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Rezension zu
Tage ohne Cecilia

Tage in Lissabon

Von: Literaturreich
25.10.2022

„Ich habe mich in dieser Stadt niedergelassen, um dort auf das Ende der Welt zu warten.“ So beginnt Antonio Muñoz Molina seinen Roman Tage ohne Cecilia. Ein Mann wartet. Und man beginnt früh zu ahnen, dass es ihm nicht viel anders ergehen wird als den berühmten Wartenden Estragon und Wladimir. Dennoch verfolgt man dieses Warten auf die Geliebte, Cecilia, mit großer Spannung und erfährt dabei einiges über den Ich-Erzähler, der einigermaßen unzuverlässig erscheint und den Leser:innen nicht alles zu offenbaren scheint, und sein Leben mit Cecilia. Kennengelernt haben sich die Beiden in New York, wo sie gearbeitet und gelebt haben.  Antonio Muñoz Molina hat selbst als Leiter des dortigen Instituto Cervantes gewirkt. Das Leben in Manhattan ist ihnen spätestens seit dem Terror von 9/11, den Cecilia beinahe hautnah miterlebt hat, verleidet. Die Angst, die Enge, der Schmutz - in einem Lissabonner Viertel haben sie sich eine Wohnung gekauft, in ihr wartet der Ich-Erzähler mit den schon eingetroffenen Möbeln ungeduldig auf seine Frau. Diese ist Neurowissenschaftlerin und forscht vor allem an Rattenhirnen. Sie sucht nach dem Sitz der Angst und erfahrener Traumata. Und diese teilweise unerträglich geschilderten Forschungen am Tier nehmen einen gewissen Teil des Romans ein. Für ihre Wissenschaft reist Cecilia durch die Welt, während der Erzähler von seiner New Yorker Bank vor die Türe gesetzt wurde. Die Weltwirtschafts- und Bankenkrise lässt grüßen. Nun sitzt er mehr oder weniger beschäftigungslos mit der Hündin Luria in der Lissabonner Wohnung, schaut auf den Tejo, streift durchs Viertel, sitzt in Cafés. Die tief und häufig auf ihrem Weg zum Flughafen über das Haus dröhnenden Flugzeuge sind erste Boten davon, dass das erhoffte Idyll mit Cecilia gefährdet sein könnte. Die sich andeutenden Klimakatastrophen und sich überstürzenden schlechten Nachrichten über Kriege, Fluchtbewegungen und reaktionäre politische Strömungen deuten für den Ich-Erzähler das Ende der Welt an. Es passiert wenig auf den 272 Seiten des Buches, und doch ist man als Leser:in sehr gespannt, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Man ahnt, dass Cecilia nicht so bald wie erhofft kommen wird, man stellt Mutmaßungen an. Wie der Roman dann schließlich endet, enttäuscht allerdings ein wenig. Bis dahin entwickelt Tage ohne Cecilia aber einen enormen Sog. Und ein großer Stilist und begnadeter Beobachter ist Antonio Muñoz Molina sowieso.

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