Systems erleben lässt. Gleichzeitig jedoch wird die Entwicklung, aber auch die Charakterisierung seiner Figuren mit einer erzählerischen Lust überspitzt, dass es an manchen Stellen ins cartooneske abdriftet. Wir treffen neben den vier noch lebenden Figuren auf weitere alte Bekannte wie beispielsweise unseren Lieblingstaxifahrer Terry, der aber schon immer wie aus einem hormongesteuerten Fiebertraum entsprungen zu sein schien. Doch bei all den überdrehten, teils absurden Figuren wird es mir ein ewiges Rätsel bleiben, wie man die Romane Welshs als Comedy bezeichnen kann. Denn oft lese ich (so auch hier im Klappeninnenteil), dass sich der Leser „vor Lachen verschluckt hat“ und die Geschichte „unglaublich witzig“ sei. Und so sehr ich gleichwohl mit den Kritikern übereinstimme, dass dieser, wie jeder andere Roman von Irvine Welsh nur so sprudelt von pointierten und überdreht-absurden Situationen, haftet dem Ganzen doch immer ein gewisses Grad an Verzweiflung an. Denn letztendlich erleben wir Protagonisten, die sich in einem wirtschaftlich-gesellschaftlichen System des Neoliberalismus abstrampeln und sich an ihren Neurosen und Psychosen abarbeiten und dabei ihre ganz persönlichen Abhängigkeiten pflegen. Die Hosen der Toten (Originaltitel: Dead Men's Trousers, Großbritannien 2018) erscheint in einer Übersetzung aus dem schottischen Englisch von Stephan Glietsch als Hardcover bei Heyne Hardcore (480 Seiten, € 22,00). Im Roman befinden sich Grafiken und Comics von Zeichner Dan McDaid. Die Hosen der Toten ist ein im Großen und Ganzen gelungener Abschluss einer zum Kult avancierten und inhaltlich mehrere Jahrzehnte umspannenden Saga. Gleichwohl ist der Roman aber auch ein Fan-Service mit den guten, gleichwohl aber auch negativen Aspekten. Denn oftmals bekommt man das Gefühl, dass einige Anekdoten, Beschreibungen oder Entwicklungen weniger der Geschichte dienlich sind, als vielmehr vom Stammleser so erwartet und deshalb vom Autor in dieser Form eingebaut. Ich hatte ein ähnliches Gefühl, auch wenn ich den Bogen jetzt extrem weit spanne, bei den jüngsten Star Wars-Filmen, bei denen genau das bedient wurde, was ich als langjähriger Fanboy sehen wollte, sich jedoch anschließend ein etwas schales Gefühl breitmachte, ein etwas hohles, jedoch wunderbar verziertes Bonbon serviert bekommen zu haben. Nun zurück zu Die Hosen der Toten! Dies schmälert den Genuss der Lektüre nicht, weiterhin erfreut man sich an bissigen Thesen, herrlich klarsichtigen Beobachtungen und ausschweifenden Ausführungen über alle möglichen sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Missstände. Es ist ein Abschluss, der im Gesamteindruck ein Genuss war, gleichzeitig jedoch hoffen lässt, einen wirklichen Schlussstrich erlebt zu haben, der nicht totgeritten wird. Denn es heißt ja, dass man aufhören soll, wenn es am Schönsten ist…

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