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Rezension zu
Zur See

Ein sehr bewegender Roman - großartig geschrieben

Von: Nicoles Bücherwelt
25.10.2022

Das Inselleben abseits der Urlaubsidylle Nach „Altes Land“ und „Mittagsstunde“ ist „Zur See“ der dritte Roman von Autorin Dörte Hansen. Schauplatz hier ist eine kleine Nordseeinsel, zu der die Fähre eine gute Stunde braucht, manchmal auch länger. Im Mittelpunkt steht die Familie Sander, die seit vielen Generationen auf der Insel lebt. Damals sind die Männer zur See gefahren, auf Walfang, und mit dem Warten begann immer die Angst, ob sie die unberechenbare See überleben. Auch wenn heute vieles anders ist, die alten Geschichten und Erinnerungen schweben über den alteingesessenen Inselbewohnern. „Irgendwo in diesem Haus, verborgen unter Deckenbalken, hinter Mauerankern oder alten Fliesen, in den Ritzen eines Knochenzauns vielleicht, müssten auch noch die Geschichten sein, die nicht geschrieben wurden: die Erinnerungen der Ertrunkenen (…) Und in den Wäschetruhen tief versenkt, die Nachlässe der Seemannfrauen: Chroniken des Wartens und Alleinseins (…) – Seite 12, eBook Auch bei Familie Sander, denen das alte Kapitänshaus mit dem Knochenzaun gehört, ist die Vergangenheit noch tief verwurzelt. Jeder der Mitglieder hat eine eigene bewegende Geschichte. Hanne hat drei Kinder großgezogen, ihr Mann Jens hat vor zwanzig Jahren die Seefahrt aufgegeben, hat Frau und Kinder verlassen und ist zum Einsiedler geworden. Die drei Kinder Ryckmer, Eske und Henrik sind inzwischen erwachsen und leben völlig unterschiedliche Leben – aber alle sind auf der Insel geblieben. Jeder hat mit eigenen Dämonen zu kämpfen – manche Wunden sind nie ganz verheilt. Dann ist da noch Matthias Lehmann, seit zwanzig Jahren Inselpastor in der Seemannskirche. der jeden Morgen am Strand joggt und schließlich sein Leben hinterfragt. „Man muss, wenn man auf einer Insel leben will, die Tagesränder suchen. Die Dämmerzeiten zwischen Tag und Nacht. Die frühen Nebelmorgen und die späten Regennachmittage.“ – Seite 20, eBook Ein zentrales Thema ist auch der Tourismus. Dieser hat mit den Jahren zugenommen und sich verändert. „Ein Haus am Meer gekauft. Das Luftschloss festgemacht mit Backstein, Rosenhecke und Alarmanlage. Und dann ernüchtert festgestellt, dass es nicht schwebt. Sie halten es nie lange aus in ihren Inselhäusern. (…) Man sieht die Träume noch, wenn man vorübergeht an diesen kalten Häusern, wie man in einem Bernstein manchmal noch ein Tier erkennen kann, sehr schön und still in der Versteinerung.“ – Seite 25/26, eBook Schon auf den ersten Seiten kommt der beeindruckende, detaillierte und gleichzeitig glasklare Schreibstil von Dörte Hansen zur Geltung. Atmosphärisch dicht erzählt sie von der abgelegenen Nordseeinsel und ihren Bewohnern, von Nebelmorgen und Knochenzäunen, von Mythen und Vergangenem, von Traurigkeit, Sehnsucht und der Suche nach Glück. Die Charaktere sind sehr stark gezeichnet – ob es die Mitglieder der Familie Hansen oder der Inselpastor ist, jeder kämpft mit eigenen Ängsten und Sorgen und Vergangenem. Nach und nach bekommen wir ein klares Bild von den einzelnen Figuren und verstehen, wie vieles so gekommen ist, wie es heute ist. Auch die Nebenfiguren sind sehr gut eingefügt. Sehr bildgewaltig beschrieben wird auch die See – von der Anziehungskraft, die sie ausübt, aber ebenso auch von den Schattenseiten. Mal still mal rau, die Autorin gibt hier die unterschiedlichen Momente wieder, auch Einblicke hinter den Urlaubskulissen. Es wird bewegend, oft berührend und auch auf besondere Weise fesselnd. Und im Laufe eines Jahres ändert sich einiges – für jeden und jede auf ganz eigene Weise. Und mit einem überraschenden Ende. Mein Fazit: Ein atmosphärisch dichter Roman, der großartig geschrieben ist. Bildgewaltig, detailreich und klar erzählt Dörte Hanse die Geschichte von der See, einer Nordseeinsel und ihren Bewohnern – abseits von der Urlaubsidylle. Es wird bewegend mit Erinnerungen an Vergangenes, Veränderungen und persönlichen Schicksalen der stark gezeichneten Charaktere. Ein Lesehighlight.

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