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Rezension zu
Diebe des Lichts

Ein Roman wie das Gemälde eines flämischen Malers

Von: Schneeweißchen und Rosenrot
08.11.2021

In seinem Roman „Diebe des Lichts“ erzählt Philipp Blom die Geschichte der Brüder Sander und Hugo, die als Kinder in den Wirren der Religionskriege zwischen Katholiken und Protestanten Familie und Hof – und Hugo seine Sprache – verlieren. Seitdem ziehen sie durch die Lande, die Niederlande, Spanien bis hin nach Italien. Sander, der schon immer eine Faszination für die Natur und ihre Gewächse hatte und diese in Skizzen in einer alten Bibel, die er auf seiner Flucht gefunden hatte, festzuhalten suchte, wird in den Werkstätten der flämischen Maler zum Blumenmaler ausgebildet; sein Bruder, sein stiller Schatten, ist für das Mischen von Farben zuständig. Getrieben von Schicksalsschlägen, die den Brüdern kein Leben in Frieden lassen, kommen sie schließlich nach Rom und später nach Neapel. Dort verquickt sich ihr Schicksal mit mächtigen Vertretern der katholischen Kirche, Auftraggeber für gewaltige biblische Darstellungen zu Ehren Gottes und, um das Volk zu beeindrucken und einzuschüchtern. Zentrales Motiv ist die Darstellung der Tag des Jüngsten Gerichtes, mit dem sich für Sander die Frage nach Gerechtigkeit auf Erden verbindet. Schon seit der Ermordung seiner Eltern durch katholische Truppen sucht er nach ihr. Und immer wieder stellt ihn das Schicksal vor die Frage danach: Er verliert geliebte Menschen, Aufträge, landet sogar im Gefängnis, man trachtet ihm nach dem Leben und immer wieder muss er alle Kraft zusammen nehmen und von vorne anfangen. Doch ist es nicht (nur) Schicksal oder göttliche Fügung, sondern auch der lange Arm der korrupten katholischen Kirche, der ihm immer wieder übel mitspielt. Die bildgewaltige Sprache und intensive Darstellung von Farben, Gerüchen und Stimmungen, die bisweilen an Süßkinds Roman „Das Parfum“ erinnern, lässt der Autor vor den Augen des Leser ein eindrückliches Gemälde des Lebens, der Vorstellungs- und Glaubenswelt um 1600 entstehen und porträtiert starke Figuren, nicht nur in der Wiedergabe der Gemälde, die Sander entwirft in starker Anlehnung an Hieronymus Bosch, sondern auch in der Romanwelt: das Geschwisterpaar, der charismatische, kluge Sander, sein stiller Bruder, Kind im Manne und dunkles Wesen der Nacht, die eitle Künstlerzunft sowie die verschiedenen Gestalten, die die katholische Kirche repräsentieren. Die Kardinäle und ihre Sekretäre,korrupt, verdorben und lasterhaft können Freund oder Feind sein, je nach dem, wer ihren Interessen nützlich ist oder nicht. Die Kirche ist hier nicht die Instanz, die Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Gerechtigkeit in die Welt bringt, sondern sie erweist sich als gefräßiger Schlund, der mit der Angst der Menschen vor Tod, Sühnefeuer und Hölle spielt und sich an ihr bereichert, aber anscheinend keine Angst davor hat, selbst aufgrund ihrer sexuellen Ausschweifungen, Orgien, Prunksucht und Völlerei vom Höllenschlund verschluckt zu werden. Sander, der der katholischen Kirche kritisch distanziert gegenübersteht, ist bald Nutznießer ihrer Gunst, bald ihr ärgster Feind. In Auseinandersetzung mit diesem gierigen Moloch, der alles und jeden zu verschlingen droht, bisweilen auch die eigenen „Kinder“, und mit der von ihr verbreiteten zentralen Glaubenslehre vom kommenden Tag, an dem über die Guten und die Bösen gerichtet wird und die Gerechtigkeit wiederhergestellt wird, findet Sander seine ganz eigene Antwort auf die Frage nach der Gerechtigkeit auf Erden und in seinem Leben. Ob es eine befriedigende sein wird – auch für den Leser -, sei dahingestellt.

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