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Rezension zu
Klammerblues um zwölf

Witzig, ernst und lebensklug

Von: Edith N.
30.08.2020

Nach 35 Jahren ist die Beziehung der Kölnerin Felicitas „Fee“ Branding (57) und ihrem Mann Teddy (66) nicht mehr so prickelnd. Wie so viele andere bleiben sie zusammen, weil sie aneinander gewöhnt sind und eine Trennung zu viel Stress und Aufregung in ihr Leben brächte. Als Teddy in Rente geht, kündigt auch Fee ihren Job, um mit ihrem Mann zusammen zu reisen. Das ist immer sein Traum gewesen. Fees Traum wäre ein Hausboot auf dem Rhein, aber den hat sie, wie die meisten anderen Träume, nie verwirklichen können. Sie hat sich einfach nicht getraut. Doch zu der Reise kommt es nicht. Teddy wird schwer krank und stirbt. Fee igelt sich ein, zieht sich Fernsehserien und Fastfood rein und versteckt sich vor der Realität. Doch die holt sie mit Macht ein: Von der Witwenrente kann Fee ihre Wohnung nicht halten. Sie muss sich entweder eine neue Arbeit oder eine billigere Unterkunft suchen. Am besten beides, und das zackig. Doch das ist für jemanden in der akuten Trauerphase ein nahezu unbewältigbarer Kraftakt. Da trifft es sich gut, dass Nachbarin Claudine (60) auch gerade neu anfangen muss. Die temperamentvolle Weinhändlerin sucht nach neuen Mitbewohnerinnen für eine Seniorinnen-WG. Zum Entsetzen ihrer Kinder verkauft und verschenkt Fee den Großteil ihrer Habe und zieht mit Claudine und der ehemaligen Fahrlehrerin Mary (72) zusammen. Das Zusammenleben der drei Frauen klappt erstaunlich gut. Trotzdem droht Fee von der Trauer in eine Depression abzurutschen. Da ist es auch nicht hilfreich, wenn Claudine und Fees Ex-Kollege Gerd-Karsten ihr in aller Deutlichkeit sagen, dass sie fett und faul geworden ist und keinen Job kriegen wird, wenn sie sich weiterhin so gehen lässt. 25 Kilo abspecken soll sie und sich endlich von ihrer altbackenen Frisur verabschieden. Doch nur ganz zaghaft kann Fee sich zu kleinen Veränderungen durchringen. In der WG fühlt Fee sich jedoch bald wie ein Fremdkörper. Irgendwie haben alle anderen ein besseres Leben. Über ihre Probleme zu reden schafft Fee aber nicht. Sie kennt nur eine Möglichkeit, ihre Gefühle auszudrücken: über die Musik. Von klein auf hat sie Popsongs gesammelt, die ihr Mann ihr in einer aufwändigen Aktion digitalisiert hat. Für jede Stimmung und jede Lebenslage kann Fee jetzt auf ihrem Computer den passenden Song aufrufen und abspielen. Was sie in der WG zur Freude ihrer Mitbewohnerinnen auch öfter mal tut. Dass das, was sie für eine zweitklassige Kommunikationsfähigkeit gehalten hat, in Wahrheit ein begehrtes Talent ist, wäre Fee nie in den Sinn gekommen. Da können ihre Mitbewohnerinnen erzählen, was sie wollen: Wie soll ihr denn bitte das Zusammenstellen und Abspielen von Musik bei der Lösung ihrer Probleme helfen? Wir werden sehen ... Ich habe den Eindruck, dass das karikaturhafte Buchcover den Roman etwas unter Wert verkauft. Natürlich ist KLAMMERBLUES UM ZWÖLF witzig – wenn die reifen Mädels, frisch von der Leber weg erzählen, wenn sie feiern, streiten und lästern oder wenn ihnen irgendwelche peinlichen Missgeschicke passieren. Aber es ist auch ein lebenskluger Roman übers Älterwerden, über die Angst vor Veränderungen, über unerfüllte Träume, Neustarts und den Wert von Freundschaft. Und die Vorgeschichten der WG-Bewohnerinnen sind alles andere als komisch. Das sind Schicksale! Ein s e i c h t-a l b e r n e r Schenkelklopfer, wie das Cover wohl suggerieren möchte, ist der Roman definitiv nicht. Das perfekte Lesevergnügen hat man dann, wenn man im ungefähren Alter der Heldinnen ist und die Popsongs und Schlager kennt, in denen Fee denkt. Wenn man sofort die entsprechende Melodie und ein paar Textfragmente im Kopf hat, weiß man genau, welches Gefühl gerade transportiert werden soll. Ein Buch mit eigenem Soundtrack, das hat man nicht alle Tage! Und die Flirtszene auf der Silvesterparty ist eine der besten ever!

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