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Rezension zu
Mittagsstunde

Wie weit können wir ohne unsere Heimat kommen?

Von: Buch Traum
27.02.2021

Ingwer Feddersen, 47 Jahre alt, eigentlich Dozent an der Uni aber zwischendurch auch Altenpfleger, Reinigungskraft, Koch oder Taxi-Fahrer. Je nachdem, was gerade gebraucht wird. Das Dorf, darüber schreibt Dörte Hansen. Nicht um Ella geht es, die ganz langsam immer weiter in ihrer eigenen Welt versinkt. Nicht um Sönke, ihren Mann, der aus dem Krieg zurück gekommen ist, plötzlich nur noch eine halbe Frau hatte und wohl für immer in seiner Kneipe hinter dem Tresen stehen wird. Es geht um das Dorf, wie es langsam stirbt. Und mit ihm auch die Menschen. Der Supermarkt hat schon lange geschlossen, in den 1970ern war die Flurbereinigung da und hat alle Traditionen aus der Landschaft entfernt, die Bäume an der Hauptstraße wurden gefällt und eine neue Straße verlegt. Das Dorf wird langsam immer kleiner, genau wie auch Ella und Sönke. Und Ingwer muss ihnen dabei zugucken, allen dreien. Als junger Mann hat er sein Erbe ausgeschlagen, wollte lieber in Kiel studieren als in der Kneipe hinter dem Tresen zu stehen. Er hat etwas gut zu machen, deshalb begleitet er Ella, Sönke und auch das Dorf, er kann sie alle drei nicht verlassen. Unsere Heimat, wieviel ist sie wert? Brauchen wir sie wirklich? Sind es die Menschen, oder sind es die Häuser, die wichtig sind? Wie lange kann man seine Heimat, und damit auch seine Bestimmung verleugnen? Die Bestseller Autorin stellt wichtige Fragen in ihrem Buch, sie ist auch diejenige, weswegen mir das Buch aufgefallen ist. Nicht das Cover, obwohl der scheinbar so sture Ochse wunderbar zum Inhalt passt. Mit "Altes Land" hat Dörte Hansen einen Bestseller geschrieben, die Verfilmung hat mich nicht überzeugt. Das Buch habe ich nie gelesen, weshalb ich ihr jetzt eine Chance geben wollte. Und es hat sich absolut gelohnt. Jede der Figuren ist perfekt ausgestaltet, fast durchgängig wird Plattdeutsch gesprochen, die Texte außerhalb der Dialoge sind auf Hochdeutsch geschrieben. Die Autorin erinnert uns an die Generationen vor uns, an Kinder, die wenige Monate nach der eiligen Hochzeit geboren werden, an Dörfer, die jahrelang vom Wind gequält wurden und jetzt langsam sterben. An Heimatlose, die nicht zurück kehren wollen. Daran, wie kurz das Leben sein kann. Aber auch wie reich, wie es ist, in einer Dorfgemeinschaft aufzuwachsen. Mit Freunden, die schon seit Generationen Freunde der Familie sind. Da, wo jeder jeden kennt. Und auch da, wo eben doch nicht jeder alles weiß. Der Roman von Dörte Hansen hat seine guten Kritiken in jedem Fall verdient. Leicht melancholisch, wunderbar auf den Punkt.

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