Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Von Königreichen hast du geträumt

Álvaro Enrigue

(1)
(1)
(0)
(0)
(0)
€ 24,00 [D] inkl. MwSt. | € 24,70 [A] | CHF 33,50* (* empf. VK-Preis)

Álvaro Enrigue – Von Königreichen hast du geträumt (Tu sueño imperios han sido, aus dem Spanischen von Carsten Regling) Der Romananfang ist nichts für schwache Nerven – Jazmín Caldera, ein Teilnehmer und zugleich wichtigster Geldgeber von Hernán Cortés’ Expedition nach Mexiko, findet sich am Abend des 8. November 1519 bei einem Essen mit Angehörigen der aztekischen Oberschicht wieder und hat große Schwierigkeiten, die angebotene Suppe hinunterzubekommen. Allerdings nicht etwa, weil er sie nicht mögen würde, sondern weil er zwischen zwei einheimischen Priestern platziert wurde, die die verfaulenden und vor allem stinkenden Überreste geopferter Krieger am Leib tragen. Mit viel Willenskraft gelingt es ihm, das Essen im Magen zu behalten und damit gleichzeitig das Vertrauen der Herrscherin Atotoxtli zu erlangen, die sowohl Moctezumas Schwester als auch Ehefrau ist. Mit am Tisch sitzen ebenfalls die beiden Übersetzer:innen der Expedition: Gerónimo de Aguilar, ein andalusischer Priester, der mehrere Jahre bei einem Maya-Priester in Yucatán versklavt gelebt hat und vom Maya ins Spanische übersetzt, sowie Malintzin, eine Nahua-Prinzessin, die zwangsweise ebenfalls bei den Maya gelebt hat und vom Nahua ins Maya übersetzt. Wie man sich unschwer denken kann, führen diese beiden Zwischenstationen nicht unbedingt dazu, dass die Unterhaltungen problemlos über die Bühne gehen. Álvaro Enrigue imaginiert im Folgenden eine alternative Geschichtsschreibung, die teilweise psychedelische Züge annimmt. Und das liegt nicht nur an den Pilzen, die Moctezuma so gern konsumiert. Beide Seiten haben unterschiedliche Interessen am Gegenüber, während Moctezuma vor allem von den mitgeführten Pferden fasziniert ist, geht es Cortés vorrangig um die zu raubenden Schätze des Reiches. Es wird auf den folgenden Seiten munter intrigiert, hintergangen und sich verbündet – manche Allianzen sind überraschend und verdeutlichen gleichzeitig, wie unterschiedlich die Sichtweisen auf die jeweils andere Kultur sein können. Wer offen für andere Kulturen ist, kann deren Schönheit erkennen, wer dagegen Angst hat, sieht nur das Schreckliche. Der abschreckende Gestank der ersten Szene wird im Übrigen sehr schön in der Beschreibung der Ankunft der Spanier in Tenochtitlan gespiegelt: Während die Spanier sich freuen, dass ihnen die Bevölkerung Blumensträuße entgegenhält, dienen diese in Wahrheit der Gestankabwehr, da die ungewaschenen Männer von den täglich badenden Bewohner:innen der Hauptstadt als unzumutbare Geruchsbelästigung wahrgenommen werden. Auch die unterschiedliche Wahrnehmung von Gerüchen hilft also bei der Einordnung von fremd und eigen. Álvaro Enrigue hat einen fantastischen historischen Roman geschrieben, der zeigt, auf welchen Zufällen und Missverständnissen Geschichte basiert und wie sehr der eigene voreingenommene Blick auf die vermeintlich Fremden das Urteilsvermögen trüben kann. Heimliche Hauptfiguren sind hier die beiden Frauen Malintzin und Atotoxtli, die das Machtgehabe der Männer durchaus für sich zu nutzen wissen. Mir hat der Roman wirklich gut gefallen, allerdings habe ich mich während des Studiums ein wenig mit aztekischer Geschichte befasst. Wer kein Vorwissen hat, muss wahrscheinlich häufiger googeln, aber das sollte den Spaß nicht trüben.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.