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Rezension zu
Bevor ich dich sah

Lesenswertes Krankenhaus-Geflüster

Von: Karin P.
19.07.2021

Kann man sich in jemanden verlieben, den man noch nie gesehen hat? Einige Romane und Filme haben diese Fragen schon auf ihre Weise beantwortet. Im Roman von Emily Houghton ist die Situation recht speziell: Denn Alice und Alfie telefonieren nicht etwa miteinander oder schreiben sich Nachrichten, sie liegen tatsächlich nebeneinander auf einer Krankenstation. Dennoch können sie sich nicht sehen, denn Alice besteht aufgrund ihrer schweren Verbrennungen darauf, dass niemand sie zu Gesicht bekommt. Der Vorhang rund um ihr Bett bleibt zu, und so bleiben die anderen Patienten auf der Station nur Stimmen. Besonders Alfie kommt ihr dennoch näher, als sie es bisher ihren Mitmenschen erlaubt hat: Die beiden führen intensive Gespräche, teilen ihre Ängste und Sorgen und kurieren so auch ihre unsichtbaren Verletzungen. Trägt diese Situation ein ganzes Buch mit mehr als 400 Seiten? Ja, das tut es. Denn was auf dieser Krankenstation zur Sprache kommt, hat Tiefgang. Da geht es um Lebensentwürfe, die infrage gestellt werden. Um die Fehler der Vergangenheit und die Hoffnungen auf eine erfüllende Zukunft. Mal wird aus der Sicht von Alice erzählt, die bisher die meisten Menschen ganz weit von sich weggehalten hat und nur für ihre Arbeit gelebt hat. Mal ist es Alfies Perspektive, der nur selten hinter seine fröhliche, optimistische Fassade blicken lässt. Dabei wird jedem Außenstehenden sofort klar, dass Alfie als Sportlehrer die Amputation seines Beins bestimmt mehr belastet, als er zugibt. Doch er ist die Stütze der Station – ohne seine positive Art würden die Patienten nicht so liebevoll miteinander umgehen. Mit ihren fein gezeichneten Charakteren runden diese als Nebenfiguren die Handlung ab. Die beiden Hauptfiguren sind sympathisch beschrieben, auch wenn man ihre vermeintlichen charakterlichen Fehler auf Anhieb erkennt. Auch wenn es anfangs scheint, man könnte die Entwicklung ihrer Beziehung ziemlich genau voraussagen, wird man doch immer wieder überrascht: Die beiden legen teils Verhaltensweisen an den Tag, mit denen man dann doch nicht gerechnet hätte. Das macht das Buch spannend und treibt den Leser oder die Leserin an, auch gleich noch das nächste Kapitel in Angriff zu nehmen. Da die Handlung ständig im Fluss ist und die Sprache recht einfach und gut lesbar ist, fällt es nicht schwer, schnell und leicht Seite um Seite zu konsumieren. Die Geschichte ist trotz der ernsten Ausgangssituation immer positiv, charmant und mit heiterem Unterton. So eignet sich das Buch auch perfekt als leichte Urlaubslektüre oder für ein faules Wochenende auf der Couch. Dass das Buch – egal wie tiefgründig die Gespräche sind – an manchen Stellen doch an der Oberfläche bleibt oder das Verhalten von Alice, Alfie und manchen Nebenfiguren teils übertrieben oder klischeehaft wirkt, darüber kann man gut hinwegsehen. Bekommt man als Ausgleich dafür doch eine nette Liebesgeschichte, die den Leser oder die Leserin mit einem wohlig-warmen Gefühl zurücklässt.

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