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Rezension zu
Die Kunst des Verschwindens

Silvester und Neujahr sind magisch

Von: Zauberberggast
01.01.2024

Sind die Begegnungen mit Menschen, die wir im Laufe unseres Lebens machen, wirklich reiner Zufall oder steckt so etwas wie Schicksal dahinter? Ist die Zeit “zwischen den Jahren”, sind Silvester und Neujahr wirklich “magisch”, wie es eine der Protagonistinnen in Melanie Raabes Roman sagt oder laden wir diese seltsame Zeit nur mit dieser Bedeutung auf, weil wir uns während dieser Tage wie “aus der Zeit gefallen” fühlen? Ist Identität fluide? Und: Können Menschen wirklich verschwinden bzw. abtauchen? All diese Fragen stellt Melanie Raabe direkt oder indirekt in ihrem Roman “Die Kunst des Verschwindens”. Es macht meiner Meinung nach wenig Sinn die Handlung dieses Romans in irgendeiner Weise zusammenfassen zu wollen, nur so viel: Es geht um zwei Frauen, beide auf den Tag genau gleich alt (32), Nico und Ellen. Ihre scheinbar magische Begegnung in der Silvesternacht verändert das Leben der beiden für immer. Ich möchte nicht spoilern, habe mir aber vorgenommen in meinen Rezensionen ab jetzt immer zu erwähnen, wenn es eventuelle Trigger-Themen in Romanen gibt. Wer diese nicht lesen/wissen möchte, liest jetzt bitte nicht weiter. Also, im Roman geht es um viele traumatisierende und traurige Dinge, von denen ich euch hier nur Schlagworte mitteile: Tod durch Ertrinken, plötzlicher Tod, Ghosting/Gaslighting, Suizid, Krebs, Totgeburt, Drogensucht, Stalking, Gewalt, tote Tiere. Ihr seht schon, dies ist kein Wohlfühlroman und er hat mich an vielen Stellen auch ziemlich runtergezogen. Dennoch ist der Roman stellenweise sprachlich sehr schön. Die beiden Theaterszenen mochte ich wirklich gerne. Also gleich den Anfang, als sich Ellen alias Titania im “Sommernachtstraum” langsam aus ihrer Rolle “schält”. Zunächst scheint sie ganz eins zu sein mit ihrem Bühnen-Ich, gleichsam verwachsen mit der Kulisse. Die Szene wird gespiegelt, als Nico zum ersten Mal nach langer Zeit wieder ins Theater geht und nach und nach eins wird mit der Produktion, bis sie selbst ein Teil davon ist und von einem Begeisterungssturm mitgerissen wird. In diesen Szenen konnte Melanie Raabe ihr schriftstellerisches Talent voll zur Geltung bringen. Überhaupt sind ihre Stärken meiner Meinung nach die surrealen Szenen. Stellenweise war ich sehr bewegt, bei der Szene an der französischen Küste habe ich sogar geweint. Eine Fehlannahme von mir war, dass der Roman hauptsächlich “zwischen den Jahren” spielt, aber tatsächlich ist das gar nicht der Fall. Meiner Meinung nach hätte es sehr gut gepasst, die Handlung auf diese Zeit zu kondensieren. Nur der Beginn des Romans spielt aber in den letzten Dezembertagen, der Höhepunkt ist die Silvesternacht. Magisch”, sagte sie, “Silvester und Neujahr sind magisch.” In diesem Sinne kann man den Roman wunderbar in der Zeit des bevorstehenden oder des tatsächlichen Jahreswechsels lesen, in der Schein und Sein so wenig klar abgegrenzt scheinen, wie es sonst der Fall ist. Allen, denen die oben erwähnten Trigger-Themen nichts ausmachen, kann ich den Roman empfehlen. Ich denke jede/r kann etwas anderes aus diesem Buch mitnehmen, das etwas in die Richtung “Magischer Realismus” geht. Außerdem ist er so geschrieben, dass man wunderbar ein Drehbuch daraus machen könnte. Intelligent gemacht, stellenweise etwas artifiziell.

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