Rezension zu
Der gewöhnliche Mensch
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Von: Frank Menden„Freunde waren die Bestätigung, dass andere einen akzeptieren, dachte Ragnar, und Menschen hatten sich so zu verhalten, dass sie akzeptiert wurden. Sonst wurde Gesellschaft unmöglich und das Leben für den Einzelnen zu schwer.“ Schon mit „Widerrechtliche Inbesitznahme“ hat mich Lena Andersson 2015 begeistert Ihr neuer Roman „Der gewöhnliche Mensch“ @luchterhand_verlag , übersetzt von Antje Ravik Strubel, ist für mich ein literarisches Vergnügen, dass viel Stoff zum nachdenken bietet. Anhand des Protagonisten Ragnar Johansson, der die Werte der schwedischen Sozialdemokratie vollkommen verinnerlicht hat und lebt, seziert die Autorin die Prägung der Gesellschaft durch diese „Volksheim-Politik“. Warum Leistungsdenken, Gemeinwohl, Fleiß und Rationalität schon bei der nächsten Generation auf Ablehnung stoßen und warum der Glaube an Unverletzlichkeit durch Strebsamkeit und Unterordnung in sich zusammenfällt und das Gewöhnliche als unzeitgemäß gilt - dies schildert Lena Andersson mit scharfsinnigem Witz und pointieren Sätzen, die ich zuhauf unterstrichen haben. Über Svea, Ragnars Mutter, heißt es zum Beispiel an einer Stelle, dass sie „das Pech hatte, in einer Epoche jung gewesen zu sein, die das Alter verehrte, und alt zu sein in einer Epoche, die der Jugend huldigte.“ Der Roman, obwohl überwiegend in der Vergangenheit spielend, hält unserer Gesellschaft den Spiegel vor und zeigt sehr genau die fast unbemerkten Risse in unserem Leben auf und hinterlässt uns mit der Frage : „Was ist die richtige Art zu leben?“ Ich verneige mich vor Lena Andersson für diesen so klugen wie hintergründig witzigen Roman. Ein Lebens - und Lesehighlight.
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