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Rezension zu
Zur See

Zur See

Von: Elena_liest
24.10.2022

„Alle Inseln ziehen Menschen an, die Wunden haben, Ausschläge auf Haut und Seele. Die nicht mehr richtig atmen können oder nicht mehr glauben, die verlassen wurden oder jemanden verlassen haben. Und die See soll es dann richten, und der Wind soll pusten, bis es nicht mehr wehtut.“ - Dörte Hansen, "Zur See" Seit fast 300 Jahren lebt die Familie Sander bereits auf der kleinen Nordseeinsel, ihr Walfänger-Haus ist ein beliebtes Fotomotiv für Tourist*innen, heute zieht es aber nur noch den ältesten Sohn Ryckmer auf die See - genauso wie zum Alkohol. Vater Jens ist vor Familie und Seefahrt in die Einsamkeit des Berufs als Vogelwart geflohen, Mutter Hanne ist rastlos, auf der Flucht vor eben jener Einsamkeit, Tochter Eske pflegt in einem Altersheim alte Seefahrer und Witwen, ist zugleich von einer riesigen Wut und Abwehrhaltung gegenüber der Touristikbranche erfüllt. Nur der jüngste Sohn Henrik scheint sich in seinem Leben wohl zu fühlen, jeden Morgen sammelt er Treibgut am Strand und stellt daraus Figuren her. Aus dieser zerrissenen Familienkonstellation heraus erzählt Dörte Hansen in ihrem neuen Roman "Zur See" vom Leben auf einer Nordseeinsel, von der Ambivalenz der Abgeschiedenheit der Inselbewohner*innen auf der einen Seite und den nicht abreißen wollenden Urlauber-Strömen in den Sommermonaten auf der anderen. Ein Jahr lang begleiten die Leser*innen die Familie Sander - ein Jahr, in dem sich zuerst fast unmerklich, und dann doch schlagartig alles für sie verändert. Ohne viele Dialoge, aber dennoch voll menschlicher Zwischentöne berichtet die Autorin von vererbten Traumata, von Einsamkeit, menschlichen Abgründen, Sucht und den Schattenseiten des Fremdenverkehrs. Gleichzeitig ist "Zur See" aber auch eine Geschichte über tiefe Verwurzelung mit geliebten Menschen und Orten, der Zuneigung zur Natur sowie der Sehnsucht nach dem Meer, wie immer ganz wunderbar erzählt. Vom Land auf die See reist Dörte Hansen mit "Zur See" - diese buchige Überfahrt ist ihr sehr gut gelungen, auch wenn mich ihr Debüt "Altes Land" thematisch etwas mehr angesprochen hat als dieses Werk. Beeindruckend finde ich, wie gut es ihr gelingt, eine ganz individuelle Geschichte zu erzählen, die gleichzeitig sehr allgemeingültige, aktuelle Themen behandelt: Klimakrise, Glaube, Konsum, Touristik. Von den Protagonist*innen bis zu den Nebenfiguren sehr lebendig und berührend gezeichnet - mich hat Dörte Hansen erneut überzeugt!

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