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Rezension zu
Die Schneekönigin

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ganz nett, aber anders als erwartet...

Von: Bücherphilosophin
15.02.2016

Viel hat der neue Roman von Michael Cunningham nicht zu tun mit dem gleichnamigen Märchen von Hans-Christian Andersen – zumindest so wie ich es in Erinnerung habe. Lesenswert ist er trotzdem, auch wenn er den literarische Tiefgang von “Die Stunden” leider vermissen lässt. Vor der Lektüre hatte ich mich zwar auf märchenhafte Lesestunden eingestellt, bin mit dem New Yorker Realismus, den Michael Cunningham mir stattdessen vorsetzt allerdings durchaus zufrieden. Die Geschichte tritt aufgrund ihrer Gebundenheit an Zeit und Raum ein wenig auf der Stelle, oft scheint Michael Cunningham interessierter an politischen Diskussionen, die sich zu Tiraden auswachsen, als sich etwas einfallen zu lassen, dass der Handlung etwas Feuer unterm Hintern macht und auch das Happy End wirkt auf mich überaus “understated” – was in meinem Fall lediglich eine Beobachtung und keine Kritik darstellt. Denn gerade durch die zäh fließende Handlung bietet “Die Schneekönigin” eine überaus gemütliche Lektüre, auf die man sich trotz allem voll und ganz konzentrieren muss. Michael Cunningham macht stilistisch nämlich keine Kompromisse und schiebt oft Gedanken ein, die über mehrere Zeilen ausgeführt werden, bis man als Leserin schon wieder vergessen hat, was der eigentliche Stein des Anstoßes war – zum Glück kann man im Zweifelsfall ein paar Zeilen zurück gehen und seine Erinnerung an den Anfang des Rahmensatzes etwas auffrischen. Ideal ist diese Art der Lektüre allerdings nicht, denn es unterbricht den Lesefluss und bringt mich persönlich oft raus. Zum Glück nehmen die stilistischen Sperenzchen des Autors jedoch nie Überhand und “Die Schneekönigin” ist insgesamt ein sehr eingängiges Buch. Was dabei großflächig auf der Strecke bleibt ist der Tiefgang, sowohl die Handlung ist oberflächlich – beispielsweise erfährt die Leserin, dass eine der Figuren an Krebs stirbt, ihr Kampf gegen die Krankheit wird jedoch nicht thematisiert. Die verschiedenen Teile des Romans sind lediglich Momentaufnahmen, die mir als Leserin einen Ausschnitt der Handlung präsentieren. Der größte Teil des Lebens der Figuren geschieht jedoch in den Bereichen der Geschichte zu denen mir Michael Cunningham keinen Zugang gewehrt. Das Buch welches entsteht, wenn sein Autor sich nur auf das minimal wesentliche bezieht, ist meines Erachtens jedoch lediglich ein Schatten des Buchs, welches Michael Cunningham hätte schreiben können. “Die Schneekönigin” gibt mir als Leserin nie mehr als das absolute Minimum und damit kann ich mich einfach nicht zufrieden geben. Insgesamt war ich trotz anfänglich anderer, märchenhafterer Erwartungen mit “Die Schneekönigin” durchaus zufrieden. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Michael Cunningham nur einen Bruchteil des Potenzials nutzt, das die Geschichte in sich trägt. Diese Erkenntnis schmälerte oft mein Lesevergnügen, hätte ich doch gerne am Leben der Figuren teilgenommen, anstatt immer nur im Rückblick kurz gesagt zu kriegen, was zwischen den einzelnen Teilen des Romans alles geschehen ist; Chemo, Hochzeit, Plattenvertrag, etc. Letztlich macht das “Die Schneekönigin” nicht zu einem Roman, von dem ich anderen Leserinnen konsequent abraten würde. Doch es ist auch nicht Michael Cunninghams bester Roman, bzw. ein Roman der seine Leserin (also mich) nach der Lektüre vor lauter Begeisterung durch Lesezimmer tanzen lässt.

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