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Rezension zu
Alles wird gut

Durchaus am Puls der weiblichen Mittfünfziger - Zeit, aber weniger ist psychologisch manchmal mehr

Von: Literarischunterwegs
24.08.2021

Hält man das Buch in Händen, besticht es zunächst durch sein liebevoll gestaltetes Cover, welches auf mich harmonisch, ruhig und friedvoll wirkt. Farblich dezent, ruhig, verspielt und romantisch. Der Beginn der Geschichte sowie die Thematik stehen allerdings, wie man sehr schnell bereits mit den ersten Zeilen des Buches erkennen muss, diametral zu den Gefühlsentwicklungen beim Anblick des Covers. Elin ist Mitte 50, Allgemeinärztin und zieht Bilanz, Bilanz über ihr bisheriges Leben, ihre Beziehungen und Entscheidungen: Hätte man in der Vergangenheit eventuell besser eine andere Abzweigung genommen? Im Grunde ein Klassiker im Denkschema der meisten Mittfünfziger: Das Leben wird zu Beginn der noch verbleibenden Lebensphase gründlich auf den Prüfstand gestellt. Genau das tut Elin in klassischer, fast schon klischeebildender Weise. Einzig der Unterschied, dass im klassischen Klischee die Männer diejenigen sind, die ausbrechen. Dieser Mann lässt im Buch jedoch auch nicht lange auf sich warten. Elin zieht in ihre Praxisräume und lässt uns als Leser fortan an ihren Gedanken, Erinnerungen, Ängsten, Sorgen Hoffnungen, Nöten und Schwächen sehr bildlich teilhaben. Einziger Verbündeter, der ihr in dieser Zeit treu zur Seite steht, ist Tore, das sich in den Praxisräumen befindliche Skelett, welches je nach Thematik die Rolle ihres Gewissens oder ihres Egos übernimmt. Nina Lykkes Plotaufbau ist so unkonventionell wie ihre Sprache direkt und ehrlich ist. Sie bringt Elins Lebensthemen in geschickter Weise in Bezug zu den jeweiligen Patiententypen, die den Weg in ihre Praxis finden. Alle Patienten stehen sinnbildlich für eine Thematik, mit der sich die Protagonistin retrospektiv beschäftigt. Zur Sprache kommt dabei alles: das Älterwerden, die Familie, das eigene Seelenheil, die Beziehungen innerhalb des Lebens, die eigene Weiblichkeit, der Sex, das berufliche Einerlei und sogar das mittlerweile obligatorische innere Kind kommt indirekt ebenfalls zur Sprache. Wer Bücher mag, die davon leben, in Gedankenmonologen der Protagonisten zu verweilen, wird dieses Buch lieben. Schade nur, dass die Themen psychologisch zwar angerissen, allerdings nicht tiefgründig ausgeführt werden. Stattdessen kommen sie, vielleicht auch der großen Themenhäufung wegen, in der momentan sehr beliebten und aktuellen allgemeingültigen Ratgebersprache daher. Mir persönlich war es zu überfrachtet und klischeebehaftet. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen. Dass das Buch mit dem norwegischen Brage – Preis ausgezeichnet wurde und bereits auf Nummer 1 der Bestsellerliste Norwegens steht, kann ich dennoch verstehen, denn Nina Lykke schafft es trotz, oder gerade der Fülle wegen, den Leser an die Geschichte zu binden. Vielleicht nicht unbedingt, weil man wissen möchte, wie sie endet, sondern weil man, wenn man im gleichen Alter der Protagonistin ist, sich zumindest in Teilen mit ihr identifizieren kann und man für Elin und vielleicht auch ein bisschen für sich, vielleicht eine Lösung mit Hoffnungsaspekt sehen möchte.

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