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Rezension zu
Die Entscheidung

Gewalt hinter verschlossenen Türen

Von: Lesereien
17.07.2021

Amélie Cordonnier hat mit “Die Entscheidung” einen Roman über verbale Gewalt in der Ehe und in der Familie geschrieben. Ihrer Protagonistin sind die Wutausbrüche ihres Mannes Aurélien nicht unbekannt. Schon vor sieben Jahren gab es eine Zeit, in der er sie täglich beleidigte. Depressionen und eine vorläufige Trennung waren das Ergebnis. Doch er versicherte ihr, dass er sich therapieren lassen würde, dass er sich bessern würde. Bis zu dem Tag, an dem der Roman ansetzt. Dreckige Sau oder Hündin, Ratte und Rhinozeros oder fette Kuh sind einige der eher harmlosen Beschimpfungen, mit denen die Protagonistin ständig konfrontiert wird. Sie notiert sie in einer Liste, die bereits seitenlang ist und die in ihr die Hoffnung aufrecht erhält, dass sich die Worte woanders festsetzen als in ihr. Bemerkenswert ist, dass der Roman nie urteilend auf seine Figuren blickt, sondern ihnen gerecht zu werden versucht. Denn in gewisser Weise sind alle Beteiligten Gefangene der Gewalt, die über sie hereinbricht. Auréliens Wut- und Beleidigungsausbrüche gleichen Anfällen, in denen er die Beherrschung über sich verliert, aber die er schon kurze Zeit später wieder aufrichtig bereut. Sie entziehen sich seiner Kontrolle, sind eine Erkrankung, der er nicht Herr werden kann. Der Roman verurteilt Aurélien also nicht und stellt die Beziehung zwischen den Eheleuten nicht ausschließlich als eine Täter-Opfer-Beziehung dar. Das ist neben der wichtigen Thematik eine seiner großen Stärken. Ebensowenig wird die Unfähigkeit der Protagonistin, sich von der Beziehung loszureißen, kritisiert. Denn: “Der Stärkste ist nicht immer der, von dem man es denkt. Der Schwächste übrigens auch nicht.” Auf wenigen Seiten schreibt Amélie Cordonnier auf bewegende, schonungslose und konfrontative Weise darüber, was verbale Gewalt mit einem Menschen und sogar mit einer ganzen Familie macht. Sie legt das offen dar, was normalerweise nur hinter verschlossenen Türen stattfindet und sich den Blicken der Öffentlichkeit entzieht, auch weil es keine eindeutig physischen Spuren hinterlässt. Ein wichtiges und starkes Buch!

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