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Rezension zu
Das Buch Ana

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Das Neue Testament aus Frauensicht...

Von: Susanne Probst
10.10.2020

Die Liebesgeschichte von Ana und Jesus und eine Geschichte über Emanzipation und Selbstbestimmung. Dieser Roman war ein „Muss“, nachdem ich bereits „Die Bienenhüterin“ und „Die Erfindung der Flügel“ mit Begeisterung gelesen habe und weil mich die Idee dahinter sofort reizte: Jesus war verheiratet, aber nicht, wie schon an anderen Stellen durchgespielt, mit Maria Magdalena sondern mit der fiktiven Frau Ana, die noch dazu die Schwester von Judas ist. Gleichzeitig muss ich einräumen, dass ich etwas skeptisch war wegen meiner Befürchtung, eine verklärte, abgedroschene oder gar missionarische Bibel-Geschichte lesen zu müssen. Aber weit gefehlt! Wir begeben uns auf eine Zeitreise zurück ins Jahr 16 nach Christus und landen im von Römern besetzten Galiläa. Hier wächst die schlaue, wissensdurstige und aufgeweckte Ana mit ihrem Bruder Judas in einer wohlhabenden und einflussreichen jüdischen Familie auf. Ihr Vater ist ein Schriftgelehrter und der oberste Berater des Herrschers Herodes Antipas. Ana lernt dank ihres Vaters, gegen den Widerstand ihrer Mutter und obwohl es Frauen in der damaligen Zeit eigentlich verboten war, lesen und schreiben. Sie studiert die Thora und interessiert sich besonders für die darin vorkommenden Frauen Eva, Sarah, Rebecca, Rachel und Ruth. Voller Enthusiasmus und Leidenschaft schreibt sie deren Geschichten auf Papyrusrollen nieder. Mit 14 Jahren soll das freiheitsliebende Mädchen mit dem älteren kleinwüchsigen Witwer Nathaniel verheiratet werden, wogegen sie sich erfolglos wehrt. Es ist selbstredend und nachvollziehbar, dass sie nicht im Geringsten begeistert davon ist, diesen Mann mit dem verbitterten Gesichtsausdruck zu heiraten. Fasziniert ist sie allerdings von dem warmherzigen und einfühlsamen Jesus von Nazareth, den sie recht zeitgleich auf dem Markt trifft und der ihre Verzweiflung erkennt. Glücklichen Zufällen ist es zu verdanken, dass Jesus und Ana schließlich ein Paar werden. Der wunderbare Erzähl- und bildgewaltige Schreibstil von Sue Monk Kidd vermochte mich erneut zu fesseln. Sie erschafft authentische Charaktere und vermittelt ein glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit. Sie hat, so wirkt es, genau recherchiert und hält sich an die historischen Gegebenheiten wie Kleidungsstil und religiöse Bräuche. Alles könnte genau so gewesen sein. Sie baut historische Personen wie Herodes Antipas und Judas sowie weitere fiktive Figuren wie Anas Tante Yaltha, eine gebildete, alleinstehende Frau und ihre Freundin Tabitha in die Geschichte ein, wodurch sie noch interessanter und abwechslungsreicher wird. Die Autorin erzählt im Grunde eine bekannte Geschichte, aber dadurch, dass sie sie aus Frauensicht erzählt und mit fiktivem Material anreichert, wirkt sie neuartig und ist überhaupt nicht langweilig oder abgedroschen. Außerdem und darüber hinaus gibt die Autorin in dem Roman denjenigen Frauen eine Stimme, die sich gegen das Althergebrachte, gegen fragwürdige Konventionen und gegen eine männerdominierte Welt wehren und für ihre Selbstbestimmung eintreten, was der Geschichte etwas Zeitloses und Modernes gibt. Ich empfehle diese faszinierende, berührende und fesselnde Lektüre gerne weiter! Es ist originell und spannend, das Neue Testament aus Sicht einer klugen, gebildeten und kritischen Frau kennenzulernen. Um Gefallen an dem Roman zu finden muss man meines Erachtens übrigens weder religiös, noch bibelfest oder gläubig sein. Ein spannendes und lesenswertes Vergnügen!

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