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Rezensionen zu
On The Come Up

Angie Thomas

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Es gibt einfach Bücher im Leben, die nehmen dich von der ersten Zeile an, mit auf eine Reise die so wahnsinnig wichtig ist und die die Macht haben etwas zu verändern. Ein solches Buch ist “On the Come Up” von Angie Thomas. Es ist einfach ein Lebensgefühl, es ist echt , berührend und aufrüttelnd. Für mich ist es das erste Buch der Autorin und nach den ersten Seiten hat sie mich bereits von ihrem Können überzeugt. Dabei geht es nicht nur um die Geschichte selbst, die sie uns hier präsentiert. Es geht vor allem um die Message darin. Um Menschlichkeit, den eigenen Wert zu erkennen und auch zu akzeptieren. Aber natürlich ist auch die Geschichte wichtig. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, weil es mich so begeistert und überrollt hat. Angie Thomas hat einfach eine unheimlich tolle Art zu schreiben. Voller Einfühlsamkeit und Emotionalität. Aber sie zeigt auch ordentlich Biss. Und dabei lässt es sich auch noch leicht und locker lesen. Die Bilder schossen mir nur so durch den Kopf. Ich habe es inhaliert, ich konnte nicht anders. Es steckte so voller Leben und Fülle , das es mich einfach gepackt und mitgerissen hat. Hierbei geht es vor allem um die 16jährige Brianna. Dabei erfahren wir hier auch die Perspektive von ihr. Ein junges Mädchen das ich sofort ins Herz geschlossen habe. Sie hat mich einfach so sehr berührt mit ihrer Geschichte. Sie hat mich zum lachen, lieben und weinen gebracht. Brianna ist tough und weiß sich durchzubeißen. Aber sie ist auch sehr empfindsam und sanft. Ein Mädchen voller Träume und Wünsche. Aber was wenn die Realität und das Umfeld, diese Träume mit Füßen tritt und komplett auslöscht? Was bleibt diesem Mädchen , das ein ums andere Mal kämpft dann noch? Angie Thomas zeigt uns hier nicht nur eine sehr talentierte junge Rapperin mit dunkler Hautfarbe. Sie zeigt uns Missstände, Diskriminierung und Rassenunterschiede. Etwas was so nicht sein sollte und doch ist es so. Sie zeigt klar und ungeschönt was es heißt in Briannas Haut zu stecken und ihr Leben zu leben. Die Brisanz dahinter. Sollten wir nicht in einer Welt leben, in der man keine Unterschiede mehr macht? Es gab einige Aspekte wo genau das sehr gut zur Geltung kam. Man empfindet Wut , Fassungslosigkeit und einfach Scham. Brianna ging mir unheimlich nahe. Man kann es nicht nicht an sich heranlassen. So funktioniert das einfach nicht. All diese Ungerechtigkeit, das Leid und die Ängste die jeden verdammten Tag ausgestanden werden, treffen einfach mitten ins Herz. Es hat mir wirklich Tränen in die Augen getrieben. Vor Wut, vor Angst, vor Rührung und auch vor Glück und Hoffnung. Diese Geschichte gibt einfach so unheimlich viel, das es kaum in Worte zu fassen ist. Dabei werden die Hintergründe und auch die Charaktere sehr detailliert durchleuchtet. Etwas, was es noch greifbarer, noch intensiver machte. Es zeigte “wach auf und sieh hin” und deshalb empfinde ich dieses Werk auch so wichtig. Wieviel sehen wir tatsächlich jeden Tag? Es gibt so viele Fassaden und Schein, das man nicht weiß, was wirklich da ist und was nicht. Die Vergangenheit ebnet unseren Weg und egal ob wir es wollen oder nicht, sie ist ein Teil von uns und macht uns zu dem was wir sind. Diese Geschichte zeigt auf, was es anrichten kann. Wie Unschuld und Leben zerstört werden können. Aber es ist nicht alles dunkel und von Tragik gezeichnet. Es gab auch Momente des Glücks und der Hoffnung. Ich habe es so geliebt Brianna strahlen zu sehen. Ich habe es genossen, wie sie sich immer mehr weiterentwickelt hat. Sie hat es nicht leicht und muss mit einigen Dingen kämpfen. Aber sie umschifft es und findet immer einen Ausweg. Für sich, die Menschen die sie liebt und ihren Traum. Besonders authentisch wirkte auf mich auch die Umgangssprache die hier benutzt wurde. Ich hab es zwar sehr gut verstanden, aber hinten im Buch findet man noch einmal ein Glossar wo man alles nachschlagen kann. Besonders beeindruckt haben mich auch Jay, Aunt Pooh und Trey. Diese Geschichte lebt einfach von den authentischen Charakteren, die mit reichlich Ecken und Kanten versehen sind. Hat es mich bewegt? Absolut. Ich habe so sehr mitgefiebert und gezittert mit diesem Mädchen , das sich langsam aus ihrem Kokon schälte und die Welt sah, wie sie wirklich ist. Ich war stolz auf sie, hab sie bejubelt und ja, es ist etwas fürs Herz und die Augen. Ein Roman der für mich die unterschiedlichsten Dinge aufzeigt und dabei noch mit einigen Wendungen punkten konnte. Ein wenig Kitsch ist natürlich trotzdem dabei. Aber manchmal gehört es einfach dazu. Ein Roman der wichtig ist, schockiert und sich dabei so verdammt richtig und gut anfühlt. Fazit: Mit “On the Come Up “ hat Angie Thomas etwas sehr großartiges geschaffen. Ein Werk das vielleicht nicht mit Tempo glänzt , dafür aber mit Authentizität und wirklich wichtigen Themen. Es rüttelt auf und zeigt deutlich auf, was alles im Argen liegt. Ein enorm wichtiges Werk, das mich enorm begeistert und mitgerissen hat. Es hat mich schockiert , berührt und auch zum weinen gebracht. Aber wisst ihr was? Angie Thomas punktet nicht nur mit Brisanz. Sie bringt auch zum lachen und glücklich sein. Man empfindet Stolz und ja, es fühlt sich einfach so verdammt richtig und gut an. Für mich ein absolutes Highlight.

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Cover, Haptik, Playlist & Co. Das Cover ist aus dem Amerikanischen übernommen worden und passt sehr gut zum Titel. Unterhalb des Umschlages ist der Einband schwarz und der Vorsatz rot; vorne im Umschlag ist nochmal ein ausführlicherer Klappentext und hinten eine kurze Autorenbiografie abgedruckt. Das Papier ist wie bei dem ersten Roman der Autorin angenehm dick und riecht gut. Hinten im Buch ist noch ein Glossar mit den Erläuterungen des Slangs zu finden. Kurze Zusammenfassung des Anfanges (Spoiler!) Bri ist die Tochter der auf der Straße von einem feindlichen Clan getöteten Rappers Law. Ihr größter Traum ist es, selbst als Rapperin bekannt zu werden und in den Battlering zu steigen. Dafür vernachlässigt sie allerdings auch ihre Noten. Als endlich der erlösende Anruf von einem bekannten DJ kommt - sie darf ihr erstes Battle ausführen - freut sie sich zusammen mit ihrer Tante Pooh. Briannas erster Gegner ist niemand geringeres als der Sohn von Supreme, ehemals der Manager von Law. Nach dem ersten missglückten Versuch zieht Bri Miles richtig ab und gewinnt das Battle. Von da an scheinen ihre Mitschüler sie endlich mal wahrzunehmen. Allerdings tun das auch die Wachleute an ihrer Schule, die ohne einen Grund zu haben, Bri einfach brutalst auf den Boden festzuhalten, weil sie nicht darauf hören will, was die Wachleute ohne Grund anweisen. Als könnte der Tag nicht noch mieser werden, erfährt sie nach ihrer Suspendierung wegen heimlichem Süßigkeitenverkaufs, dass ihre Mom ihren Job verloren hat. Dabei ist das Haus schon kalt, weil Jay und Trey die Gasrechnungen nicht zahlen können! Das einzig positive in der Woche ist die Tatsache, dass Pooh einen Termin in einem Aufnahmestudio vereinbaren konnte. Dort lässt Bri ihren ganzen Frust über die Brutalität der Wachen und die Kündigung von Jay an einem neuen Rap aus: On the come up. Als sie ihn das erste Mal ihren Schulkameraden im Bus vorspielt, sind fast alle restlos begeistert. Selbst Supreme möchte ihr Manager sein. Doch nicht jeder ist von dem Song begeistert - ganz besonders nicht die Weißen, die Gang die Law umgebracht hat und die Nachrichten... Das Wichtigste: Schreibstil, Plot und Charaktere Das Buch ist in drei Teile gegliedert und hat mittellange Kapitel, die allesamt aus der Ich-Perspektive von Bri geschrieben sind. Überraschenderweise muss ich gestehen, dass ich Angie Thomas' Schreibstil hier besser fand als in The Hate U Give. Bei mir kam diesmal wirklich viel von Emotionen an: Frustration, Angst, Liebe, Hass und Wut. Der Schreibstil ist sehr jugendlich und direkt, es wird auch viel Slang, der zum Glück beim Englischen belassen wurde, verwendet. Zum Slang findet man aber wie schon erwähnt hinten im Buch ein Glossar. Was ich noch einmal hier anmerken möchte, ist, dass alle Songtexte - HALLELUJA - im Englischen belassen wurden und nicht übersetzt wurden. Ein Hoch auf die Übersetzerin! Was ich auch ganz toll fand, waren die unterschwelligen Anspielungen auf Harry Potter und Star Wars. Wer mich gut kennt, weiß, dass so ein Buch dann mindestens 4 Traumfänger von mir verdient hat (es sei denn, dass Buch heißt "Ein wirklich erstaunliches Ding. Sorry.). Ganz besonders Bris starke Entwicklung hat es mir in diesem Roman angetan. Sie ist eigentlich sehr stur und impulsiv, aber auch kreativ und mitfühlend. Sie findet sich im Laufe des Romans selbst und macht viele Stadien der Persönlichkeitsentwicklung durch, wobei ihre besten Freunde Sonny und Malik, in den sie verliebt ist, aber auch ihre Familie mit ihrem Bruder Trey und ihrer ehemals drogensüchtigen Mutter Jay sie aber auch viel unterstützt haben. In diesem Roman ist mir nämlich besonders aufgefallen, dass Angie Thomas da viel auf Familiäre Unterstützung, aber auch Probleme setzt. Es gibt zum einen eine Mutter, die mal drogensüchtig war, zum anderen eine Tante, die nach dem Tod ihres Schwagers vom rechten Weg abgekommen ist und zum anderen den Bruder, der studiert hat, aber lieber arbeitet um Jay zu unterstützen, anstatt seinen Master zu machen. Auch auf die Freundschaft in diesem Buch ist Verlass: Die "unheilige Dreieinigkeit" war mir sehr sympathisch und vor allem mit ihren gelegentlichen Uneinigkeiten authentisch. Kommen wir aber nun zur Aussage des Buches. Momentan bin ich aufgrund unserer Schullektüre "Dear Martin" sehr in dem Thema Rassismus drin. Die Autorin zeigt hier in dem Buch, wie ein Leben in einem verarmten und von Gangs besetzten Viertel in Amerika ist. Kleinigkeiten wie zusätzliche Sicherheitskontrollen oder schräge Blicke, bloß weil man ein Schwarzer ist, sind heutzutage leider immer noch selbstverständlich, was Angie Thomas an Bris Beispiel zeigt. Gangs kämpfen brutal um ihre Territorien und schrecken dabei nicht vor Toten zurück. Bemerkungen bezuglich der Bürgerrechtsbewegung angesichts Martin Luther King, Malcolm X. usw. werden hier auch erwähnt; dafr benötigt man aber nicht sooo viel Vorwissen. Im Gegensatz zu The Hat U Give geht es hier weniger um Polizeigewalt sondern um die Vorurteile und Rassismus im Allgemeinen. Es kommt schließlich nicht von irgendwo her, dass Schwarze in Amerika schlechtere Jobs, weniger Gehalt und weniger Perspektiven haben als Weiße. Was ich zuletzt noch anmerken möchte, ist, dass ich mich überraschend gut mit dem Thema Rap identifizieren konnte. Eigentlich ist es gar nicht mein Musikstil, aber wenn man sich mal die Texte von Bris Song durchliest, kann ich nur Staunen, was für Wortspiele und politische Bemerkungen die Autorin da in die Songs eingebaut hat. Dieser "Gangsta-Rap" wird in diesem Buch viel näher beleuchtet, die Hintergründe rund um die Klischees erklärt, so dass man gar nicht anders kann, als sich mit den Songtexten zu identifizieren. Angie Thomas stellt diese Welt wirklich sehr realitätsnah da, und zeigt mit der rappenden Bri eine Person, mit der sich Jugendliche identifizieren können, aber auch eine Person, die sagt, sich nicht aufhalten zu lassen und etwas gegen Unrecht zu tun, Nein zu Rassismus zu sagen. Fazit Angie Thomas' neuer Geniestreich ist mal wieder erschreckend authentisch mit ihrer Herangehensweise an das Thema Rassismus. Sie hat einen tollen Schreibstil und eine Identifikationsfigur mit der Aussage, NEIN zu Rassismus zu sagen, kreiert und beleuchtet in diesem Buchschmöker das Leben einer Schwarzen im Ghetto. Absolute Leseempfehlung! Zitat Tu, was immer die sagen, dass du tun sollst, hat sie gesagt. Lass sie nicht denken, du wärst eine Bedrohung. Im Grunde genommen soll ich mich schwächer machen und wegstecken, was immer man mir an den Kopf wirft, nur damit ich die Situation überlebe. Vielleicht spielt es gar keine Rolle, was ich tue. Ich werde doch immer die sein, für die solche Leute mich halten. - Bri auf Seite 80 -

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"You can´t stop me on the come up" Nachdem Angie Thomas 2017 mit ihrem Sozialthriller um die andauernde Polizeigewalt und den offenen Rassismus in den USA die Welt aufgerüttelt hat, musste ich natürlich ihren nächsten Roman "On The Come Up" auch lesen. Und auch wenn das ein wenig meine Sorge war, ist ihr neuer Roman keineswegs eine etwas veränderte Neuauflage von „The Hate U Give“ sondern erzählt eine ganz neue Geschichte über ein anderes Mädchen, mit anderem Unterton, anderer Message und anderem Schwerpunkt, erschafft dabei aber ein Ergebnis, das genauso wichtig, genauso schmerzhaft aufrichtig und berührend ist, wie ihr Debüt. Einfach nur WOW! "Was hat die Welt in letzter Zeit mit dir gemacht?" Sie hat meine Familie in eine extrem miese Lage gebracht. Sie hat meine Mom um ihren Job gebracht. Sie hat mich auf den Boden geschmissen. Sie hat mich hoodlum genannt. "Sie hat mir verdammt viel angetan.", sage ich. Da lehnt Doc sich lächelnd zurück. "Dann lass die Welt mal wissen, wie du dich fühlst." Das Cover ist schon Teil des wundervollen Kunstwerkes, das diese Geschichte darstellt. Gott-segne-den-cbj-Verlag - hat dieser sich nämlich entschieden, das Originalcover beizubehalten. Im Gegensatz zu "The Hate U Give", das uns strahlend weiß entgegenleuchtete und dessen Titel in schwarzer Schrift geschrieben war, ist hier der Hintergrund schwarz und der Titel prangt in großen, weißen Lettern neben dem Hauptmotiv. Wie das Design hier wieder mit den Kontrasten "Schwarz" und "Weiß" spielt, was natürlich einen passenden Bezug zur Handlung darstellt, ist auffallend hintersinnig. Bis auf den umgekehrten Kontrast lassen sich noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen "THUG" und "OTCU" feststellen: beide haben einen roten Buchrücken, der Autorentitel und weitere Highlights sind in eben dieser Farbe geschrieben und außer dem Comic-Mädchen ist das Bild leer. Auch hier trifft die Gestaltung des Mädchens meine Vorstellung von ihr ganz wunderbar. Die dunkelhäutige Silhouette trägt Timberland Boots, hat Braids (also permanent geflochtene Haare wie z.B. Cornrows), trägt einen Anglerhut, eine Armeehose, ein schwarzes Top, ein Mikrofon in der Hand und den Arm zur Siegespose erhoben - in zwei Worten: genau Bri. Auch der Titel passt wieder wie die Faust aufs Auge und der Untertitel fasst ebenfalls den Grundgedanken der Geschichte wunderbar zusammen. "There´s a beast that roams my streets, and he goes by the name of crack cocaine, it´s kinda strange how he gets in the veins and turn mothers into strangers who only share the same name" Auch innerhalb der Buchdeckel ist das Buch super konzipiert - sowohl vom Verlag als auch von der Autorin. In drei Teile - "Old School", "Golden Age" und "New School" - und 34 Kapitel geteilt ist die Geschichte übersichtlich formatiert und gebündelt lesbar. Außerdem sind die vielen wundervollen Rap-Texte, die in der Handlung vorkommen abgedruckt und zwar -Halleluja- in Originalsprache! Ich finde, es gibt nichts Anstrengenderes als wenn kunstvolle Wortgebilde, Lyrik oder Gedichte (und als Lyrik kann man diese Texte definitiv bezeichnen) schlecht ins Deutsche übersetzt werden. Manche amerikanische Ausdrücke und vor allem Slang kann man einfach nicht übersetzten ohne dass es total lächerlich klingt und deshalb danke ich der Übersetzerin Henriette Zeltner von Herzen dafür, dass sie es bei den Originalen belassen hat. So sind gewisse Grundkenntnisse der englischen Sprache zwar Voraussetzung für das Verstehen der Hiphop-Passagen, an vielen Stellen steht jedoch als Kompromiss sowohl die englische als auch die deutsche Version einer wichtigen Zeile da. "Unarmed and dangerous, but America, you made us, only time we famous, is when we die and you blame us." Was ebenfalls auffällt, ist dass Slang, Jugendsprache und wichtige Rap-Ausdrücke wie zum Beispiel "Battle", "Flow" oder "Shout-Out" ebenfalls in Originalsprache belassen wurden. Hasser von Anglizismen werden hier zwar nicht viel Spaß haben aber die restliche Leserschaft kann sich eines authentischen Leseerlebnisses erfreuen. Als kleine Hilfe stellt uns der Verlag wieder ein kurzes Glossar am Ende mit kurzen Erklängen der wichtigsten Slang-, Rap- und Insider-Begriffen zur Seite, sodass man schnell hinten spicken kann, wenn einem nicht ganz klar ist, was Bri mit "S´up?" will oder wer denn "Lil´ Kim" ist, über die alle reden. In Anbetracht dieser vielen Pluspunkte ist es nur ein sehr kleiner Wermutstropfen, dass sich leider viele Tippfehler finden lassen. Erster Satz: "Vielleicht muss ich heute Abend noch jemand killen." So beginnt Angie Thomas ihren zweiten Roman, der jedoch keineswegs gleich auf der ersten Seite von einem Mord spricht - nein, es geht hier um den großen Traum unserer Protagonistin Bri, ein Rap-Battle im Ring zu gewinnen und als Hip-Hop-Star groß rauszukommen - den Traum zu verwirklichen, den ihr Vater alias der große Rapper Lawless, fast zu erreichen geschafft hätte, wenn er nicht erschossen worden wäre. Bri hat definitiv Talent im Rappen, doch auch als sie sich im Ring beweist und ihren Battle-Gegner Milez tatsächlich "killt", stehen ihre Chancen auf den großen Durchbruch eher schlecht. Zuhause wartet ein leerer Kühlschrank auf sie, im Briefkasten stapeln sich unbezahlte Rechnungen, ständig wird Strom oder Gas abgestellt und es droht der Rausschmiss aus der Wohnung. Denn obwohl ihr großer Bruder Trey einen Studienabschluss mit Auszeichnungen hat und ihre Mutter Jay rund um die Uhr arbeitet, reicht es nicht aus um über die Runden zu kommen. Der Grund ist: kommen aus Garden Heights, einem Ghetto-ähnlichen Stadtteil, der durch Gang-Gewalt und Drogenhandel ebenso bestimmt wird wie durch die florierende Hiphop-Szene. Und dieser Fakt gepaart mit der Farbe ihrer Haut (schwarz) reicht aus, dass Trey nur in einer Pizzeria arbeiten kann und Jay als ehemalig Drogenabhängige keinen Job mehr findet, als sie gekündigt wird. Bri soll sich also unbedingt auf die Schule konzentrieren und "etwas aus ihrem Leben machen" doch alles was sie will, ist rappen, damit ihrer Familie helfen und endlich nicht mehr unsichtbar sein. Und als sie alle Wut und Frustration in einem Song katalysiert wird sie tatsächlich über nach berühmt - doch schnell wünscht sie sich, wieder unsichtbar zu sein, denn sie gerät durch ein paar wütende Zeilen mitten in einen Streit, der zu eskalieren droht, mitten in die Fronten zwischen zwei wütende Gangs während sie in den Medien gleichzeitig als talentiert Newcomerin gefeiert und als gewaltbereite Anstifterin verschrien wird - und sie muss sich entscheiden, wer sie sein will und ob sie ihr "Come-Up" wirklich zu jedem Preis durchziehen will... "Verdammt, all das, wovon ich geträumt habe, könnte wahr werden. Ich könnte es als Rapperin schaffen. Das ist nicht nur irgendein wildes Produkt meiner Fantasie. Das ist... möglich." Mit Bris Leben in Garden Heights illustriert Angie Thomas leider die aktuelle Situation vieler Randgruppen und der dunkelhäutigen Bevölkerung in Amerika und erzählt eine authentische und erschreckende Geschichte über das Leben in verarmten Vierteln, Vorurteile, unterschwelligen Rassismus und offen ausgesprochenen Hass. Alltäglicher Rassismus wie skeptische Blicke des Verkäufers in einem Laden, doppelte Kontrollen durch Sicherheitsbeamte und abfällige Bemerkungen werden dabei genauso schmerzhaft ehrlich dargestellt wie die Gang-Gewalt, die ständige Bedrohung durch Waffen, der Handel mit Drogen, die hohe Arbeitslosigkeit und Verschuldung, die das Leben in der "Hood" kennzeichnen. Gerade auch diese unfassbare Armut und Perspektivlosigkeit der "Ghetto"-Bewohner geht ans Herz und zerfetzt die Idee des "Amerikanischen Traums" in der Luft. Durch Anspielungen auf Martin Luther King, die Bürgerrechtsbewegung, Malcolm X oder die Black Panther Party geht sie nebenbei auch auf den historischen Kontext ein, wobei nur wenig Hintergrundwissen erwartet wird und viele Erklärungen dem unwissenden Leser unter die Arme greifen. Auch Polizeigewalt und Willkür spielen hier wie in "The Hate U Give" eine Rolle, hier aber nur am Rande. So wird am Ende wohl jedem Leser eindrücklich klar, dass es auch nach 8 Jahre Obama-Präsidentschaft (und unter Trump nun sowieso) bittere Realität ist, dass dunkelhäutige Menschen in Amerika immer noch diskriminiert werden, im Durchschnitt ärmer sind, schlechtere Jobs, einen schwereren Zugang zu Bildung und dafür mehr Probleme mit Polizeigewalt haben. "Jay seufzt. "Manchmal gelten für Schwarze andere Regeln, Baby", sagt sie. "Verdammt, manchmal spielen die Dame während wir in einer scheißkomplizierten Schachpartie stecken. Das ist eine beschissene Tatsache, aber es ist eine Tatsache." Diese brutal ehrliche und ans Herz gehend konzipierte Gesellschaftskritik ist jedoch nicht Mittelpunkt des Romans und wird auch nicht mit Holzhammer-Methode in den Leser eingeprügelt. Im absoluten Fokus steht hier unsere Protagonistin Bri - ihre Träume, ihr Handeln, ihre Gefühle und ihr Instrument um die Stimme zu erheben: Hiphop. Eigentlich kann ich mit dieser Stilrichtung nicht besonders viel anfangen, da ich Gangster Rap immer als ziemlich lächerlich empfunden habe. Hier geht es jedoch um genau das: die Illusionen in der Szene, die Klischees um Drogen, Waffen und Gewalt, die aber eigentlich nichts anderes sind als ein wütender Hilfeschrei. Auch wenn die Musik einfach nicht meins ist, kann ich jetzt viel besser nachvollziehen, wie viel gerade diese Stilrichtung bewegen kann und dass es sich oft lohnt genauer hinzuhören. "Dieser Kerl wird mit ein paar Lines dein Leben verändern." So war es. Seit Nas mir erklärt hat, die Welt gehöre mir, war nichts mehr so wie vorher. Nach diesem Gefühl bin ich süchtig. Es ist der Grund, warum ich rappe." Um das Feeling zu bekommen, das Bri beschreibt, habe ich mir vor dem Lesen einige ihrer Top 5 Rapper mal angehört, was ich wirklich jedem Leser empfehlen kann, der noch nicht viel mit Rap zu tun hatte. Bris abgedruckte Freestyle-Raps und vor allem ihr Song "On The Come Up" sind kleine Kunstwerke mit Wortspielen, Reimen und viel spitzer Kritik, die die Geschichte unglaublich reicher machen und mit dem richtigen Beat im Ohr kann man gut nachvollziehen, was die ganze Welt so faszinierend an Hiphop findet. Doch es geht nicht nur um die Musik, en Rhythmus, die Message an sich sondern auch das ganze Milieu darum. Angie Thomas, die als Jugendliche selbst gerappt hat, lässt genügend Realität und eigene Erfahrungen aus der Hip-Hop-Szene miteinfließen, sodass die Rap-Welt authentisch scheint und beim Leser die Emotionen ankommen, die sie vermitteln will. "Manchmal träume ich, dass ich ertrinke. In einem großen blauen Ozean, der so tief ist, dass ich den Grund nicht sehe. Aber ich sage mir, dass ich nicht sterben werde, egal wie viel Wasser in meine Lungen dringt oder wie tief ich auch sinke. Ich werde nicht sterben, einfach weil ich das sage. Plötzlich kann ich unter Wasser atmen. (…) Aber jetzt bin ich wach und dabei, zu ertrinken. Und ich habe keine Ahnung, wie ich auch nur irgendwas in den Griff kriegen soll." Und da kam bei mir wirklich einiges an Emotionen an. Bris Schicksal und ihrem Kampf gegen die Ungerechtigkeit wohnt so viel Kraft, Leidenschaft, Ehrlichkeit, Authentizität, Schmerz und Angst inne, aber vor allem ist da sehr viel Wut und Enttäuschung, die direkt unter die Haut geht und einen nicht mehr loslässt. Dafür sorgt auch der jugendliche, direkte Schreibstil der Autorin, dem es mit erschreckend klaren Worten gelingt, dem Leser ein beängstigend eindrückliches Bild von der ganzen Situation zu vermitteln. Es ist wirklich erstaunlich, wie spielend leicht Angie Thomas es schafft, ein mir total fremdes Milieu sowie Probleme und Ängste, die absolut gar nicht meiner eigenen Realität entsprechen an mich heranzutragen, sodass ich erschüttert da sitze und unbedingt etwas tun will! Das kreiert eine eher bedrückende Atmosphäre und unterschwellige Spannung, doch so ernst, brutal und bewegend die Geschichte meist ist, wird sie dennoch auch immer wieder von Szenen unterbrochen, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Immer wieder scheint ein Hauch Humor durch Anspielungen auf "Nerd-Shit" wie "Black Panter" und der Wakanda-Gruß, Star Trek, Star Wars, Harry Potter und Mario Cart durch und man braucht nicht besonders genau hinzuschauen um zwischen all der Frustration und Wut mindestens genauso viel Kreativität, Liebe, Hoffnung und Wille, etwas zu verändern, zu finden. "Du und dein Bruder, ihr seid mein wichtigster Traum. Der andere kann warten, bis ich weiß, dass es euch gut geht. So was machen Eltern manchmal." "Du solltest das nicht müssen", wiederhole ich. "Aber ich will es." Das macht es noch schwerer. Wenn sie es tun müsste, wäre das Verantwortung. Wenn sie es will, ist es Liebe." Denn neben der spitzen Kritik und dem Hiphop gibt es noch ein anderes Standbein, auf dem die Geschichte fußt und das ist der Zusammenhalt zwischen Familie und Freunden. Wir werden nicht nur mit Rassismus und Ungerechtigkeit konfrontiert - das ist auch eine Geschichte über Mütter, die sich für ihre Kinder zurück ins Leben kämpfen, Geschwister, die füreinander alles aufgeben würden, Großeltern, die mit allen Mitteln ihre Enkel beschützen wollen und dabei auch mal übers Ziel hinausschießen, Tanten, die in ihrer Anstrengung leicht vom richtigen Weg abgekommen sind und schwer wieder darauf zurückfinden und Freunde (die "Unheilige Dreieinigkeit"), die sich zwar immer wieder streiten, sich jedoch auch jedes Mal zusammenraufen und sich blind verstehen. "Es ist noch nicht lange her, dass meine Mom mich gefragt hat, wer ich bin. Langsam glaube ich, es zu wissen. (…) Wenn ich sonst nichts bin, bin ich wie meine Familie und sie wie ich. Das ist mehr als genug." Mitten in all dem Durcheinander aus Hoffnung, Enttäuschung, Liebe und Hass steht die junge Bri, deren Entwicklung wundervoll mit anzusehen ist. Sie sucht sich selbst, rätselt, wer sie sein will, was sie zu sagen hat und auch wenn sie sich zwischendurch oft verläuft, findet sie den richtigen Weg. Mit ihrer starrköpfigen, selbstbewussten, impulsiven Art fährt sie sich das ein oder andere Problem ein, ihre Kreativität, Ehrlichkeit, Loyalität, ihrem Mitgefühl und ihrem ungezügelten Temperament ist sie mir jedoch sehr schnell ans Herz gewachsen. Sie wächst zur Identifikationsfigur für etliche Jugendliche heran und dient gleichzeitig dazu, eine wichtige Botschaft zu übermitteln, welche am Ende in der Danksagung der Autorin nochmal in Worte gefasst wird: "They can´t stop you, so get your come up". Angie Thomas ruft durch Bri dazu auf, unsere Träume zu verfolgen, sich nicht aufhalten zu lassen, Unrecht anzusprechen und brüllt der Welt ein ganz klares "NEIN" zu Rassismus entgegen! Aufgrund der vielen wichtigen Themen, die angesprochen werden, der starken Identifikationsfigur und der wundervollen Message denke ich, dass man diese Geschichte wunderbar als Schullektüre nutzen könnte um das Thema "Race Relations" zu behandeln - mich hat es auf jeden Fall tief bewegt, dazu gebracht, etliche Notizen zu machen und viele Zitate herauszuschreiben, zu recherchieren, mir Rapsongs herauszusuchen und es zum bisherigen Favorit des Jahres 2019 zu küren. "You´ll never silence me and you´ll never kill my dream, just recognize when you say brilliant that you´re also saying Bri." Fazit: Eine erschreckende, authentische, berührende und wichtige Geschichte über die bittere Realität von Armut, Vorurteilen, Rassismus und Gewalt in der es neben schmerzhaft aufrichtiger Gesellschaftskritik jedoch auch um Hiphop als Instrument um die Stimme zu erheben und den Zusammenhalt zwischen Familie und Freunden geht. Überquellende Emotionen, die direkt unter die Haut gehen, eine starke Identifikationsfigur und eine wundervolle Message machen die Geschichte zu einem absoluten Must-Read. Unglaublich viel Wut und Enttäuschung aber mindestens genauso viel Kreativität, Liebe, Hoffnung und der Wille, etwas zu verändern - ein Roman, der genau den Nerv der Zeit trifft!

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