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Rezension zu
Neues Backen

Eine Liebeserklärung ans Backen

Von: magentratzerl
03.02.2023

Die Amerikanerin Laurel Kratochvila kam in jungen Jahren nach Prag – sie wollte in Europa eine Sinnkrise besiegen. Sie arbeitete erst in einer Bar dann in einer Buchhandlung – und heiratete schließlich den netten Buchhändler. Man kam auf die Idee, nach Berlin zu gehen und dort eine Buchhandlung aufzumachen, was sich als wenig ertragreich herausstellte. Da besann sich Laurel Kratcochvila auf ihre Leidenschaft für das Backen und begann in der Buchhandlung Gebäck anzubieten, um ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Sie machte eine Bäckerausbildung in Frankreich – und heute gibt es das Fine Bagels – und die dazugehörige Buchhandlung. Nun hat Laurel ihre Backerfahrungen nun in einem Buch zsammengefasst. Im Buch gibt es 99 Rezepte aus ganz Europa, unterteilt in Brote und Brötchen, Brioches und angereicherte Teige, Plunder- und Blätterteig sowie Tartes und Plätzchen. Auch ein Kapitel mit Grundrezepten für Marmeladen, Cremes und Ähnliches fehlt nicht. Die Kapitel sind sehr ausführlich und gut nachvollziehbar aufgebaut – es gibt immer zuerst Grundrezepte für die benötigten Teige (beim Brot ist es der Sauerteigstarter), und darauf aufbauend dann die Rezepte, in denen die Teige verwendet werden. Die Grundlagen sind sehr ausführlich dargestellt und viele Step-by-Step-Bilder erleichtern das Nacharbeiten. Und da gibt es eine riesige Vielfalt an Rezepten – vom kräftigen Roggenbrot über Bagels, Plunderteilchen mit Baklava-Topping, Spekulatius mit Roggenmehl, Hackfleischröllchen mit Blätterteig – ich habe einiges ausprobiert und doch nur an der Oberfläche gekratzt. Die Rezepte machen aber nur einen Teil des Buches aus. Die Autorin ist auch durch Europa gereist und hat Bäckerinnen und Bäcker besucht, die sie uns vorstellt. All diese Menschen haben eine Vision, backen mit Leidenschaft und ihre Lebensgeschichten sind faszinierend. Da ist zum Beispiel Diogo Amorin aus Lissabon, von dem das Rezept für das portugiesische Maisbrot stammt. Er ist gelernter Koch und eröffnete bereits mit 21 seine eigene Bäckerei. Sein Ziel war es, die Brotkultur Portugals wieder aufleben zu lassen – weg vom billigen Industriebrot mit importiertem Getreide. Er begann damit, Landwirte zu überreden, Getreide für ihn anzubauen. Heute ist er 26 und bäckt in insgesamt 3 Filialen handwerkliches Brot aus traditionellen Getreidesorten. Übrigens ist das ein schönes Buch – es macht Freude, darin zu blättern. Die hochwertige Aufmachung mit mattem Papier und gedeckten Farbtönen wirkt einladend und die vielen Fotos, nicht nur vom Gebäck, sondern auch von den vorgestellten Menschen und ihren Bäckereien, tun ihr Übriges. Das Alltagsbrot wird mit Weizensauerteig und kräftigem Weizenmehl 812 gebacken. Lange, kühle Teigführung sorgt für Aroma und gute Frischhaltung. Es passt zu salzigen und süßen Belägen – wirklich ein Brot für jeden Tag. Das sind weiche Milchbrötchen – und die sind nicht nur wirklich weich und flauschig, sondern auch schön aromatisch und haben eine gute Frischhaltung. Dafür sorgen eine lange kühle Gare mit wenig Hefe und die Zugabe von erwas altem Sauerteig. Außerdem kommt etwas geröstetes Maismehl an die Brötchen, das macht sich angenehm bemerkbar. Pão de Deus – leicht süße portugiesche Brötchen aus einem klassischen Milchteig mit einem Kokosnuss-Topping und einem kleinen Puderzucker-Häubchen. Passt super zu einer Tasse Kaffee, finde ich. Seigle d’Auvergne ist ein Roggenbrot aus dem französchen Zentralmassiv. Der Hauptteig wird mit heißem Wasser zubereitet, das hebt die natürliche Süße des Roggens hervor, das Brot ist kräftig und doch mild. Das ist portugiesisches Maisbrot – ein Brot, das mit Roggensauerteig getrieben wird und erstaunlich herzhaft schmeckt. Das Maismehl hat seinen Auftritt in der Krume – die ist dicht und feucht. Ein sehr ungewöhnliches Brot: karamellisiertes Kaffeebrot nach Xavier Netry. Es ist ein Weizensauerteigbrot, das mit Karamell angereichert wird, der mit Kaffee abgelöscht wurde. Auch die Schüttflüssigkeit ist Kaffee. Und als Clou ist noch gepuffter Reis im Brot, das gibt zusätzlichen Knusper. Schokoladentarte aus dem Kapitel über Mürbteig – und auch hier ist ein Twist eingebaut: auf den Mürbeteig kommt eine Schokoladencreme, dann eine Ganache. Diese wird statt mit Sahne mit Tahin hergestellt. Die nussige, leicht herbe Note passt wunderbar; allerdings hätte uns auch die halbe Menge Ganache genügt. Fazit: Dieses ist eine Fundgrube für alle die gerne backen. Buch bietet reichlich Stoff zum Ausprobieren für Einsteiger*innen und geübte Bäcker*innen. Ich werde damit jedenfalls noch eine Weile beschäftigt sein. Und es ist auch eine Liebeserklärung an das Backen und an die Menschen, die ihr Leben diesem Handwerk gewidmet haben.

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