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Rezension zu
Einer muss doch anfangen!

Wichtig, aber bleibt hinter den Möglichkeiten zurück

Von: Irene Schwalb
21.03.2021

Werner Milstein hat eine umfassende Biografie über Sophie Scholl als Symbolfigur des Widerstands gegen Hitler verfasst. Er schildert zunächst Elternhaus und Kindheit Sophie Scholls, wie intelligent, leidenschaftlich, gläubig und naturverbunden sie schon in sehr jungen Jahren war. Dabei enthält er sich erfreulicherweise jeder "Küchentisch-Psychologie", er bewertet nicht und überlässt es den Lesern und deren Fantasie, inwiefern hier schon die Ereignisse der Zukunft ihre Schatten werfen. Die Jugend Sophies wird da natürlich schon deutlicher. Der Nationalsozialismus wird zunächst mit seiner allumfassenden Verführungskraft, die auch die Geschwister Scholl erfasst, beschrieben. Dann die ersten Zweifel, das Aufbegehren, das ja zur Jugend gehört, aber in dieser Zeit brutal unterdrückt wird. Die erste Liebe, Freunde, Musik, Glaube, Kunst, Bücher. Das ist das, was mir persönlich am besten gefallen hat. Werner Milstein beschreibt, so gut das anhand der vorliegenden Quellen möglich ist, was im Leben von Sophie Scholl eine Rolle gespielt hat. Gleichzeitig bekommt man dadurch einen guten Eindruck des damaligen Zeitgeistes: was hat junge Leute beschäftigt, was war "in", welche Musik wurde gehört, welche Schriftsteller gelesen und warum. Viele schwarz-weiß Fotografien untermalen die Geschichte, verleihen ihr Tiefe. Für mich jedoch fehlt es gerade an der besagten Tiefe. Auf der einen Seite zitiert der Schriftsteller Freunde, Verwandte und Bekannte von Sophie Scholl, er veröffentlicht Auszüge aus ihren Tagebüchern, er zeigt welche Geschichten und welche Kunst sie bewegten; dabei kommt er dieser bemerkenswerten Frau richtig nah. Aber der Schreibstil entfernt sie doch gleichzeitig wieder von mir. An manchen Stellen ist der Stil holprig, die Satzstellung verwirrend. Viele Tippfehler verlangsamen zusätzlich den Fluss. Mir ist bewusst, dass es sich hier um eine Biografie und nicht um ein belletristisches Werk handelt, aber etwas mehr schriftstellerisches Talent, ein Hauch mehr Gefühl für die Protagonistin, würde dieses Buch in meinen Augen perfekt machen. Und das ist so schade! Ich bin eine Viel-Leserin im mittleren Alter mit einer soliden humanistischen Bildung, mir ist es relativ leicht gefallen, dieses Werk durchzulesen. Aber laut Klappentext richtet sich das Buch an Jugendliche und junge Erwachsene und leider halte ich das Buch kaum geeignet für diese Zielgruppe, da sie nicht "gepackt" wird. Dafür bedarf es einfach mehr sprachlicher Leidenschaft, ausgefeilter Sprachkunst und weniger nerviger Fehler. Fazit: Ich hab es echt gern gelesen, am Ende (auch wenn man natürlich weiß, was passieren wird) war ich todtraurig und ich bewundere Sophie Scholl für ihr Suchen und Streben nach Wahrhaftigkeit bis in den Tod. Schon allein für diese Einsichten hat sich das Buch gelohnt. Leider hat es so viele handwerkliche Schwächen, dass es nicht so viele Leser erreichen wird, wie es sollte. Aber passend dazu Sophies Lieblingszitat: "Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben."

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