Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Das Buch Ana

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Das Buch Ana gibt den Frauen jener Zeit eine Stimme

Von: Raeubertochter76
11.12.2020

Die Autorin traut sich an eine gewagte These heran: Was wäre, wenn Jesus verheiratet gewesen wäre? Doch was im ersten Moment ungeheuerlich erscheint, trifft die eigentliche Handlung des Buches nicht wirklich. Denn zu der Zeit wäre es viel ungewöhnlicher gewesen, wenn Jesus keine Frau gehabt hätte. Gemahlinnen waren nämlich so selbstverständlich, dass sie gar keine Erwähnung wert gewesen wären. Doch das Buch Ana widmet Jesus Ehefrau sogar ganze 576 Seiten und macht sie zur Protagonistin während Jesus eigentlich nur eine Nebenfigur am Rande der Geschichte darstellt. Ana berichtet uns aus ihrer Perspektive über ihr Leben. Wie sie aufwächst und entgegen aller Konventionen Lesen und Schreiben lernt. Wie sie es als Einzige als Glück wahrnimmt, der arrangierten Ehe entgangen zu sein. Wie sie in Jesus von Nazareth ihre große Liebe findet, aber auch in der Rolle als Ehefrau neue Wege geht. Wie stetiger Tropfen den Stein höhlt, versucht sie kontinuierlich, das damalige Frauenbild zu überwinden. Unermüdlich kämpft sie mit ihren Schriftrollen gegen die Ungerechtigkeiten jener Zeit und hält die Geschichten jener Frauen für die Nachwelt fest, die ihren Weg kreuzten und deren Schicksale sie berührten. Sie gibt den Frauen jener Zeit eine Stimme. Natürlich findet sich in der Handlung auch alles, was man in einer Geschichte mit Jesus Christus so erwartet: von Johannes der Täufer über den Verräter Judas bis hin zur Kreuzigung. Aber das sind alles nur Nebenfiguren bzw. Nebenschauplätze. Es geht weder darum, dass oder ob Jesus der Sohn Gottes sei, noch um Religion an sich. Ana ist und bleibt die Heldin der Geschichte. Dabei fügt sich die fiktive Handlung so perfekt in die uns überlieferten Geschichten ein, dass man sich fragt, ob es sich nicht wirklich genauso abgespielt haben könnte. Und das fand ich auch das Spannendste an diesem Buch: Dass alles genauso hätte passiert sein können! Charaktere Das Buch Ana ist die Geschichte eines starken Mädchens, das zu einer noch stärkeren Frau heranwächst. Schon früh bemerkt sie, dass in ihr eine Kraft schlummert, eine Stimme, die sich erheben will und dass sie vom Leben mehr erwartet als in jener Zeit für Frauen vorgesehen ist. So lernt sie Lesen und Schreiben und beginnt, die Geschichten der Frauen, denen sie begegnet aufzuzeichnen. Ana ist unglaublich authentisch gezeichnet, ihre Handlungen sind nachvollziehbar und ich konnte mich sehr gut mit ihr identifizieren. Auch wenn die Autorin Jesus nur am Rande in Erscheinung treten lässt, ist er doch fast immer spürbar. Zudem ist er ausgezeichnet recherchiert. Ihn in der Rolle des männlichen Parts einer Liebesgeschichte zu sehen, empfand ich beim Lesen dann aber doch etwas seltsam. Das Besondere an der Beziehung zwischen Ana und Jesus war für mich, dass beide einander ihren Freiraum lassen. Wie Ana lässt auch Jesus seine Frau ihren eigenen Weg gehen. Und obwohl Ana ihn schmerzlich vermisst, lässt sie Jesus jedes Mal ziehen, wenn Gott ihn zu rufen scheint. Umgekehrt akzeptiert Jesus die Eigenständigkeit Anas; dass sie keine Kinder will oder dass sie jede Gelegenheit nutzt, um zu Lesen, zu Schreiben oder zu Lernen, auch wenn eigentlich kein Geld dafür da ist. Auch alle weiteren Figuren sind detailverliebt gezeichnet; jede Rolle authentisch angelegt. Angefangen bei ihrer Tante Yaltha, die Ana stetig ermutigt, selbstständig zu denken, ihren eigenen Träumen zu folgen und den für sie vorgezeichneten Weg zu verlassen, über ihre Freundin Tabitha, deren Unbekümmertheit ansteckend ist – zumindest bis ihr das Schicksal in Gestalt männlicher Machtausübung böse mitspielt, bis hin zu ihrer Schwägerin Judith, die den Part der bösen Stiefschwester einnimmt. Obwohl letztere selbst eine Frau ist, hat sie keinerlei Verständnis für Anas freiheitliche Gedanken. Gruselig, aber auch heute noch nicht ungewöhnlich. Anas Bruder Judas ist ein weiterer interessanter Charakter. Ich meine, man wartet ja die ganze Zeit darauf, dass er Jesus verrät. Und doch kann man es sich bis zum Schluss nicht vorstellen. Soviel sei gesagt: Die Autorin hat die Geschichte nicht umgeschrieben. Sie hat nur die Lücken mit ihrer Fantasie gefüllt. Fazit Das Buch Ana ist ein fließend und leicht geschriebener Roman über ein doch schwergewichtiges Thema. Es zeigt die damals herrschende Ungerechtigkeit in der Vormachtstellung des männlichen Geschlechts und gibt jenen Frauen ihre Stimme zurück, die ihnen von Vätern, Onkeln, Brüdern und Ehemännern geraubt wurde. Ich kann das Buch wirklich uneingeschränkt empfehlen.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.