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Rezension zu
Über Menschen

Zeh drückt den Finger in unsere Gesellschaftliche Wunde

Von: Pseudokultiviert
12.05.2023

Dora hat genug von Berlin, der Wokeness und ihren Freund. Sie kauft sich während Corona ein Haus im ländlichen Bracken und hofft ihr Glück auf dem Land zu finden. Was sie aber zunächst findet ist ihr Nachbar Gote, selbsternannter Dorf-Nazi. Aber auch die anderen Dorfbewohner sparen nicht mit latent rassistischen und AfD-mäßigen „die da oben“ Bemerkungen. Über Menschen polarisiert. Ich weiß noch wie das Buch hier diskutiert wurde. Denn während man dieses Buch liest, muss man sich vom schwarz-weiß denken verabschieden. Der hilfsbereite, Horst-Wessel-Lied singende Nazi-Nachbar, der homosexuelle AfD-Wähler… Juli Zeh weiß (mal wieder) wie sie die Wunde der Gesellschaft trifft. Und genau damit hadert auch Dora. Vor allem bzgl Gote: je mehr sie über ihn erfährt desto mehr fragt sie sich, ob sie ihn mögen kann/darf oder geschweige denn helfen. Und als Leser:in hadert man mit Dora. Ich weiß noch wie Zeh vorgeworfen wurde mit diesem Buch Neonazis zu verharmlosen. Denn man fragt sich irgendwie ob man Gote nun sympathisch finden soll? Ist der Mensch mehr als die politische Einstellung? Und ist die politische Einstellung überhaupt mehr als ein „Dagegensein“? Denn Dora wird mit plötzlich mit dörflichen Problemen konfrontiert und kann nun die ein oder andere (Anti-)Haltung nachvollziehen. Über Menschen will sicher nicht Rechte verharmlosen. Aber beleuchtet eben auch die menschliche Seite von („Pseudo“-)Rechten, die man diesen in der eigenen Bubble gerne abspricht. Denn klar, auch der Neo-Nazi kann zu Menschen (die in seine Ideologie passen) nett sein. Interessant ist hier wie Dora selbst nicht weiß wie sie damit umgehen soll und wie es sich entwickelt. Dass hier aber jede:r anders handeln und denken würde: klar. Je nach der eigenen (konsequenten) politischen Haltung variiert dieses extrem. „Es geht nicht darum, Widersprüche aufzulösen“, sagt Steffen, „sondern sie auszuhalten.“ (S. 162) Das Buch ist definitiv eine durchgehende Gratwanderung, stößt (bei manchen ggf sauer) auf und regt zum Denken an.

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