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Rezensionen zu
HERKUNFT

Saša Stanišić

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Das literarische Quartett hatte mich auf das neue Buch von Saša Stanišić aufmerksam gemacht und als „Herkunft“ auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2019 stand, war meine Neugierde gänzlich da. Mittlerweile steht dieses sehr persönliche Buch des Autors auf der Shortlist. Am 14.10.2019 wird der Gewinner bekanntgegeben und das Zittern hat ein endlich ein Ende. Die Geschichte begann mit dem Schwinden von Erinnerungen und mit einem bald verschwundenen Dorf. Sie begann in Gegenwart der Toten: Am Grab meiner Urgroßeltern trank ich Schnaps und aß Ananas. – S. 30 In „Herkunft“ erzählt der Autor Saša Stanišić auf einer humorvollen, aber auch ergreifenden Art und Weise, wie er zu dem Begriff „Herkunft“ steht. Ist Herkunft ein Ort? Eine Person? Ein Gefühl? Eine Erinnerung? Ein Gegenstand? Dabei verweist er sowohl auf Passagen aus seiner Jugend, stellt seine Verwandtschaft vor und philosophiert über die Bedeutung von Herkunft. Seine Schilderungen sind deshalb so interessant, weil Sašas Familie - im Gegensatz zu meiner - einen langen, oft beschwerlichen Weg der Flucht und Auswanderung hinter sich hat. Erst als Saša mit 30 Jahren für die Einwanderungsbehörde ein Formular ausfüllen muss, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen, wird das Thema Herkunft ein für ihn relevanter Begriff. Der einzureichende Lebenslauf stimmt Saša nachdenklich: Wie soll er seine Heimat und Herkunft benennen? Im Verlauf des Buches nehmen wir als Leser an seinen Gedankengängen teil. Saša wuchs in einem Land auf, das es heute nicht mehr gibt: Jugoslawien. In Višegrad geboren, mit seinen Kindern in Hamburg ein trautes Heim geschaffen. Die Antwort auf die Frage ist verzwickt und nicht leicht zu beantworten. Neben der Schilderung über die eigene Kindheit, Schulzeit, den Status als Flüchtling, geht er zentral auf seine Großmutter ein, die an Demenz erkrankt ist und eine enge Beziehung zu ihm pflegt. Er schreibt über Familie und Heimat, über die Vergangenheit und Gegenwart. Wie war es früher in Jugoslawien? Warum ist seine Familie im Bosnienkrieg geflüchtet? Wer gehört überhaupt zur Familie? Wie ergeht es Saša in Deutschland? Wir tragen Häkchen im Namen. Jemand, der mich gern hatte, nannte meine mal „Schmuck“. Ich empfand sie in Deutschland oft eher als Hindernis. – S. 61 Der Schreibstil von Saša Stanišić würde ich als außergewöhnlich und ungewohnt beschreiben. Teilweise schildert er sein Leben in kurzen, präzisen, einfachen Sätzen. Diese werden dann abgelöst von langen, nachdenklichen und poetischen Reihen. Eine interessante Mischung, die zunächst sehr ungewohnt ist und mich oft stolpern lassen haben. Zudem behandelt der Autor in jedem Kapitel, die sehr kurz gehalten werden, eine prägende Situation oder eine Person in der Familie und springt gerne mal von Familienmitglied zu Familienmitglied, von Ort zu Ort, bis ich das Gefühl hatte, ihm nicht mehr folgen zu können. Die Zeitsprünge haben mir die meisten Probleme bereitet. Eine Jahreszahl folgt willkürlich nach der anderen. Schnelle Gedankengänge in kurzen Kapiteln – rasant und nüchtern. Neben den vielen beschreibenden Momenten, versieht er dem Buch auch eine humorvolle Note, die mir sehr gut gefallen hat. Pfiffige, originelle, freche Kommentare oder amüsante Metaphern. Darunter gibt es viele emotionale Szenen mit seiner Großmutter – ehrlich, verletzlich und authentisch. Es ist der 7. März 2018 in Višegrad, Bosnien und Herzegowina. Großmutter ist siebenundachtzig Jahre alt und elf Jahre alt. – S. 5

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Lieblingsoma

Von: wal.li

08.09.2019

Als der Autor das Mal davor seine Großmutter in Višegrad besucht hat, war sie noch gesund. Energiegeladen ist sie mit ihm in das Heimatdorf des Großvaters gefahren, auf den Berg, wo etliche Stanišićs lebten und etliche auf dem Friedhof liegen. Doch den Lebenslauf zu seinem Einbürgerungsantrag beginnt er nach vielen Versuchen mit einer Schlittenfahrt. Und eine Erinnerung führt zur nächsten, eine Geschichte zur anderen. Geburt, Flucht, ein Leben als Flüchtling in den 1990ern als aus dem Vielvölkerstaat Jugoslawien viele kleine Staaten wurden. Irgendwie wiederholen sich die Einwanderungs- und Flüchtlingswellen und leider auch die Reaktionen der Alteingesessenen. Die Fremden sind eben fremd und nicht unbedingt willkommen. Ein Fünkchen Hoffnung könnte der Gedanke geben, dass es doch viele immer wieder geschafft haben. Und jeder eingedenk der wiederholten Wellen, sollte sich jeder erinnern, so wie es der Autor beschreibt, wo seine Herkunft liegt. Nun, so bildhaft und eindringlich wie der Autor wird es einem vielleicht nicht gelingen, aber der Gedanke zählt. Und häufig wird man in der eigenen Vergangenheit oder der der Vorfahren eine Wanderungsbewegung finden. Der Migrationshintergrund ist manchmal alles andere als weit weg. Es könnte ein Anreiz sein, es den Neuankömmlingen etwas leichter zu machen. Die Schilderungen von Saša Stanišević berühren. Sie pendeln zwischen Humor und Ernsthaftigkeit. Sie beinhalten eine Familiengeschichte wie sie war oder wie sie ungefähr war. Leicht hat es der Junge nicht gehabt, aber er hat sich durchgekämpft, er hat es geschafft. Und irgendwann war die Herkunft irgendwie zweigeteilt. Die Wurzeln der Geburt werden nicht vergessen und doch wird neu verwurzelt. Beim Lesen fühlt man mit. Die Eltern opfern viel für ihren Sohn, er soll es einmal besser haben. Die Oma erdet ihn, sie bleibt die Verbindung in die Geburtsheimat. Man wird zum Nachdenken angeregt, über die eigene Herkunft. Das Schicksal der eigenen Eltern und Großeltern. Der Schluss liegt mehr als nahe, dass Krieg und Vertreibung nun wahrlich nicht erstrebenswert sind. Doch gibt die Lektüre viel Positives an Kraft und Hoffnung. Und ein Gedenken an die eigene Lieblingsoma. 4,5 Sterne

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Wie kategorisiert man dieses Buch? Roman, Biografie, Spielbuch? Es ist ein ineinandergreifendes Potpourrie an Versatzstücken, Einschüben, wiederkehrenden Erzählsträngen. Seine an Demenz erkrankte Großmutter ist der rote Faden, während wir nicht chronologisch sein 1992 in Bosnien gekapptes Leben in Heidelberg neu starten sehen: eine Migrationsgeschichte in Deutschland. Wie ist es, in ein fremdes Land zu kommen, die Sprache nicht zu können, dort eine Identität aufzubauen, und doch nie richtig ankommen zu dürfen, weil ständig die Abschiebung droht? Und wie verändert das die Beziehung zur fremd gewordenen alten Heimat, mitsamt den zurückgelassenen Verwandten? Das hört sich jetzt erstmal etwas tragisch und negativ an, das ist es aber nicht. Stanišić berührt mit viel Humor und Lebenskraft, mit Optimismus und Pragmatismus. Er lässt sich nicht unterkriegen, hat immer einen frechen Spruch auf Lager und merklich viel Spaß beim Schreiben gehabt. Hat mir sehr gut gefallen und sehr imponiert!

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So schnell kann man gar nicht schauen, da ist man schon fertig mit diesem Buch – und würde sich wünschen, dass es noch ein wenig länger gewesen wäre. Fragmentarisch und episodenhaft erzählt Saša Stanišić in diesem „Selbstporträt mit Ahnen“ von seiner Migration. Von der Flucht seiner bosnisch-serbischen Familie aus Jugoslawien. Von der darauf folgenden Scham und Ausgrenzung, aber auch von der Integration und vom Ankommen in einem neuen Land, einem neuen Leben, einer neuen Sprache (und seiner Liebe zu Eichendorff!). Liebevoll porträtiert er dabei nicht nur seine Verwandten – allem voran seine demente Großmutter, die in dem Buch eine zentrale Rolle spielt – sondern auch seine FreundInnen von der ARAL-Tankstelle, seine erste Liebe, seine NachbarInnen, MitschülerInnen und LehrerInnen. Lakonisch und feinfühlig, aber nie nostalgisch, fabuliert er von Begegnungen und Ereignissen in seinen Heimaten, die ein zunehmend plastisches und fast märchenhaftes Gesamtbild ergeben. Letzteres vor allem durch den Epilog in Form eines interaktiven Fantasy-Rollenspiels, bei dem man als LeserIn selbst entscheidet, wie es weitergeht. Besonders gelungen (weil atmosphärisch sehr dicht) fand ich die Sequenzen aus Oskoruša, dem Dorf, aus dem seine Großeltern stammen und in dem heute nur noch 13 Menschen leben, und jene in denen er von seiner Jugend an der ARAL-Tankstelle erzählt. Ein witziges und berührendes Buch über Identität, Erinnerung und Verlust.

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HERKUNFT ist ein Buch, zum dem ich hauptsächlich aus einem bestimmten Grundgegriffen habe: Jugoslavien. Das begründet sich daraus, dass ich bisher wenig Ahnung von den Balkankriegen hatte und das nach einer Reise nach Kroatien und Bosnien gerne ändern wollte. Der Autor beschreibt in diesem Buch seine eigene Vergangeheit so detailliert und intensiv, dass man am Ende das Gefühl hat, diesen eigentlich wildfremden Menschen sehr gut zu kennen. Gleichzeitig schafft er es auch, wichtige politische Themen anzusprechen und ein Statement zu setzen, mich nachdenklich zu stimmen. Besonders die Geschichte um seine demente Großmutter war für mich unglaublich bewegend und ist sehr gut erzählt worden. Das große Problem dieses Buches ist weder sein Inhalt noch sein etwas eigenwilliger Schreibstil mit kurzen und abgehackten Sätzen. Vielmehr ist der Aufbau des Buches und seine Sortierung der Kapitel scheinbar so willkürlich und chaotisch, dass man nicht immer der Handlung folgen kann und viele Zusammenhänge nicht erkennt. Das stört den Lesefluss enorm und sorgt trotz einfacher Sprache dafür, dass man länger als nötig braucht, um das Buch zu lesen. Großer Pluspunkt ist dann aber noch der Epilog gewesen, bei dem man als Leser selbst entscheiden konnte, wie die Geschichte ausgehen soll. Angelehnt an diverse Kinder- und Jugendbücher die nach diesem Entscheidungsschema geschrieben wurden, lockert das alles nochmal auf und hinterlässt ein positives Gefühl mit glücklichen Kindheitserinnerungen. Denn obwohl Autor Saša Stanišić in einem ganz anderen Land geboren und auch ein paar Jährchen älter ist als ich, zeigt das nur, wie viele Gemeinsamkeiten Menschen haben können, egal wo sie ursprünglich geboren wurden. Danke dafür. 4/5 Sterne Vielen Dank an das Bloggerportal und den Lucherhand Verlag für das Rezensionsexemplar

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