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Rezension zu
Der Tag, an dem mein Vater die Zeit anhielt

Sympathischer Rückblick auf eine hausgemachte Naturkatastrophe

Von: Michael Kothe, Autor
02.03.2021

Erster Eindruck In der amerikanischen Originalversion war der Roman „Light from other Stars“ dem Genre Science Fiction zugeordnet. Dazu kam ein Hauch Fantasy. Als Autor eines eigenen Fantasyromans und mancher SF-Kurzgeschichte interessierte mich, was Erika Swyler aus dieser Mischung gemacht hatten. Mein Eindruck war ein ganz anderer, als ich ihn von der Leseprobe her erwartet hatte. Aber wie erwartet war er gut. Inhalt ohne Spoiler Nedda Pappas ist als Mitglied einer vierköpfigen Raumschiff-Crew unterwegs zu einem fernen Planeten. Ihre Aufgabe ist die Aufzucht von Pflanzen und Saatgut, um nachfolgenden Siedlern brauchbare Lebensverhältnisse zu schaffen. In den wochenlangen Schlafphasen während der mehrjährigen Reise lässt Nedda uns an ihren Träumen teilhaben, in denen ihre Erinnerung sie zurückführt nach Florida. Nahe Cape Canaveral führte sie in den 1980er Jahren in ihrer Familie das klischeehafte Leben der Durchschnittsamerikaner auf dem Lande. Als Elfjährige sieht sie in einer Liveübertragung die Explosion der Apollo-Rakete, die ihre Gedanken uns die ihrer Familie prägt. Dennoch stehen nach wie vor für ihre Mutter Betheen der hausfrauliche Erfolg einer neuen Kuchenkreation und für ihren Vater Theo, einen Ingenieur, seine Erfindung im Vordergrund. Ein paradoxes Naturphänomen bringt dieses Leben gehörig durcheinander. Für die Romanfiguren erhellt sich der Zusammenhang zwischen der Anomalie und Theos Erfindung erst nach und nach. Stil „Der Tag, an dem mein Vater die Zeit anhielt“ ist trotz der raumfahrerischen Zukunftsvision und der buchstäblich umwälzenden Erfindung von Neddas Vater über das erste Drittel des Buches eine recht ruhige Milieustudie über die ländliche Mittelschicht Amerikas, als die Raumfahrt der NASA ihre beste Zeit hatte. Der Raumflug bildet die Rahmenhandlung und lockert durch eingestreute Szenen die seitenmäßig längere und handlungsmäßig wichtigere Rückblende auf. Auch in diesen kurzen Schilderungen vom Einsatz der erwachsenen Nedda als Crewmitglied spiegeln sich ihre kindliche Empfindsamkeit, Naivität und jugendlicher Forscherdrang in einer einfühlsamen Sprache wider. Dialoge sind eine Abwechslung zwischen Gefühlsausdrücken und Fachgesprächen. Hier gerät sogar die Auseinandersetzung mit einem lebensbedrohenden Defekt anfangs zur sprachlichen Trivialität. Der Schwerpunkt von Inhalt wie vom Stil liegt eindeutig auf Neddas Kindheitserinnerung. In einer lebhaften, authentischen Sprache, die ihrer kindlichen Entdeckerfreude entspricht. Mit sprachlichen Bildern und Vergleichen, unerwartet und äußerst treffend zugleich, begleitet Swyler die Elfjährige durch ein Jahr, in dem die Natur verrückt spielt. Mein Blick auf ihre schriftstellerische Liebe zum Detail lässt mich neidisch werden. Mit der Dramatik hält sich die Autorin bis zum Ende des ersten Drittels zurück. Sie baut das Unheil langsam auf und hält die Neugierde des Lesers am Leben. Dann gewinnt die Geschichte rasant an Fahrt. Fazit Der Originaltitel „Light from other Stars“ lenkt die Erwartungen des Lesers mehr als die Übersetzung auf den Kindheitstraum vom Raumflug, die Hindernisse und seine Erfüllung. Demgegenüber zielt „Der Tag, an dem mein Vater die Zeit anhielt“ mehr auf die Vater-Tochter-Beziehung ab. Wer aus dem Anhalten der Zeit Typisches für die Genres Science Fiction oder Fantasy ableitet, wird lange lesen müssen. Wer aber sich an nostalgischen Erinnerungen, an liebevollen Formulierungen, und an Beobachtungen auch winziger Details erfreuen kann, dem beschert der Roman von der ersten Seite an das Eintauchen in die farbenfrohe Welt eines Kindes, die diesmal nicht durch das Erwachsenwerden, sondern durch den Eingriff in die Naturgesetze zerbricht. Im ersten Drittel präsentiert sich Swylers Werk wie Johanna Spyris „Heidi“ für Erwachsene. Danach mausert sich der Roman zum Thriller über eine energetische Anomalie, deren Überwindungsversuch packend geschrieben ist. Swylers Detailverliebtheit macht das Buch sympathisch und einzigartig.

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