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Rezension zu
Räuber

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ernstes Thema leicht erzählt: „Räuber“ wirft einen unterhaltsamen Blick auf die Gentrifizierung

Von: Karin P.
23.03.2021

Viel haben Olli Leber und Amelie Warlimont nicht gemeinsam. Bis auf die Tatsache, dass sie beide in Berlin leben und sich früher mal zu einem Interview zum Thema Gentrifizierung getroffen haben. Systematisch verdrängen Immobilienkonzerne weniger betuchte Mieter aus dem Berliner Zentrum, indem sie dort Wohnkomplexe aufkaufen, luxussanieren und so teuer vermieten, dass sich die ehemaligen Mieter aus den unteren sozialen Schichten die Wohnungen nicht mehr leisten können. Journalistin Amelie Warlimont wollte darüber schreiben, hat die Geschichte aber nie abgeschlossen. Mit ihrem wenige Wochen alten Baby, ihrem zweiten Kind, hat sie auch genug anderes zu tun. Doch dann trifft Amelie zufällig wieder auf Olli. Der junge, ungelernte Bauarbeiter hat eine lange Geschichte von Umzügen hinter sich – immer weiter raus aus der Stadt, immer dorthin, wo die Mieten gerade noch erschwinglich sind. Jetzt ist es wieder so weit: Die Sozialwohnung, in der er mit seiner Mutter lebt, ist verkauft worden. Doch diesmal will sich der junge Mann nicht so einfach geschlagen geben. Mit Amelie findet er eine tatkräftige Unterstützerin – sie will endlich wieder etwas Sinnvolles tun und schreitet energisch zur Sache: recherchiert, kontaktiert Experten, schreibt Anträge. Doch es scheint, als sei der Kampf um soziale Gerechtigkeit, der Kampf gegen die Spaltung der Gesellschaft mit fairen Mitteln nicht zu gewinnen. So hecken die beiden ungleichen Verbündeten einen Plan aus, der mehr als gefährlich ist. Vielleicht hört sich die Handlung erstmal etwas idealistisch an, doch Befürchtungen dieser Art sind unbegründet. Autorin Eva Ladipo entwickelt die Geschichte langsam und überlegt und mit viel Einfühlungsvermögen – jedes Detail ist sorgfältig gewählt, so dass sich die Story ganz logisch und ganz automatisch ergibt. Eva Ladipo erzählt aus Ollis und aus Amelies Perspektive, aber auch aus dem Blickwinkel von Amelies Mann Stefan, den berufliche Sorgen plagen, und aus der von Falk Hagen, der als ehemaliger Finanzsenator einer der Schuldigen an der Wohnungsnot ist. Jeder Charakter ist fein ausgearbeitet und überzeugend dargestellt. So viel sei verraten: Keiner der vier entspricht den Klischees – jede Figur besitzt auch unvorhersehbare Charakterzüge, überrascht mit Ecken und Kanten. Mir persönlich sind alle Figuren ans Herz gewachsen, weil ich sie als sehr lebensecht empfunden habe und mich schon nach wenigen Seiten jeweils mit ihnen verbunden gefühlt habe. In welche Richtung jeweils ihr Handeln zielt, wird im Laufe des Buches immer klarer. Und so entwickelt die Geschichte ab der ersten Seite zunehmend Geschwindigkeit – ein irrsinniger Plan nimmt seinen Lauf. Selbst wer nichts mit Berlin zu tun hat, wird sich spätestens nach einigen Seiten auf die Themen Gentrifizierung und Mietpreiswahnsinn einlassen – stehen sie doch exemplarisch für die wachsende Spaltung der Gesellschaft, für die Schere zwischen Arm und Reich. So erzählt der Roman nicht nur die Geschichte von Olli und Amelie, sondern auch, wie die Gesellschaft soziale Ungerechtigkeiten überwinden kann. Ich bin mir sicher, auch wenn ich das Buch schnell durchgelesen hatte, einige Themen daraus werden mich noch länger beschäftigen. Ich kann das Buch nur allen empfehlen, die gerne Geschichten mitten aus dem Leben lesen und ein bisschen gesellschaftliches und politisches Interesse mitbringen. Ein zeitgemäßes Thema unterhaltsam, aber keineswegs plump umgesetzt – dafür hat Autorin Eva Ladipo meinen Respekt.

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