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Rezension zu
Und keiner spricht darüber

Poetisch-skurrile Geschichte über Schwerbehinderung und Realitätsverlust

Von: Kate Rapp
24.03.2022

Das Internetportal ist der Ort ihres Ruhms. Dort wurde sie mit einem albernen Post berühmt und hält sich den ganzen Tag dort auf. Sie verbringt mehr Zeit mit dem Handy als mit ihrem Mann, nur nachts hängt sie ihren Kopf an den Haken, betrinkt sich, um abzuschalten, sich fallen lassen zu können. Manchmal hält sie den Tee in dem englischen Cottage für real, sucht ihre Teetasse, wird von Baby-Hitlers verfolgt oder ist bemüht, ihre laufende Menstruation Fototauglich abzulichten. Ein Realitätsverlust in einer Welt, die so wild chaotisch, bunt, beängstigend und fremd und dabei so spannend ist wie ein ununterbrochenes schräges Märchen, das einem erzählt wird. Eine fortlaufende Fiktion, in der sie existiert, sich erfindet, sich verliert.Poetische Bilder, menschliche Gefühle und eine innere Zerrissenheit schildert Patricia Lockwood auf beeindruckende Weise, sodass dieser absurder Höllentrip in ein virtuelles Kaleidoskop gefakter Realität wie traumhaft und magisch und deshalb umso beängstigender ist. Hinein in dieses Pseudoleben bricht die Geburt ihrer Nichte, die anders ist als andere Kinder und die die Frage nach dem Bewusstsein auf eine neue Ebene hebt. Eine Ebene jenseits der angeblichen Schwarmintelligenz und millionenfacher Postings. Die Unmittelbarkeit der empfundenen Liebe, ein intensives halbes Jahr mit Sonderbuggy und Sauerstoffgerät entfremden sie von ihrem vorigen Leben, reißen sie heraus aus der Internetwelt und konfrontieren sie mit den wirklich wichtigen Fragen. Ein phantasievolles, gelungenes und hochliterarisches Buch in dem die Verführungskraft des Internet vor der intensiven Realitätserfahrung der Liebe zu einem besonderen Kind verblasst. Ein Kind, das die vorgegaukelte Perfektion und sogenannte Normalität in Frage stellt.Zurecht auf der Shortlist des Bookerpreises und des Women‘s Prize for Fiction 2021. Aus dem Englischen von Ann-Kristin Mittag, btb 2022

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