Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Die Geschichtensammlerin

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Alles beginnt mit einer Geschichte

Von: Reenchenz
17.06.2020

Die 10-jährige Ileana erzählt und sammelt gerne Geschichten. Ihr Vorbild ist Onkel Andrei, der Dichter, der in seinen Werken Geschichten erzählt, die nicht erzählt werden dürfen. Bis er plötzlich verschwindet. Denn im kommunistischen Rumänien des Jahres 1989, darf nur gesagt und geschrieben werden, was dem Regime gefällt. Ileanas Eltern fürchten um die vorlaute Tochter, deren Geschichten ebensolche Sprengkraft und Konfliktpotential besitzen, und schicken sie zu den Großeltern in die Wälder der Karpaten. Doch der im Sterben liegende Staatsapparat hat seine Spitzel überall und bald ist es an der Geschichtensammlerin Ileana, die zu retten, die sie liebt. Wie bei Büchern des Wunderraum Verlages üblich, macht das Buch optisch was her. Mit dem Einband aus Leinen ist es ein Hingucker im Bücherregal. Der Roman befasst sich mit einem Teil europäischer Geschichte, von dem ich bisher noch nichts wusste. Dahingehend war es tatsächlich ganz spannend und atmosphärisch. Die Kombination aus Zeitgeschichtlichem und Märchen ist keinesfalls eine Erfindung der Autorin Jessica Kasper Kramer selbst, jedoch waren die Inhalte aufgrund der mir fremden Kulturgeschichte und Folklore durchaus neu für mich. Leider hat mich das Buch in seiner Umsetzung trotzdem nicht überzeugen können. Vor allem die Protagonistin Ileana hat es mir schwer gemacht. Über weite Strecken der Geschichte konnte ich in den Handlungen und gesprochenen Worten der Ich-Erzählerin schlicht und einfach keine 10-Jährige erkennen. Ileanas Bericht der Ereignisse, wenn auch aus der Perspektive einer Erwachsenen erzählt, wobei ein entsprechender Rahmen hier fehlt und ich mir das nur so denken kann, stand während meiner Lektüre permanent im Widerstreit mit meinem Bild von einer 10-Jährigen. Wäre die Protagonistin zum Zeitpunkt der Handlung 3 bis 4 Jahre älter gewesen, hätte ich ein anderes, in meinen Augen glaubwürdigeres Buch vor mir gehabt und meine Bewertung des Gelesenen fiele komplett anders aus. Auch ist mir die Sprache, insbesondere in den Märchenerzählungen negativ aufgestoßen, die teilweise altmodisch daherkommt, dann aber wieder von teilweise obszöner Umgangssprache durchbrochen wird. Wie viel hiervon auf die Übersetzung zurückzuführen ist, kann ich nicht beurteilen, da ich nur die deutsche Ausgabe des Romans gelesen habe und das englische Original nicht kenne. Vielleicht soll diese Ausdrucksweise das Alter und den Charakter der Erzählerin (Ileana) widerspiegeln. Nur redet sie im Rest des Romans nicht so. In jedem Fall kann ich eine gewisse persönliche Enttäuschung über das Buch nicht verhehlen. Dies ist das erste aus diesem Verlag, welches mich nicht restlos überzeugen konnte. Dennoch kann man es gut schmökern und lernt nebenbei noch etwas über das einfache Leben der ländlichen Bevölkerung in den Karpaten am Ende des 20. Jahrhunderts. Gegebenenfalls mag der ein oder andere Lesende einer 10-Jährigen ja mehr zutrauen, als ich es tue.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.