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Rezension zu
Nomaden der Ozeane – Das Geheimnis der Meeresschildkröten

Die Saurier überlebt und jetzt gefährdet

Von: Edith N.
08.08.2023

Nicht, dass ich eine besondere Affinität zu Meeresschildkröten hätte. Ich dachte einfach, wenn uns schon eine engagierte Meeresbiologin von ihren Erkenntnissen und Erlebnissen erzählt, schau ich mir das mal an. Zum Glück muss man kein:e Wissenschaftler:in sein, um den Ausführungen der Autorin folgen zu können. Frauke Bagusche schreibt so, dass man es auch als interessierter Laie versteht. Wenn man bedenkt, dass die Meeresschildkröten vor rund 66 Millionen Jahren das Massensterben der Dinosaurier überlebt haben, aber jetzt als gefährdet bzw. als stark bedroht eingestuft werden, sollte man sich vielleicht doch etwas intensiver mit ihnen beschäftigen und ihnen helfen. Denn natürlich ist der Mensch an dieser Situation nicht unschuldig. Das Buch enthält neben den Farbfotos im Bildteil auch Illustrationen und Karten. Die sind zum Teil jedoch recht klein beschriftet und können auch nicht alles abbilden, was einen Leser möglicherweise interessiert. Also sitzt man da und googelt, wie sich der Panzer der Tiere entwickelt hat und wie die Urahnen der Schildkröten ausgesehen haben (Pappochelys rosinae). Ach, und im Naturkundemuseum am Löwentor in Stuttgart kann man diese „älteste Schildkröte der Welt“ als Fossil anschauen? Wäre eine Idee. Aber fürs Verständnis bringt eine Rekonstruktionszeichnung des lebendigen Tieres dem Laien zunächst mehr. Und wie sind die modernen Meeresschildkröten nun mit den Landschildkröten verwandt? Klar ist, dass sich die marinen Arten aus den Landschildkröten entwickelt haben. Das scheint mehrfach in der Geschichte stattgefunden zu haben, so dass die Abstammungs- und Verwandtschaftsverhältnisse etwas kompliziert sind. Wie lebt es sich eigentlich so als ehemaliges Landtier im Wasser? Wie haben sich die Meeresschildkröten daran angepasst, salziges Meerwasser trinken zu müssen? Wie nehmen sie ihre Nahrung auf, wie zerkleinern sie sie? Sie haben ja keine Zähne. Wir lernen Erstaunliches über ihre Sinne … wie sie unter Wasser sehen, riechen und hören und wieso sie ausgerechnet ihr empfindlicher Geruchssinn dazu verführt, im Meer schwimmendes Plastikzeug zu fressen. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass sich die Tiere nicht nur nonverbal, sondern auch mit Lauten untereinander verständigen. Und für begnadete Tieftaucher hätte ich die Reptilien auch nicht gehalten. Lederschildkröten zum Beispiel können mehr als 1.200 Meter tief tauchen. Aber die sind doch wechselwarm! Kriegen die dann im tiefen, kalten Wasser keine Probleme? Trotz gründlicher Anleitung kann ich nur drei der sieben Arten relativ sicher identifizieren. Den Rest kann ich leider nicht auseinanderhalten. Aber ich glaube, das müssen wir Laien auch gar nicht. „Erreichen Meeresschildkröten ihr fortpflanzungsfähiges Alter, wandern Männchen und Weibchen – nachdem sie sich in küstennahen Jagdgründen ausreichende Ressourcen angefressen haben – zurück in Richtung ihrer Geburtsstrände.“ (Seite 91) Diese Wanderung kann mehrere Monate dauern, weil die Tiere zwischen Fress- und Nistplätzen Hunderte oder sogar Zehntausende Kilometer zurücklegen. Nach Paarung und Eiablage kehren sie wieder an ihre Fressplätze zurück. Wie sie zur Paarung an den Ort zurückfinden, an dem sie geschlüpft sind, ist nicht restlos geklärt. Vermutlich verinnerlichen sie die magnetische Signatur ihres Geburtsorts und nutzen diese Information als eine Art inneren Kompass. Man weiß auch nicht genau, wo die kleinen Schildkröten ihre Kindheit verbringen. Das nennt sich „die verlorenen Jahre“. Nur bei den Karettschildkröten ist klar, dass sich die Kleinen in Richtung Golfstrom bewegen und von dort in die Sargassosee treiben lassen. Das ist ihr „Kinder- und Jugendzimmer“. Bedroht sind die Tiere, wie gesagt, durch Wilderei und Fischfang (Beifang), durch Krankheit, Bebauung ihrer Niststrände sowie durch die Erwärmung und die Vermüllung der Ozeane. Wir erfahren, was bereits getan wird, um die Tiere zu schützen und zu retten, was darüber hinaus getan werden kann und müsste – und was wir selbst dazu beitragen können, auch wenn wir weit weg vom Lebensraum der Meeresschildkröten wohnen. Ich fand das Buch unterhaltsam geschrieben und informativ. Ich habe einiges dazugelernt und mich stellenweise dafür geniert, ein Mensch zu sein. Das geht mir bei Naturschutzthemen oft so. Irgendwie kriegt der Homo sapiens eben alles kaputt.

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