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Rezensionen zu
Muna oder Die Hälfte des Lebens

Terézia Mora

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€ 25,00 [D] inkl. MwSt. | € 25,70 [A] | CHF 34,50* (* empf. VK-Preis)

Der Leidensweg einer Frau

Von: Martina Weiss

21.03.2024

Terezia Mora schildert in diesem Buch das Leben (zumindest die erste Hälfte) von Muna, einer Frau, die in der DDR aufwuchs mit einem viel zu früh verstorbenen Vater und einer alkoholkranken Mutter. Kurz nach ihrem Abitur fällt die Mauer und der Mann, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hat ist spurlos verschwunden. Sie selbst nutzt ihre guten Zensuren und versucht die Welt für sich zu entdecken und trifft einfach schlechte Entscheidungen. Ein packender und unter die Haut gehender Roman über eine ungesunde Beziehung aus der Sicht der Protagonistin. Ohne Pathos plaudert sie aus ihrem Leben und das läßt mich als Leserin mit Gänsehaut zurück, denn Muna jammert und klagt nicht, sie stellt fest und wird dabei immer kleiner und unbedeutender (aus ihrer Sicht). Gleich das erste Kapitel schleuderte mich komplett in die Handlung, dramatische Szenen ohne Übertreibung ohne kitschige Schnörksel, sogar mit etwas Sarkasmus. Ich kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen, leide mit Muna mit, möchte sie an die Hand nehmen und ihr sagen:"Nein, das ist nicht gut, gehen wir!" Und so beobachte ich, wie sie sich selbst in dieser Beziehung verliert. Das ist schmerzhaft zu lesen und ich ertappe mich dabei, darüber nachzudenken, warum sie so geworden ist. Der Schreibstil ist toll und leicht zu lesen, Mora nutzt Stilmittel, die genial sind... aber so leicht es auch zu lesen ist, die Thematik ist es nicht und hinterläßt ein beklemmendes Gefühl. Irgendwie hätte ich jetzt gerne einen Diskussionkreis darüber! Wer schwere Kost lesen kann, dem sei dieses Buch allerwärmstens empfohlen.

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Das Buch „Muna" von Terézia Mora hat mir unglaublicher gut gefallen und beschäftigt mich immer noch. Muna wächst in der DDR auf, ihr Vater stirbt als sie noch ein kleines Mädchen ist und so muss sie mit ihrer alkoholkranken Mutter allein aufwachsen. Die Mutter ist Schauspielerin am Theater und versucht kurz vor Munas 18. Geburtstag sich das Leben zu nehmen. Muna beschließt ihr Leben nun selbst in die Hand zu nehmen und ihrer Mutter den Rücken zu kehren. Kurz vor dem Abitur lernt sie, bei einem Zeitungspraktikum den viel älteren Magnus kennen. Sie verliebt sich obsessionsartig in ihn und verbringt eine Nacht mit ihm. Darauf hin verschwindet Magnus in den Westen und Muna verzweifelt fast an der Suche nach ihm. Die junge Frau schafft es aber ihren Weg zu gehen, sie studiert Literatur geht nach London und später nach Wien zur Promotion. Sie hält sich mit verschiedenen schlecht bezahlten Jobs über Wasser. Einige Männer kreuzen unglücklich ihren Weg, doch sind es starke intelligente Frauen, die sie faszinieren. Dann trifft sie nach acht Jahren Magnus wieder und eine überaus unglückliche Beziehung entwickelt sich verheerend. Magnus hält Muna auf emotionalen Abstand und fängt später auch an sie zu schlagen. Muna ist so emotional abhängig von diesem narzistischen Menschen, das man als Leser gern einschreiten wurde und die junge Frau wachrütteln möchte. Die intelligente und eigentlich lebenslustige Frau verkommt immer mehr und es dauert unwahrscheinlich Lange bis eine Wendung erfolgt. Muna ist mir als Protagonistin sehr ans Herz gewachsen und ich habe so mitgefiebert und gehofft, dass sie es schafft sich von diesem Mann zu trennen. Das Buch ist so gut geschrieben, die Autorin hat einen superschönen Erzählstil, z.B. sind einige Textzeilen durchgestrichen, was „verbotene" Gedanken darstellen soll. Ein sehr schönes Buch und eine klare Empfehlung von mir.

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Muna lernt Magnus Otto kurz vor ihrem 18. Geburtstag in der Redaktion einer kleinen Zeitung kennen. Gleich von Beginn an entwickelt Muna eine Obsession: sie besucht Veranstaltungen, wo sie damit rechnet ihn zu treffen, oder sie fährt zu seinem Haus und wartet dort auf ihn – ständig ist sie auf der Lauer. Er jedoch ist eher abweisend. Nach einer gemeinsamen Nacht bleibt Magnus für sieben Jahre verschwunden. Erst durch Zufall sollen sie sich nach sieben Jahren wieder begegnen. In dieser Zeit führt Muna Beziehungen, die alle samt eher schlecht sind, versucht ihr Studium und schlecht bezahlte Jobs unter einem Hut zu bringen. Die Beziehung zwischen Magnus und Muna ist auch nach dem Neuanfang sieben Jahre später mehr als toxisch und Muna kann einfach nicht von diesem Typen lassen. Magnus demütigt sie, ist gewalttätig und ihr gegenüber ablehnend. Sie reist ihm hinterher, vernachlässigt Studium und Jobs. Muna ist wieder wie besessen von Magnus, kontrolliert ihn und hat Angst verlassen zu werden. Der Schreibstil ist speziell, ein Teil der Geschichte spielt sich in Munas Kopf ab – wir folgen ihren Gedanken; was sie nicht denken darf, wird im Text durchgestrichen. Eine Coming-of-Age Geschichte der besonderen Art, die trotz mancher Längen fesselnd zu lesen war.

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Es ist die Geschichte einer toxischen Beziehung, die viele Jahre dauert. Wir befinden uns Ende der 1980er Jahre in einem kleinen Ort in der DDR. Muna ist gerade 18 geworden und steht kurz vor dem Abitur. Sie jobbt in einer kleinen Zeitungsredaktion und lernt dort Magnus kennen, der deutlich älter ist, als Lehrer arbeitet und nebenbei für das Magazin fotografiert. Muna verliebt sich Hals über Kopf, folgt Magnus ein halbes Jahr lang heimlich auf Schritt und Tritt. Als er sie irgendwann dabei bemerkt, schlafen beide zusammen. Am nächsten Tag bricht Magnus zu einem lange geplanten Urlaub auf und kehrt nicht zurück, sondern flüchtet über Ungarn in die BRD. Muna bleibt alleine zurück, denn ihre alkoholkranke Mutter ist nach einem Selbstmordversuch in der Psychiatrie gelandet. Die Nacht mit Magnus wird Muna nicht aus dem Kopf gehen, egal wen sie kennenlernt, egal wo sie lebt. Sie studiert in Berlin, London und Wien, arbeitet in Forschungsprojekten mit, kellnert, jobbt, trifft viele Menschen. Wirklich vollständig fühlt sie sich erst als sie nach sieben Jahren zufällig im Theater in Berlin Magnus trifft. Sie geht nach der Vorstellung mit ihm mit und bleibt einfach bei ihm. Er ist von Beginn an nicht besonders nett zu ihr, er fordert und gibt wenig, bestimmt wo und wie man sich trifft und wird schließlich gewalttätig – emotional und körperlich. Eine toxische Beziehung, die erst mit dem Tod enden kann. Muna Muna tritt in diesem Buch als Ich-Erzählerin auf. Sie spiegelt eine faszinierende Ambivalenz: auf der einen Seite ist sie Literaturwissenschaftlerin und forscht zu feministischen Themen, auf der anderen Seite lebt sie nach dem Motto „die Frau sei dem Manne untertan.“ Sie muss sich durchbeißen, mit widrigen Umständen zurechtkommen und meistert das fabelhaft, aber sobald Magnus ins Spiel kommt, ist diese Stärke weg. Obwohl man genau weiß, was Muna denkt und sagt, bleibt die Frage, warum sie in dieser erniedrigenden, unfreundlichen Beziehung bleibt und wo sie dort die Liebe sieht, die für Außenstehende (Leser und auch Freunde/Bekannte von Muna) unsichtbar bleibt. Meine Meinung Es ist ein unbequemes Buch, weil es in Wunden stochert und die Leserinnen und Leser ganz nah ran lässt an all die negativen Dinge, die Muna passieren. Manchmal wollte ich sie schütteln und ihr raten zu gehen oder etwas nicht zu tun, weil ich dieser Kämpferin nicht bei ihren Schmerzen und ihrem Leid zusehen wollte. Ich habe in einigen Rezensionen gelesen, dass Leserinnen das Buch nicht mochten, weil sie von Anfang an nicht verstehen konnten, warum Muna sich schlecht behandeln lässt, warum sie es hinnimmt, dass man verletzende Sprüche macht usw. Das ist vermutlich eine Generationenfrage. Ich bin fast so alt wie Muna und nach dem Abitur ähnlich sozialisiert in literaturwissenschaftlichen Akademikerkreisen und muss sagen, es waren andere Zeiten und vieles kommt dem Beschriebenen sehr nah. Von #metoo waren wir damals so weit entfernt wie vom Mond, egal für wie feministisch wir uns auch gehalten haben. Das sprachliche Niveau dieses Buchs ist bemerkenswert. Terézia Mora streicht Sätze durch, setzt Gedanken in Klammern, so dass wir immer wissen, was Muna rausrutscht oder was sie nur denkt, sich aber nicht zu sagen traut. Es ist eine flüssig lesbare Geschichte, die wehtut. Unbedingt empfehlenswert.

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Ein verstörendes Meisterwerk Die Buchpreisträgerin Terézia Mora (2013) steht mit ihrem neuen Roman abermals auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis „Liebeswahn ist, ebenso wie Liebeskummer, wie eine Krankheit.“ Die 18-jährige Muna ist im Leben auf sich allein gestellt, der Vater verstorben, die Mutter alkoholabhängig, schafft sie ihr Abitur in einer Kleinstadt in der DDR. Numa verliebt sich in den deutlich älteren Französischlehrer, der kommt aber aus dem Sommerurlaub nach Ungarn nicht zurück. Es ist das Jahr 1989 und alles verändert sich. Muna beginnt ihr Studium in Berlin, ihre Leistungen finden Beachtung, auch ihre äußere Erscheinung. Sie blockiert die vorsichtigen Annäherungsversuche ihrer Kommilitonen, wartet auf die Rückkehr des geliebten Magnus und schreibt Briefe, die er nicht erhält. Die Zerrissenheit der Ich-Erzählerin wird in jeder Zeile deutlich, während sie ihr Leben in fast distanziertem Ton beschreibt, werden ironische, kommentierende Bemerkungen und Gedanken in Klammern hinzugefügt. Ihre sprachliche Schlagfertigkeit ist amüsant und verletzend. Sie beobachtet und seziert winzige Details. Sie beginnt ihr Studium in Berlin, geht nach London und Wien und erntet erste Beachtung in der akademischen Welt. Nach 7 Jahren trifft sie Magnus in Berlin wieder. Ihre Liebe zu ihm gleicht einer Obsession. Während Magnus oft, schroff und abweisend zu ihr ist, gesteht sie ihm ihre große Liebe. „Begehren, der Rest ist Schwulst“, ist Magnus’ Antwort. Aber er wird zusehends unausgeglichener, sie kann das Dunkle in seinem Blick spüren, wenn sie wieder etwas getan hat, was ihm nicht gefällt. Und das kann man vorher nicht wissen. Verachtung, Gewalt Erniedrigung, Sex. Sie lässt es mit sich geschehen. „Ich bin bereit für alles. Danach ist es jedes Mal besser.“ Als Magnus sich von ihr trennt: „Ich weiß, was du willst“, sagte er. „Du bekommst es nicht.“, bricht sie vollständig zusammen, verliert jeden Halt. In mühsamer Rekonstruktion schreibt sie ihre Geschichten und Angstträume auf. Und sie begegnet ihm ein weiteres Mal. Dieses Buch hat mich vom ersten Moment in seinen Bann gezogen. Magische Sätze, Erzählkraft und eine vollständig verlorene Frau, die einem Mann verfällt, ihr Leben seinem unterordnet und in subtilen Gedankenkonstruktionen die Erklärung für all diese Leid bei sich selber sucht. Manchmal ist es kaum auszuhalten, wie Mona sich immer wieder zerfleischt und zu keiner erwachsenen Beziehung zu einem Mann in der Lage ist. Aber das soll so sein. Mona ist klug, gebildet, wortgewandt. Warum? Eine unglaubliche Leistung der Autorin, dass sie uns genau mit diesem Elend allein lässt. Ein verstörendes Buch voller Trauer, Verzweiflung, Kampf und Gewalt.

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Muna lebt in der DDR. Ihr Vater verstarb an Krebs, ihre Mutter trinkt gerne. Und Muna muss ihren eigenen Weg gehen und vor allem finden. Sie ist unruhig, neugierig und hin und hergerissen. Bis sie Magnus trifft...und sich verliebt...aber die Liebe nicht erwidert wird... "Jemanden geliebt zu haben, bedeutet, einen Tag Urlaub aus der Hölle zu bekommen..".(Seite 222) Das Cover passt perfekt zur Geschichte was mich im Nachhinein sehr begeistert hat. Der Schreibstil an sich ist manchmal ein Chaos, gedanklich ein Durcheinander, wild, Gedankensprünge, buntes Treiben mit einer Protagonistin die sich hier perfekt einfügt. Ich denke dass dieses Buch nicht jedem zusagt, die Autorin folgt mit der Protagonistin keinem roten Faden. Darauf muss man sich einlassen können. Und Muna ist eine Person die ebenso keinen Faden im Leben hat dem sie folgen könnte. Muna ihr Vater verstirbt in der Wohnung der Familie was sie sehr belastet. Ihre Mutter verfällt dem Alkohol, ein Selbstmordversuch geht schief, Muna muss sich erstmal alleine durchschlagen. In der Literatur und dem Theater findet Muna einen Anker, durch den Wegfall der DDR und die Mauer stehen ihr nun ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung. Zeitweise hatte man das Gefühl dass Muna überfordert ist. Dies mag für eine junge Frau auch so sein die mit so vielen Komponenten im Leben klarkommen musste und muss. Magnus lernt sie durch ihre Arbeit bei einem Magazin kennen und lieben. Doch er beachtet sie kaum, hält sie lieber auf Distanz. Muna wird vor vollendete Tatsachen gestellt als Magnus eine Reise unternimmt. 7 Jahre hört und liest sie nichts von ihm, keiner kann ihr Auskunft geben. Bis sie sich zufällig Wiedersehen und eine Liebe beginnt die eher einer Abhängigkeit gleich kommt. Ich wollte Muna mehr als einmal schütteln weil das Vorgehen von Magnus irgendwann nicht mehr zu entschuldigen war. Gesagte Worte werden abgemildert, was Muna eigentlich sagen möchte wird im Buch durchgestrichen, möchte sie doch nicht dumm dastehen. Das hat mir sehr gut gefallen und passte perfekt in die Geschichte. Wie gesagt, dieses Buch wird nicht jeden begeistern und/oder fesseln können. Für mich auf jeden Fall ein Highlight in diesem Jahr.

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MUNA oder DIE HÄLFTE DES LEBENS Terézia Mora DDR 1989: Kurz vor ihrem 18. Geburtstag beginnt Muna bei einer kleinen Zeitung ein Praktikum. Dort verliebt sie sich unsterblich in Magnus, dem Mann, der sie ignoriert und bei Fragen abwertend mit einem Grunzen reagiert. Angeheizt von dessen Ignoranz stellt Muna ihm nach und taucht überall dort auf, wo sie den Lehrer Magnus vermutet. Kurz nach ihrem Geburtstag gelingt es ihr endlich, ihn ins Bett zu ziehen. Während Muna an die große Liebe glaubt und nach einer Nacht bereits Zukunftspläne schmiedet, fährt Magnus am folgenden Tag in den Urlaub, aus dem er nicht zurückkehrt. Er flieht über Ungarn nach Deutschland, ohne ein Wort des Abschieds. Muna leidet Ewigkeiten - schreibt ihm Briefe, die sie bei Bekannten deponiert, und versucht herauszufinden, wo er sich aufhalten könnte. Sieben Jahre vergehen, in denen Muna eher schlechte als rechte Beziehungen pflegt, bevor sie Magnus wieder trifft. Muna lässt sich erneut ganz auf die Liebe ein, während Magnus nur an sich denkt und egoistische Entscheidungen trifft. Dabei merkt Muna nicht, wie toxisch ihre Beziehung ist. Sie lechzt nach Aufmerksamkeiten und hofft, dass er sich ändert und merkt dabei nicht, dass sie die Hälfte ihres Lebens an den falschen Mann verschwendet. Ui, was für ein Buch. Ich habe es in nur zwei Tagen beendet (das Ende musste ich sogar zweimal lesen), jedoch lässt es mich mit gemischten Gefühlen zurück. Meine Güte, diese Frauen, die nicht merken, dass der Partner es unsexy findet, wenn man alles mit sich machen lässt … Ich muss schon sagen, dass ich gerne mal ein Machtwort gesprochen hätte - aber das haben ja schon ihre Freundinnen versucht und es hat nichts gebracht. Also musste ich mich wohl oder übel weiter über Muna ärgern und war mit ihren Entscheidungen alles andere als zufrieden. Aber neben dem Ärgern gibt es auch sehr Gutes zu berichten, denn der Schreibstil der Autorin ist einfach toll (von dem krassen Ende will ich gar nicht reden - Hammer)! Ja, es hätten gerne 100 Seiten weniger sein dürfen, aber könnte man dann trotzdem die Komplexität der Beziehung und das tiefgreifende Bild einer sensiblen Frau gut herausarbeiten? Vielleicht nicht. Fazit: Zu Recht auf der Shortlist 2023, ein Buch mit kleineren Längen in einer tollen Sprache, das ich gerne gelesen habe. 4/ 5

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Als Munas Vater stirbt, gerät die Welt für die Jugendliche aus den Fugen. Die alkoholkranke Schauspielerin-Mutter wandelt stets auf der Schwelle, sich etwas anzutun, und Muna findet sich frühzeitig auf sich allein gestellt wieder. Als sie auf Magnus trifft – deutlich älter als die kurz vor dem Abitur stehende Muna -, hat sie das Gefühl, ankommen zu können, so groß ist die Anziehung, die sie zu ihm spürt. Doch Magnus verschwindet nach einer Nacht, zunächst spurlos. Erst viele Jahre und auch den einen oder anderen Mann später treffen die beiden schicksalshaft und unverhofft wieder aufeinander. Sie nehmen die Verbindung zueinander auf, gehen eine Art Beziehung ein, versuchen es als Paar. Doch dieses Paarsein mag nicht so recht gelingen: Muna klammert und entwickelt eine Panik davor, verlassen zu werden, während sich Magnus als chronisch toxischer, zu Gewalt neigender, lieber Einzelgänger bleiben wollender Unsympath herausstellt. Doch so schnell mag Muna nicht aufgeben und kämpft wie eine Löwin um das Aufrechterhalten ihrer Beziehung, ein Kampf, dessen Scheitern vorprogrammiert zu sein scheint. „Und wenn er mich anfasst, wird es mit jedem Mal schmerzhafter. […] Ich will den Schmerz nicht, aber ich will ihn. Aber was, wenn er ohne den Schmerz nicht zu haben ist […]?“ (S. 273) Während sich die Buchpreis- und Büchner-Preis-Gewinnerin Terézia Mora in ihrer vergangenen Romantrilogie auf einen jeweils männlichen Protagonisten fokussiert hat, kündigt sie nun mit „Muna“ ein Terzett der Weiblichkeit an. Die titelgebende Protagonistin hangelt sich durch ihr Leben, sucht Halt und erntet oftmals Zurückweisung. Den Umgang mit dieser Ablehnung schildert Mora eindrücklich, a die Substanz gehend und mit einem unnachahmlich nonchalanten Erzählton. Munas Beziehung zu den Männern in ihrem Leben ist von einer ungesunden Form der Unterordnung gekennzeichnet. Schon die erste Begegnung mit Magnus zeigt ihre Tendenz, sich ihm komplett hinzugeben, zur Wunscherfüllungs-Maschine zu werden. Und dennoch gelingt es Terézia Mora aufs Feinste ihre Protagonistin nicht zur Opferfigur zu stilisieren, keineswegs: Muna und ihre Männer begegnen sich in einem Auf und Ab auf Augenhöhe, fechten ihre Streitigkeiten und Revierkämpfe miteinander aus, ohne sich gegenseitig etwas zu gönnen. Mora lässt uns als Leser*innen dabei permanent in Munas Kopf hineinschauen, setzt ihre Gedanken, die sie niemandem sonst anvertraut, in Klammern, streicht verworfene Überlegungen im Text durch. Der Roman bekommt somit einerseits eine textuell experimentelle Ebene, die aber gleichzeitig eine psychologische Spiegelung von Munas Seelenzustand darstellt. Der Fragilität, die sich in der stetigen Selbstversicherung ihrer eigenen Person oder dem (Nicht-)Erfolg ihres beruflichen wie auch sozialen Handelns widerspiegelt , setzt Mora eine gleichermaßen immer wieder auch meinungsstarke, durchsetzungsfähige, robuste Muna gegenüber, die sich machetenartig durch ihr Leben schlägt. Die toxische Männlichkeit, der sie begegnet, wird dabei zum Spielball ihrer Gefühlswelt, eine Konterkarierung, die die Erzählung zu jeder Zeit in die eine oder andere Richtung kippen lässt. Dieser literarische Schwebezustand ist ungemein fesselnd und vermag einen Sog zu erzeugen, der die 450 Seiten wie im Flug vergehen lässt. Terézia Mora gilt zu Recht als eine der versiertesten Erzähler*innen Deutschlands, die mit „Muna oder Die andere Hälfte des Lebens“ einmal mehr zeigt, wie vielschichtig der menschliche Charakter sein kann. Die Uneindeutigkeit ihrer Figuren, das Lustwandeln zwischen moralischen Zuschreibungen, die Entlarvung der wissenschaftlich-akademischen Karrieremechanismen im Universitäts-Kontext, all das wird hier zum Lesegenuss der besonderen Art! Besonders, weil definitiv besonders gut!

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