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Rezension zu
Reykjavík

Solider “Cold Case”-Roman aus prominenter Feder

Von: Büchermonster
29.12.2023

Wenn einer der bekanntesten isländischen Thriller-Autoren nicht der prominenteste Name auf dem Buchcover seines eigenen Romans ist, dann sorgt dies zwangsläufig für besondere Aufmerksamkeit wie hier im Fall von “Reykjavík”. Denn Ragnar Jónasson, vor allem bekannt für seine auch international erfolgreich “Dark Iceland”-Reihe, hat sich bei diesem Buch Unterstützung von der mit ihm befreundeten Katrín Jakobsdóttir geholt. Dieser Name mag im deutschen Sprachraum vielleicht nicht allzu vielen direkt etwas sagen, seit 2017 ist die in Reykjavík geborene Politikerin allerdings die Premierministerin von Island – und hatte während des Corona-Lockdowns offenbar noch genügend Zeit für das Schreiben eines Spannungsromans. Kein Wunder also, dass “Reykjavík” zum meistverkauften Buch 2022 im skandinavischen Inselstaat wurde. Das “Lockdown-Baby” zweier prominenter isländischen Persönlichkeiten Wenig überraschend spielt der Roman dann auch in der isländischen Hauptstadt, allerdings die meiste Zeit im Jahr 1986. Zu dieser Zeit jährt sich das rätselhafte Verschwinden der 15-jährigen Lára zum 30. Mal, die 1956 als Haushaltshilfe auf der Insel Viðey arbeitete und dort zuletzt gesehen wurde. Seitdem fehlt von dem Mädchen jede Spur, doch der Fall “Lára” ist der Bevölkerung Islands immer noch sehr präsent – auch weil sich regelmäßig jemand erfolglos daran versuchte, das Schicksal der Vermissten doch noch aufklären zu können. Auch der Journalist Valur sieht in den damaligen Ereignissen seine Chance, endlich einen Durchbruch in seiner Karriere zu schaffen und sich vom regionalen Schreiberling hochzuarbeiten, und rollt den Fall nach drei Jahrzehnten ein weiteres Mal neu auf. Mühsame Ermittlungen in einem 30 Jahre alten Vermisstenfall Mit der Bezeichnung “Thriller” weckt man bei diesem Roman womöglich falsche Erwartungen, denn in “Reykjavík” geht es über weite Strecken insgesamt eher ruhig und gemächlich zu – was nicht weiter verwundert, schließlich liegt der thematisierte Kriminalfall bereits viele Jahre zurück, ohne seitdem neue Erkenntnisse hervorgebracht zu haben. Die Ermittlungsarbeiten von Valur gestalten sich daher eher mühsam, zumal er als Reporter auch nicht die volle Einsicht in die damaligen Polizeiakten hat. Zum anderen ist das Island der 1980er-Jahre auch nicht gerade eine Hochburg des Verbrechens und vom Rest der Welt noch deutlich abgeschnittener als heute, weshalb es selbst in der Hauptstadt noch eher dörflich und familiär zugeht. Gelungene Einbettung in den historischen Kontext Dennoch ist die Lektüre dieses Buches interessant, auch weil das Autorenduo die Atmosphäre im damaligen Reykjavík gut einfängt und transportiert, zu einer Zeit in der die Einführung eines zweiten Radiosenders schon eine Art Revolution darstellt und ein anstehender Friedensgipfel zwischen US-Präsident Ronald Reagan und seinem sowjetischen Gegenüber Michail Gorbatschow das ganze Land in Atem hält – ein historischer Moment, in dem ausgerechnet das kleine Island zur vielleicht entscheidenden Weltbühne im Kalten Krieg wird. Interessanter, aber weitestgehend unspektakulärer Krimi Betrachtet man jedoch nur den Kriminalfall, dann ist „Reykjavík” insgesamt doch eher gewöhnlich und unspektakulär, wenngleich Ragnar Jónasson und Katrín Jakobsdóttir zur Mitte des Romans für eine überraschende und mutige Wendung sorgen, welche nochmal frischen Wind in die Geschehnisse bringt. Doch weder dies noch die gut präsentierte Schlusspointe können darüber hinwegtäuschen, dass sich die Handlung zumeist auf vorhersehbaren Pfaden bewegt und den Puls beim Lesen nur selten wirklich hoch schlagen lässt. Auch die Charaktere wirken zwar recht nahbar, sind zugleich aber auch weitestgehend austauschbar und bleiben kaum nachhaltig in Erinnerung. Dennoch ist “Reykjavík” alles in allem ein solider Kriminalroman, dessen großer Erfolg in Island aber in erster Linie auf die Bekanntheit der Autor:innen zurückzuführen sein dürfte.

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