Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Über Menschen

Vor dem Hintergrund von Corona

Von: katrinb
25.05.2022

Dora lebt in privilegierten Verhältnissen und hat eigentlich alles, was sie sich wünschen könnte. Sie arbeitet in Berlin als Werbetexterin, als Corona über sie und die Welt hereinbricht. Ihre latente Unzufriedenheit und Unruhe bricht sich nun Bahn, sie hält die Großstadt und ihren Freund, einen hysterischen Klimaaktivisten, der nun zusätzlich zum Pandemie-Apokalyptiker geworden ist, nicht mehr aus und zieht mit ihrem kleinen Hund in ein verwahrlostes Haus in der brandenburgischen Provinz, wo sie hofft, zu sich zu kommen. Aber in Bracken ist die Welt alles andere als in Ordnung. Doras unmittelbarer Nachbar ist ein erklärter Nazi, weitere Anwohner entpuppen sich als AfD-Wähler. Dann ist da noch eine alleinerziehende, überforderte Mutter und ein vernachlässigtes Kind… Trotz ihrer Vorbehalte gelingt es Dora, sich letztendlich den Menschen anzunähern und ihnen über alle ideologischen Differenzen hinweg mit Verständnis und Menschlichkeit zu begegnen. Juli Zeh entwirft ein Bild der deutschen Gegenwart, das mir sehr vertraut ist. Ihre Beobachtungen sind treffend, oft witzig und sehr oft habe ich mich in ihrer Protagonistin wiedererkannt. Ihre Zweifel, Sorge und Ratlosigkeit angesichts einer plötzlich unsicher gewordenen Realität kann ich sehr gut nachvollziehen. Das Lebensgefühl in Deutschland angesichts der 2020/21 herrschenden Pandemie ist gut eingefangen, Probleme wie Klimawandel, Tristesse in der Provinz, Bildungsnotstand, Prekariat usw usw. werden angesprochen, es ist fast eine Art Tagebuch, in dem man später nachlesen kann, was 2020/21 deutsche Tagesaktualität war. "Über Menschen" liest sich sehr angenehm und flüssig, Juli Zeh schreibt unterhaltsam und mit einem Augenzwinkern. Tatsächlich habe ich das Buch in nur zwei Tagen förmlich verschlungen, im Nachhinein hat es mich doch jedoch einigermaßen ratlos hinterlassen. Durch die unmittelbare Nähe zu ihrem Nazi-Nachbarn ist Dora gezwungen, sich ihm auseinanderzusetzen und im Laufe der Geschichte entwickelt sich eine Art von Freundschaft zwischen den beiden. Was will die Autorin damit sagen? Dass auch Rechtsradikale einen guten Kern haben und nette Menschen sein können, wenn man ihnen nur mit Verständnis begegnet? Dass sie nur Opfer der Umstände sind? Dass man ihnen von Mensch zu Mensch begegnen soll? Dass es nur kleinen Hund braucht, um verwahrloste Kinder wieder auf den rechten Weg zu bringen? Ich weiß ja nicht….. Das alles erscheint mir doch etwas platt. Die drei Sterne vergebe ich für die gelungene Schilderung meiner Gegenwart und dafür, dass ich mich gut unterhalten gefühlt habe. Das war’s dann aber auch.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.