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Rezension zu
Anna und der Schwalbenmann

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

*+* Mitten ins Herz *+*

Von: Irve liest
06.04.2016

HÖRBUCH Anna und der Schwalbenmann . „Ein Fluss fließt immer dahin, wohin ihn das Flussbett trägt. Es muss nie nach dem Weg fragen, sondern folgt immer der vorgegebenen Form.“ Wir schreiben das Jahr 1939. Anna wächst bei ihrem Vater in Krakau auf, einem liebevollen Mann, dem nichts auf der Welt wichtiger ist als seine Tochter. Wenn er Verpflichtungen nachzukommen hat, möchte er nicht, dass Anna alleine zuhause bleibt. So bringt er sie auch jetzt bei einem Freund unter. Als Annas Vater das Mädchen nicht abholt, sieht sich der „Freund“ außerstande, seine Pflicht weiter zu erfüllen. Die Zeiten sind gefährlich und er setzt Anna vor die Tür. Wer nun denkt, dass dieser Roman wie so viele andere fortfährt, irrt sich. Der Autor schaut nicht in die Stadt, um als stiller Beobachter des Grauens zu fungieren. Er zeigt nicht an konkreten Inhalten, wie die kalte Hand des Nazi-Regimes seinen Griff immer mehr verstärkt. Man bekommt keinen Blick in die Veränderungen des gewohnten Alltags der Menschen, der nach und nach an Inhalt und Substanz verliert. Der Hörer wohnt weder Massentötungen noch Frontkämpfen in großem Ausmaß bei. Nein, Gavriel Savit schreibt und Laura Maire liest eine andere Geschichte des Krieges, die dennoch eine sehr eindringliche Wirkung auf mich hat. Anna trifft auf einen geheimnisvollen Mann, den sie nach einiger Zeit den Schwalbenmann nennen darf, und schließt sich ihm an. Das Hörbuch bietet kaum Handlung, es schildert überwiegend den Weggang des ungleichen Paares aus Krakau. Während der jahrelangen Flucht, die von vielen bunten, Unterhaltungen in vielerlei Sprachen geprägt ist, begreife ich gemeinsam mit Anna, warum es so wichtig ist, wie der Schwalbenmann sie sich zu verhalten lehrt. Er schult sie in der Kunst des Überlebens, ist aber – das wird im späteren Verlauf der Geschichte deutlich – ebenso sehr von ihr abhängig. Auf leichte, aber sehr eindringliche Weise baut der Autor das Voranschreiten des Krieges in Polen während der lange währenden Wanderung der beiden mit ein. Obwohl sich der Hörer so gut wie nie mitten im Krieg befindet, begreift er dennoch intuitiv dessen Verlauf und Entwicklung. Der Schwalbenmann ist eine mysteriöse Figur im Roman. Während man alle anderen Charaktere ganz eindeutig der Spezies Mensch zuordnen kann, war ich mir zum Ende hin bei diesem Protagonisten nicht mehr sicher. Er wirkte phasenweise unmenschlich, aber auch übermenschlich, sogar magisch. Immer wenn ich glaubte, seine Figur begriffen zu haben, entglitt er meinen Händen wieder wie ein glitschiger Fisch. Die Geschichte von Anna und dem Schwalbenmann hat mich in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg – und Krieg überhaupt – sehr viel tiefer getroffen als viele andere Schilderungen der „Tatsachenberichte“. Da es kaum konkrete Beschreibungen gab, blieb sehr viel Raum für eigene Gedanken und Gefühle. Dazu passte der eigenwillige, poetische, manchmal gar sanfte Sprachstil des Autors, der mich mit seinen metapherhaften Schilderungen sehr häufig zum Sinnieren einlud und mir teils starke Empfindungen entlockte. Der Autor zeichnet äußerst sorgsam das Gefühlsskelett des Krieges – zumeist grausam, aber was wären wir ohne die Hoffnung? Laura Maire liest diese Geschichte äußerst sanft und einfühlsam und die überwiegende Zartheit ihrer Interpretation unterstreicht, wie wichtig die vom Autor fokussierte Hoffnung ist. Auch Erzählung und taucht immer wieder tief in die Empfindungswelt der Protagonisten ein. Für mich ist Laura Maire die perfekte Wahl für dieses Hörbuch. „Anna und der Schwalbenmann“ ist dem Bereich Jugendbuch (empfohlenes Lese- und Höralter ab 14 Jahren) zugeordnet. Auch wenn die sprachliche Umsetzung manchmal sehr anspruchsvoll ist, empfinde ich diese Kategorisierung als gut gewählt. Dieses Buch muss man inhaltlich nicht zu hundert Prozent sezieren, nicht jeden Satz konkret verstehen. Krieg ist ein Geflecht aus Gefühlen . Diese Empfindungen halte ich für sehr treffend umgesetzt und sie sind ganz sicher auch von jugendlichen Lesern erspürbar. Inhalt Krakau, 1939. Anna ist noch ein Kind, als die Deutschen ihren Vater mitnehmen, einen jüdischen Intellektuellen. Sie versteht nicht, warum. Sie versteht nur, dass sie allein zurückbleibt. Und dann trifft Anna den Schwalbenmann. Geheimnisvoll ist er, charismatisch und klug, und ebenso wie ihr Vater kann er faszinierend viele Sprachen sprechen. Er kann Vogellaute imitieren und eine Schwalbe für sie anlocken. Und er kann überleben – in einer Welt, in der plötzlich alles voller tödlicher Feindseligkeit zu sein scheint. Anna schließt sich dem Schwalbenmann an, lernt von ihm, wie man jenseits der Städte wandert, sich im Wald ernährt und verbirgt. Wie man dem Tod entkommt, um das Leben zu bewahren. Aber in einer Welt, die am Abgrund steht, kann alles gefährlich werden. Auch der Schwalbenmann. Das Hörbuch zu „Anna und der Schwalbenmann“ von Gavriel Savit ist im Februar 2016 unter der ISBN-Nr. 978-3-8445-2140-5 bei „der Hörverlag“ (Randomhouse) erschienen. Die ungekürzte Version des Audiobooks umfasst 5 CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 6h 18 min. Autor Gavriel Savit ist Autor und Schauspieler. Nach seinem Abschluss an der Universität von Michigan – als Musicaldarsteller – zog er nach New York, um dort seine Bühnenlaufbahn zu verfolgen. Als Schauspieler und Sänger ist Gavriel Savit inzwischen auf drei Kontinenten aufgetreten, von New York bis Brüssel und Tokyo. Er lebt in Brooklyn. “Anna und der Schwalbenmann” ist sein erster Roman. Sprecherin Laura Maire, geboren 1979 in München, absolvierte ihre Ausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt. Bekannt wurde sie durch eine Hauptrolle in der ARD-Vorabendserie “Verdammt verliebt”. Sie ist u.a. die Stimme von Kirsten Dunst und synchronisiert Ashley Greene (als Alice Cullen) in der “Twilight”-Reihe. Daneben war sie immer wieder in “How I Met Your Mother” zu hören. Maire erhielt 2011 den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin. 2014 las sie für den Hörverlag den Thriller “Schattengrund” von Elisabeth Herrmann und erhielt für ihr “virtuoses Sprach-Spiel” noch einmal den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin. Quelle: Randomhouse

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