Von:
Patricia Verne
25.01.2020
Es ist ein Buch der Leidenschaften. Der Leidenschaft für Neapel, der Leidenschaft für die italienische Sprache und der Leidenschaft, sich der Liebe bedingungslos hinzugeben – zumindest eine zeitlang. „Eine Liebe in Neapel“ erinnert daran, wie sich die Leichtigkeit der Jugend anfühlt. Dieses Gefühl, die Welt liegt dir zu Füßen, nichts ist zu schwer, zu hoch, zu weit, geschweige denn unerreichbar.
Mittendrin in dieser idyllisch-naiven Welt: eine Gruppe von Studenten, zu der auch Heddi und Pietro gehören. Sie leben und studieren in Neapel, lieben Kultur ebenso sehr wie starken Espresso, trockenen Rotwein und intensive Gespräche. Ginge es nach ihnen, könnte es ewig so weitergehen – tut es aber natürlich nicht.
Heddi Goodrichs Buch ist stellenweise besonders faszinierend, weil es nicht unbedingt die Handlung ist, die das Buch bestimmt. Es ist vielmehr die Beobachtungsgabe der Autorin - wie sie die Menschen und deren Mimik beziehungsweie Gestik beschreibt. Wie sie die Landschaften mit Worten so nachzeichnet, dass man die Orte regelrecht selbst sehen und riechen kann. Es besteht kein Zweifel, dass Goodrich selbst Linguistik studiert hat, denn jeder ihrer Romanfiguren wird auf seinen italienischen Dialekt hin untersucht. Dieser wird dabei stets so nachvollziehbar erklärt, dass selbst Laien die sprachlichen Phänomene verstehen. Was Goodrich ebenso liebt, ist das Spiel mit plastischen Vergleichen: Ein Kuss wird so intensiv wie der Biss einer frischen Feige und die Falten eines alten Mannes erinnern an die Zweige einer alten Eiche.
Immer wieder aber kommt beim Lesen – sowohl die Handlung als auch den Stil betreffend - die Frage auf: Ist das nun kitschig oder romantisch? Die Grenze ist fließend. Das Ausmaß ist dabei das Problem. Zu Beginn glaubt man bei dieser italienisch-amerikanischen Liebe an eine hingebungsvolle Beziehung mit Ewigkeits-Versprechen und ausufernden Gefühlen. Doch viele Seiten und sich
fast wiederholenden Ereignissen später ist man übersättigt, es sind zu viele Déjà-vus. Immerhin: Es gibt kein klassisches Happy End - und das ist auch gut so.