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Rezensionen zu
Haarmann

Dirk Kurbjuweit

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Vor diesem Buch hatte ich ein wenig "Muffensausen" - ich bin seit 30 Jahren Vegetarierin :-) Interesse am Thema Haarmann habe ich, seit ich den Film der "Totmacher" gesehen habe. Ein Kinderlied kenne ich auch: "In Hannover an der Leine, Neue Straße Nummer 8, wohnt der Menschenfresser Haarmann, der aus Menschen Sülze macht..." Das Cover ist düster und bedrohlich, es spricht mich als Krimifan auf jeden Fall an. Hier eine kurze Zusammenfassung des Geschehens. Kommissar Robert Lahnstein soll die Fälle von vermissten Jungen untersuchen und aufklären. Das gestaltet sich sehr schwierig. Es existieren kaum verwertbare Spuren, immer mehr Jungen verschwinden, die Zeit drängt!. Lahnstein muss außerdem zwischen Korruption, Vertuschung und Verleumdung ermitteln. Er scheint persönlich an diesem Fall zu zerbrechen, dann gibt es Hinweise, die ihn auf die richtige Spur bringen. Kann er dem Verdächtigen die Morde nachweisen? Der Kampf ums Geständnis beginnt. Das Buch ist gut geschrieben hat aber seine Längen, vor allem am Anfang. Der Schreibstil des Autors ist sachlich, schnörkellos fast spröde, was dem Thema zuträglich ist. Der Autor spart mit Beschreibungen der Personen und Umgebungen. Die Gespräche sind im Fließtext eingewoben, ohne Satzzeichen, was ungewohnt für mich, aber nicht störend war. Die Ermittlungen sind realistisch dargestellt. Ich fand es gut, wie der Autor das politische Zeitgeschehen eingebaut hat. Das Buch ist sehr gut recherchiert, was das Thema und deren Behandlung glaubwürdig macht. Wie bereits erwähnt, hat das Buch einige Längen, während der Schluss fast zu schnell abgehandelt wir. Der Kriminalroman um den Serienmörder Haarmann wurde sehr realitätsnah und sachlich verfasst. Manche Teile empfand ich als zu langatmig. Ein Kriminalroman mit kritischem Blick auf das damalige Zeitgeschehen, psychologisch ergänzt, der es lohnt gelesen zu werden.

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Der Vampir, Der Schlächter, Der Kannibale und Der Werwolf von Hannover, nomen est omen. Zur Zeit der Weimarer Republik hielt ein einziger Mann die Bewohner Hannovers und die Polizei in Atem. Der Serienmörder Friedrich "Fritz" Heinrich Karl Haarmann, geboren am 25.10.1879 in Hannover, zum Tode verurteilt am 19.12.1924. Sie sagen, man hätte ihn viel schneller schnappen können, wenn nicht so viele weggesehen hätten. Aus Hunger vielleicht, oder auch, weil das Unvorstellbare eben nicht vorstellbar war. Die Zahl seiner Opfer, alles Jungen, die grausamen Details kann man bei Wikipedia und in anderen Artikeln, sowie in Gerichtsprotokollen nachlesen. Das hat sicher auch Dirk Kurbjuweit getan, denn als Journalist ist das Recherchieren für ihn so, wie das tägliche Brot brechen. Er rollt vor uns diesen True Crime Fall auf, gibt ihm die Form eines klassischen Kriminalromans und ich höre durch ihn von diesen unglaublichen Vorgängen zum ersten Mal. 1918 herrschte nicht nur in Hannover ein Klima aus Hunger, Armut und Obdachlosigkeit. Schiebermärkte und Prostitution florierten, illegale Tierschlachtungen auch von Hunden, Katzen und Ziegen waren keine Seltenheit. Das muss man wissen, um sich nicht zu fragen, warum nicht viel früher auffiel, was seinerzeit in einer der hellhörigen Wohnungen der hannoverschen Altstadt geschehen ist ... "Warte, warte nur Weilchen, dann kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen, macht er Schabefleisch aus dir. Aus den Augen macht er Sülze, aus dem Hintern macht er Speck, aus den Därmen macht er Würste und den Rest, den schmeißt er weg." (Quelle: Auszug Liedtext Haarmann - Lied, u.a. gesungen von Walter Kollo) Haarmann von Dirk Kurbjuweit Es war Menschenfleisch aufgetaucht. So erzählte man es sich. Im Wirtshaus Walterscheid. Seine Vermieterin war es, die Robert Lahnstein diesen Satz entgegen warf. Er war noch nicht richtig wach gewesen, erfasste das Ausmass dieser Behauptung noch nicht komplett und nickte deshalb nur zerstreut. Gut, sie lebten in einer Hyperinflation, Not und Elend hatten die Regentschaft übernommen. Man tauschte Kleidung gegen Lebensmittel, war ständig mit der Geldbeschaffung befasst, aber würde wirklich jemand auch Menschenfleisch verkaufen? Wie tief waren sie gesunken? Der, der diese Behauptung aufgestellt hatte, sei verschwunden und seine Wirtin kannte ihn auch nicht, meinte sie noch. Aber er sei ja Polizist, da müsse man doch und man wisse ja nie ... Zehn Jungen waren per dato verschwunden, der letzte Heinz Brinkmann, und Lahnstein war der leitende Ermittler in diesem Fall. Seit Wochen, ja Monaten tappten sie im Dunkeln. Jede Spur verlor sich im Sand, noch bevor der erste Abdruck sichtbar wurde. So viele Eltern hatten schon vor ihm gesessen, die Männer zumeist mit leerem Blick, die Frauen weinend und verzweifelt. Lahnstein spürte einen lastenden Druck, der sich von Tag zu Tag verstärkte, er würde jetzt endlich etwas vorweisen müssen und er wollte es auch. Es zermürbte ihn, in dieser Ausweglosigkeit festzustecken, also gut, dem Wirt konnte er ja einen Besuch abstatten, was gab es zu verlieren ... Dirk Kurbjuweit, geboren 03. November 1962 in Wiesbaden, ist deutscher Journalist und Autor. Bis 1999 arbeitete er bei der Wochenzeitschrift "Die Zeit", wechselte dann zum "Spiegel". Vier seiner Romane wurden verfilmt, für drei seiner Reportagen wurde er preisausgezeichnet, u.a. mit Dem Deutschen Reporterpreis. Jetzt also Haarmann. Kurbjuweit beginnt mit seinem Ermittler Lahnstein, der mit seinem Team vor dem Rätsel steht, wohin zehn vermisste Jungen verschwunden sind. Nicht eine einzige Leiche ist bislang aufgetaucht, auch kein Leichenteil, er tappt völlig im Dunkeln und hofft paradoxer Weise auf einen Mord, der dieser Serie eine Richtung und ihm damit einen entscheidenden Hinweis geben würde. Hitler saß in Untersuchungshaft, Göring war entkommen nach dem Putsch in München. Eine Grundnervosität hatte das ganze Land ergriffen und das Verschwinden der Jungs in Hannover heizte die Stimmung zusätzlich an. Wahlen standen bevor und der Ausgang eben dieser Ermittlungen konnte hierfür entscheidend sein. Kurbjuweits Figuren agieren wie in einem Minenfeld, die Presse lässt nichts unversucht um Lahnstein zu diskreditieren und behindert damit, vielleicht unabsichtlich die Ermittlungen? Und dann kommt er doch, der eine Hinweis ... Obdach gegen sexuelle Gefälligkeiten. Ein ganzer Marktplatz für männliche Prostituierte war 1918 in einer Gartenanlage der Stadt entstanden. Die Gassen der Altstadt auf der Leineinsel verkamen mehr und mehr zu einem Verbrecherviertel. Hier trieb ein gewisser Haarmann Handel, mit Kleidung, Fleisch und gab sich als Wohltäter. Ob seine Nachbarn tatsächlich nichts mitbekommen hatten, in der drangvollen Enge dieser Wohnsituation ist nicht mehr nachvollziehbar, es darf allerdings bezweifelt werden, bis hin zu der Annahme, das man schwieg weil man von seinen Taten profitierte ... An Grausamkeit ist das nicht zu überbieten. Der Mörder schickte den Eltern der Jungs, mit der Handschrift ihrer Buben versehene Pakete mit Fleisch-und Wurstwaren. Woraus diese Wurst gemacht ist, dafür braucht es keine Fantasie mehr. Die ahnungslosen Eltern jedoch aßen einen Teil ihres eigenen Kindes in der Annahme, es habe ihnen etwas Gutes tun wollen ... Mich ekelt. Jedem Autor, der sich sowas ausdenkt hätte ich den Rücken gekehrt, weil es einfach nur krank ist.  Wie Kurbjuweit jedoch mit meinen Ahnungen und Spekulationen spielt, ein Stück deutscher Geschichte entpackt, den Betroffenen nachspürt und nicht nur einem Täter, sondern einer Tatgemeinschaft. Als solche muss man die Nachbarschaft von Haarmann wohl betrachten, die durch Wegsehen möglich machte was hier geschah und dem Grauen nicht viel früher ein Ende bereitet hat. Waren tatsächlich Profiteure unter ihnen? Ich will das gar nicht glauben.  Unglaubwürdige Hinweisgeber, verschwundene Polizeiakten. Attestierter Wahnsinn, Ausbruchsversuche, Rückführung in die Irrenanstalt, dann Verlegung und Entlassung. Während Kurbjuweits Ermittler Lahnstein mit seinen eigenen Dämonen, Schuldgefühlen und Kriegsgespenstern kämpft, sprenkelt der Autor die politische Lage in Deutschland und das Weltgeschehen in seine Handlung ein.  Berichtet von Gier und Begegnungen, die harmlos beginnen und tödlich enden. Von Männerliebe, Anklagen und Tränen. Er musste es sein, er konnte es nicht sein. Gab es ein besseres Alibi, als durch die Polizei permanent observiert zu werden? Aus Mangel an Beweisen findet das Morden kein Ende. Kurbjuweit seziert nicht, das überlässt er dem Täter. Er lässt ermitteln, ganz klassisch. Er bewertet nicht, er erzählt. Schaut auf die Opfer, auf ihre Angehörigen. Erzeugt in mir eine beklommene Stimmung, Abscheu und Ekel, bei der Betrachtung dieses kranken, vergifteten Geistes. Diesem Mann zu begegnen, heißt seinem Albtraum begegnen.  Was ist erlaubt, um ein Geständnis zu erlangen? Heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? Was macht es mit denen, die die Mittel anwenden, oder anwenden lassen? Kurbjuweit ist nah dran an seiner Hauptfigur Robert Lahnstein, in bester Babylon - Berlin - Manier, inszeniert er filmreif. Die Bilder die er so auf meine Netzhaut schreibt, werde ich wohl so schnell nicht mehr los. Ein Zeitzeugnis in spannendem Gewand ist ihm gelungen. Nur zu gerne würde ich ausblenden wollen, das das was ich hier erfahre tatsächlich passiert ist, kann es aber nicht ... Daran hat auch er keinen geringen Anteil: Shenja Lacher, deutscher Schauspieler, geboren am 20. März 1978 in Erlabrunn/Erzgebirge, kenne ich aus der Hörbuch-Fassung von Maja Lundes Die Geschichte des Wassers. Fernsehzuschauern ist er aus verschiedenen Krimi-Serien bekannt. Die Zerrissenheit von Lahnstein im Kontrast zu dem wahnhaften Haarmann gelingt ihm meisterlich. Er lässt mich beiden begegnen, so dass ich meine, ich sitze mit ihnen Verhörraum am Tisch. Mich gruselt so dermaßen, durch die Stimmlage die er für Haarmann wählt, er ist dem Wahnsinn so nahe, dass ich ..., oh Mann! Das ist es was den Unterschied macht zwischen selbst lesen und vorlesen lassen, und warum ich mich beglückwünsche diesen Fall als Hörbuch ausgesucht zu haben.

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Der Kommissar und der Serienmörder

Von: Leseigel

26.03.2020

Die 1920ziger Jahre in Hannover. Kommissar Lahnstein wurde von Bochum nach Hannover versetzt. Seine einzige Aufgabe dort, er soll das Verschwinden mehrerer Jugendlicher aufklären. Man geht davon aus, dass sie ermordet wurden und es eine Verbindung zum Homosexuellenmilieu gibt. Das erschwert die Ermittlungen, weil Zeugen damit rechnen müssen, strafrechtlich verfolgt zu werden und die trauernden Eltern jeden Verdacht ihre Söhne betreffend von sich weisen. Lahnstein fühlt sich immer mehr überfordert. Zum einen machen seine Vorgesetzten Druck, die Presse wendet sich gegen ihn und er fühlt sich von seinen Kollegen nicht genügend unterstützt und nur mitleidig belächelt. Lahnstein hält Haarmann für den Mörder und setzt alles daran, ihn zu überführen. Doch wie weit darf er dabei gehen ? Das Buch dreht sich überwiegend um den ermittelnden Kommissar Lahnstein und seine Befindlichkeit. In so weit halte ich den Buchtitel für etwas irreführend. Lahnstein kämpft mit den Dämonen seiner Vergangenheit. Er war Pilot im 1. Weltkrieg, aber kein Held. Er hat seine Familie auf tragische Weise verloren. Bei den Ermittlungen sieht er sich mit seinen Ängsten, homosexuell zu sein, konfrontiert. Lahnstein beginnt alle Aspekte seiner Nachforschungen auf sich selbst zu beziehen. Im Gegensatz dazu schildert der Autor in knapper nüchterner Sprache das Verschwinden der Opfer. Haarmann als Person blieb für mich blass, obwohl der Autor Aktenauszüge aus seinem Leben einfügt. Das Buch liest sich dennoch spannend und hat mich in seinen Bann gezogen. Ich habe mit Lahnstein gelitten und war fassungslos ob Haarmanns Gleichgültigkeit gegenüber der Opfer. Die Pluspunkte des Romans liegen für mich in den Einblicken in die damalige Gesellschaft und die Zustände bei der Polizei, deren Arbeit mit geprägt war durch Vorurteile und politische Sympathien. Für mich ist das Buch nur bedingt ein Kriminalroman. Ich bin der Meinung, es ist eher Lesestoff für jemanden, der sich für den Zeitgeist von damals interessiert.

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Historische Ermittlungsarbeit

Von: Carolin_liest

23.03.2020

Im Hannover der 1920er-Jahre verschwinden Jungs, einer nach dem anderen, spurlos. Steckt ein bestialischer Massenmörder dahinter? Für Robert Lahnstein, Ermittler im Fall Haarmann, wird aus den Gerüchten bald schreckliche Gewissheit: Das Deutschland der Zwischenkriegszeit, selbst von allen guten Geistern verlassen, hat es mit einem Psychopathen zu tun. Lahnstein, der alles dafür gäbe, dass der Albtraum aufhört, weiß bald nicht mehr, was ihm mehr zu schaffen macht: das Schicksal der Vermissten; das Katz-und-Maus-Spiel mit dem mutmaßlichen Täter; die dubiosen Machenschaften seiner Kollegen bei der Polizei; oder eine Gesellschaft, die nicht mehr daran glaubt, dass die junge Weimarer Republik sie vor dem Verbrechen schützen kann. Ich habe mich schwer getan, in dieses Buch hineinzufinden. Das lag vor allem am zum Teil reduzierten sprachlichen Stil, der häufig in die Aufzählung von Substantiven oder Aneinanderreihung von Nebensätzen mündet. In der wörtlichen Rede werden keine Anführungszeichen verwendet, was recht irritierend zu lesen ist. Ich habe mich mit der Zeit mit diesen Gegebenheiten arrangiert, empfand es aber tatsächlich als anstrengend. Ich würde dieses Buch eher als historischen Spannungsroman und nicht als Krimi bezeichnen. Ich kannte den Serienmörder vorher nicht, aber durch den Titel ist ja schon klar, worauf das Ganze hinauslaufen wird. Insofern sind die spannenden Elemente an diesem Buch vor allem die Ermittlungsarbeit in einer politisch unruhigen Zeit unter widrigsten personellen Umständen. Vor allem im letzten Drittel drängt sich die Frage auf: Wie weit darf man gehen, um das Recht durchzusetzen und Sicherheit wiederherzustellen? Der Ermittler Lahnstein und seine persönlichen Probleme nehmen recht viel Raum ein. Einerseits fand ich das zum Teil redundant und unnötig, es hat die Spannung stellenweise herausgenommen. Andererseits trägt seine Hintergrundgeschichte zur Darstellung des Zeitgeistes entscheidend bei. Die Angst vor Strafen wegen (möglicher) Homosexualität, der Paragraph 175, schwingt immer mit. Dieses Milieu wird gut transportiert und auch, was die öffentliche Meinung hierzu war. Fazit: Insgesamt ein historischer Spannungsroman, der nicht nur den Serienmörder Fritz Haarmann, sondern auch den Zeitgeist der dunklen Seite der 20er Jahre mit politischen Unruhen und Armut auf interessante Art porträtiert. Der Schreibstil ist sicherlich speziell und gewöhnungsbedürftig.

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Hannover in den 1920er Jahren. Mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit verschwinden Jungen. Gerüchte gibt es genug und so versucht der Ermittler Robert Lahnstein den Fall Haarmann aufzuklären. Doch bisher konnte man Haarmann nichts nachweisen. Lahnstein stösst auf Schweigen bei seinen Polizeikollegen und der mutmaßliche Täter fühlt sich unantastbar. Dazu kommen politische Spannungen, denn man traut in der Bevölkerung der jungen Demokratie nicht. So muss sich Lahnstein von Anfang an mit viel zu vielen Problemen herumschlagen, die seine Ermittlungsarbeit nicht gerade beschleunigen... Dirk Kurbjuweits neuester Roman befasst sich mit einem spektakulären Kriminalfall aus den 1920er Jahren, dem Fall des Serienmörders Fritz Haarmann. Präzise und nüchtern schildert er die Ermittlungen von Robert Lahnstein, der von Anfang an mit Hindernissen und Rückschlägen bei seiner Polizeiarbeit zu kämpfen hat. Das politische Zeitgeschehen und die Stimmung im Land werden dabei gut mit der Aufklärung des Falles verknüpft. Diese "Zeit zwischen den Kriegen" wird sehr authentisch und atmosphärisch dicht beschrieben. Ich empfinde das Buch dadurch nicht als reinen Kriminalroman, sondern auch als einen Roman, der ein gutes Stück Zeitgeschichte vermittelt. Das hat mir sehr gut gefallen. Auch die persönlichen Erlebnisse von Robert Lahnstein werden ausführlich geschildert. Das war mir an manchen Stellen fast zu viel, ich wäre lieber weiter beim Katz- und Maus-Spiel mit Haarmann geblieben. Denn diese Passagen sind absolut fesselnd und spannend, weil sie so realistisch und auf den Punkt genau und teils auch richtig heftig geschildert werden. Speziell am Buch ist der Schreibstil des Autors. Klar, pointiert und genau schildert er die Ereignisse. Durch das Weglassen von Satzzeichen bei den Dialogen muss man sich konzentrieren, damit man das Gesprochene dem jeweiligen Protagonisten zuordnen kann. Diese Art muss man mögen. Das war zu Beginn für mich doch recht gewöhnungsbedürftig, aber je weiter ich gelesen hatte, desto mehr fand ich gerade diese fehlende Abgrenzung zum Fließtext gut. Es passt zu den komplizierten Ermittlungen, finde ich. Insgesamt habe ich "Haarmann", gerne gelesen. Die Zeit in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts fand ich schon immer interessant und so hat mir dieser Kriminalroman unterhaltsame Lesestunden beschert.

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An der Leine

Von: wal.li

20.03.2020

In den 1920er Jahren verschwinden in Hannover junge Männer. Kommissar Robert Lahnstein kommt aus Bochum nach Hannover, um die Ermittlungen zu übernehmen. Sein Kollege Müller ist nicht sehr erfreut. Er steht politisch auf einem anderen Standpunkt als der Demokrat Lahnstein. Die Untersuchung gestaltet sich schwierig. Immer wieder werden junge Männer von ihren Eltern als vermisst gemeldet. Kommissar Lahnstein ist von seinen Erlebnissen im ersten Weltkrieg gezeichnet. Als Flieger hat er seiner Meinung nach nicht genug Abschüsse erzielt, was ihn dazu verleitet hat, in Erzählungen zu übertreiben. Außerdem werden seine Nächte von den Gedanken an seine Familie beherrscht. Im groben bekannt dürfte die Geschichte des Serienmörders Fritz Haarmann einem größeren Publikum seit dem Film „Der Totmacher“ sein. Dennoch ist das vorliegende Buch eine interessante Art, sich die Geschichte dieses sehr gestörten Täters in Erinnerung zu rufen. Lahnstein und sein Kollege Müller, der fast wie ein Gegenspieler wirkt, die politische Grundstimmung in den 1920ern, die auch einen Einfluss auf die Ermittlungen hat, das Milieu, in dem die Verbrechen angesiedelt sind. Etliche Spuren, selbst Informationen über die Vermissten scheinen nirgendwo hin zu führen. Und der Leiter der Ermittlungen hat mitunter genug mit seinen eigenen Problemen zu tun. Dennoch berührt ihn das Schicksal der verschwundenen Jungen und er gibt sein Bestes, um den Täter zu finden. Mit einer gelungenen Mischung aus Fiktion und Fakten vermag der Autor ein authentisches Bild über Leben und Stimmung in den 1920ern zu zeichnen. Logischerweise nutzt er dabei Quellen, die sich aus den originalen Aufzeichnungen speisen. Dennoch schafft es Dirk Kurbjuweit dem Thema einen eigenen Ton zu geben. Sein in Teilen unsicherer Ermittler, der jedoch mit aller Hartnäckigkeit ermittelt. Das politische Gefüge, das ahnen lässt, wie schwer die Welt nach dem ersten Weltkrieg mitgenommen ist. Und auch Lahnsteins Stellung in seiner eigenen Behörde. Man meint eine düstere Bühne zu betreten, in der es kaum eine Lösung des Falles geben kann. Allzu lange gibt es kaum belastbare Hinweise. Mit seiner ganz eigenen Stimmung eröffnet der Roman einen neuen Blickwinkel auf einen bekannten Fall, auf einen Täter, der in seiner Grausamkeit wohl nie verstanden werden kann.

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Der Fall des Serienmörders Fritz Haarmann war mir vor Beginn des Buches im Großen und Ganzen bekannt. Allein deshalb ging ich mit gemischten Gefühlen an den Roman heran, da sich mir natürlich die Frage gestellt hat: Wie soll diese Geschichte spannend und unterhaltsam werden, wo doch von vornherein klar ist, was passieren wird und wie es enden wird? Meine Zweifel blieben glücklicherweise unbegründet! Viele verschiedene Aspekte haben dazu beigetragen, dass mich dieses Buch mehr und mehr begeistern konnte. Der Schreibstil und die Zeichensetzung sind sehr besonders und gewöhnungsbedürftig. Beispielsweise wurden in Dialogen keine Gänsefüßchen gesetzt. Deshalb tat ich mir zunächst schwer in einen Lesefluss zu kommen. Nach zwei Kapiteln fiel es mir dann aber zunehmend leichter meinen Platz im Buch zu finden. Sehr gut gefallen hat mir die Vielfältigkeit der Perspektiven verschiedener Personen und verschiedener Zeitpunkte, die immer wieder spannend und schlüssig zu einem Großen Ganzen zusammengeführt wurden. Neben dem Fall Haarmann gab es so viele inhaltliche Themen die mich begeistern konnten. Die politische Situation der Weimarer Republik wurde sinnvoll und interessant in die Handlung eingewoben, was für mich besonders interessant war, da ich über die 20er zuvor nicht viel wusste. Was mich aber am meisten begeistert hat: Die verschiedenen Denkweisen innerhalb der Gesellschaft wurden authentisch beschrieben. Oftmals haben mich solche Textpassagen zum Nachdenken angeregt. Ein treffendes Beispiel ist die Relativierung von Todesfällen im Krieg zu allgemein gegenwärtigeren Todesursachen wie Krebs. Insgesamt wirken alle Handlungsstränge sehr realitätsgetreu und gut recherchiert. Ich habe sehr viel gelernt! Ich kann mir kaum vorstellen wie viel Arbeit in dieses Buch gesteckt wurde. Der Roman ist keine seichte Lektüre die man locker mal eben liest. Aber ich kann jedem der Freude daran hat sich weiterzubilden und sich zum Nachdenken anregen zu lassen ohne ein langweiliges Sachbuch zu lesen, nur empfehlen. Ein tolles Buch das mich positiv überrascht hat. Daher 4 von möglichen 5 Sternen.

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Die Hauptrolle im Buch „Haarmann“ von Dirk Kurbjuweit spielt Kommissar Robert Lahnstein, der im Hannover der 1920er Jahre einem mysteriösen Kriminalfall nachgehen muss. Es verschwinden immer wieder Jungen, die von ihren verzweifelten Eltern als vermisst gemeldet werden. Zunächst hat Kommissar Lahnstein kaum Anhaltspunkte wohin die Jungen verschwunden sein könnten und wer hinter ihrem Verschwinden steckt. Seine Ermittlungen werden erschwert durch Manipulationen aus den eigenen Reihen und die Machtspiele verschiedener politischer Gruppierungen nach dem ersten Weltkrieg. Eines Tages jedoch erhält er entscheidende Hinweise, die seine Ermittlungen weiterführen. „Haarmann“ ist ein besonderes Buch. Der Autor schafft mit seinem sehr gewöhnungsbedürftigen, Schreibstil eine sehr dichte und teilweise beklemmende Atmosphäre. Er verwendet viele kurze Sätze, was zu Beginn den Lesefluss leicht erschwert. Außerdem verwendet er keine Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede, sodass es zum Teil schwer fällt zu unterscheiden welche Person gerade redet. An diese Eigenarten habe ich mich beim Lesen jedoch gewöhnt und habe bemerkt, dass gerade dieser Schreibstil dazu führt, dass die Nachkriegswelt in Hannover und die politische Zerrissenheit des Landes real und für den Leser nachvollziehbar wird. Die Passagen mit Rückblenden in das eigene Leben des Kommissar Lahnsteins habe ich teilweise als etwas zäh empfunden. Hier wäre an der ein oder anderen Stelle weniger mehr gewesen. Ganz kann jedoch nicht darauf verzichtet werden, weil die Geschichten aus dem Leben des Kommissars wichtig sind um ihn als Person und auch seine Handlungen zu verstehen. Für mich war dies ein außergewöhnliches Buch, welches bei mir ein bisschen Zeit brauchte, um mich letztendlich doch zu faszinieren. Es handelt sich nicht um eine reine (wahre) Kriminalgeschichte, sondern vor Allem auch um ein Zeitbild. Somit ist dieses Buch für Leser geeignet, die nicht nur an einem reinen Krimi interessiert sind, sondern auch an der Geschichte der 1920er Jahre in Deutschland.

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