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Rezension zu
Was in jener Nacht geschah

Ein komplexes Soziogramm und ein Plädoyer für weibliche Solidarität

Von: buchlesenliebe
04.07.2021

"Sie hat es nicht vergessen. Sie weiß noch alles. Sie wird immer alles wissen, jedes Detail, jede Einzelheit, auch wenn sie nichts davon laut aussprechen will. Jedes Mal, wenn sie irgendetwas von all dem laut ausspricht, wird es größer, also behält sie es in ihrem Innern und spricht nur aus, was sie muss". (S.358) Achtung Spoiler! "The Break" - so lautet der Titel der kanadischen Originalausgabe von "Was in jener Nacht geschah", die bereits 2016 erschienen ist. Die 13-jährige Emily wurde gebrochen. Wie so viele Frauen in ihrer Familie vor ihr. Gewalttätig angegriffen und vergewaltigt nach einer Party, die sie mit ihrer besten Freundin Zig besucht hat. In einer eiskalten und verschneiten Winternacht in Winnipeg, North End. In einer sozial schwachen und polizeibekannten Gegend. Vor dem Haus der jungen Mutter Stella - Cousine von Emilys Mutter Paul. Vor Stellas Haus finden sich Spuren eines schweren Überfalls, Blutlachen, eine zerbrochene Bierflache. Stella hat vier Täter in schwarzen Kapuzenjacken gesehen. Oder waren es Täterinnen? Emily schweigt. Der vielfach ausgezeichnete Debütroman der kanadischen Autorin Katherena Vermette klingt zunächst nach einem erschütternden Krimi. Doch das ist er nicht. Nicht im klassischen Sinn. Vielmehr legt die Autorin hier ein bewegendes und düsteres literarisches Soziogramm vor. Sie erzählt von generationsübergreifenden weiblichen Erfahrungen der Gewalt, Unterdrückung und Misshandlung, von Frauen, die am Rande der Gesellschaft leben, ihre Kinder primär allein erziehen, teils in Drogen- und Alkoholsucht rutschen. Vermette erzählt von Mutterverlust, abwesenden Vätern und damit verbundenen Traumata, vom Alltagsrassismus gegenüber den Métis und der indigenen Bevölkerung, von zerbrochenen Träumen und fehlenden Zukunftsperspektiven, von Gewalt an Frauen durch Frauen. Aber die Autorin erzählt auch von teils sehr starken Frauen, die im tiefsten Schmerz zusammenhalten. Aufgrund der vielschichtigen Beziehungen der Figuren zueinander, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist und den partiellen Sprüngen im Erzähl- und Sprachstil, empfand ich den Einstieg in den komplex konstruierten Roman nicht leicht. Trotz des Familienstammbaums am Buchende. Dafür gibt es einen Stern Abzug. Aber das Durchhalten hat sich sehr gelohnt. Sicherlich keine einfache literarische Kost, aber sehr bewegend. Ein starkes Plädoyer für die Kraft weiblicher Stimmen und familiärer Solidarität unter Frauen!

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