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Rezension zu
Todesmal

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Der bislang beste Sneijder!

Von: Chridhe
10.09.2019

Für mich persönlich ist "Todesmal" das bisherige Highlight der Romane um die beiden unangepassten Ermittler. Die Geschichte wirkt mit all ihren unerwarteten Wendungen ausgereifter und auch die handelnden Figuren kommen facettenreicher daher. Gruber gelingt etwas, das nicht vielen (Krimi-)Autoren gelingt: Nicht nur über mehrere Bände hinweg qualitativ hochwertige Krimis mit faszinierenden Storys zu schreiben, sondern das Spannungslevel von Band zu Band sogar noch zu heben. Die Handlung wird dabei nicht vollständig chronologisch erzählt, sondern spielt sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten, was die Aufmerksamkeit des Lesers durchaus fordert: Ein Teil spielt in der Gegenwart und folgt den Recherchen von Sneijder, Nemez und den anderen Mitgliedern ihres ungewöhnlichen Ermittlerteams, andere Teile schildern vergangene Ereignisse und erhellen gegenwärtige Vorgänge oder verschaffen dem Leser einen Wissensvorsprung. Die kurzen Kapitel sorgen darüber hinaus für den nötigen Drive. Im gegenwärtigen Handlungsstrang folgt Sneijders Team dabei in Deutschland, Österreich und der Schweiz einer Spur des Grauens, als innerhalb von sieben Tagen ein Opfer nach dem anderen ermordet wird. Gruber schildert hier kreative, brutale Mordarten, an denen man als Fan durchaus große Freude hat. Allerdings schwelgt er nicht so sehr in den Details wie z. B. Chris Carter, sodass zartbesaitete Leser nicht abgestoßen werden. Der zweite Handlungsstrang wirft Blicke in die nähere und die ferne Vergangenheit: Der Leser wird Zeuge, wie Magdalena nach dem frühen Tod ihres Ehemannes vor 40 Jahren ins Kloster eintritt, und lernt auch ihren Bruder Xeno kennen; er schildert das Zusammentreffen von Gritt, einer österreichischen Gebirgsjägerin, und dem deutschen Bundeswehrsoldaten Thomas, der während seines Urlaubs einen Zusammenbruch erleidet, einige Männer krankenhausreif schlägt und anschließend in die Berge flüchtet; und vor allem erfährt der Leser, welchen Verbindung es zwischen Magdalena, Gritt und Thomas gibt. Von Beginn an glaubt der Leser, den Fall schon gelöst zu haben (aufgrund diverser Andeutungen und Hinweise): Es geht um systematischen Missbrauch an Nonnen und darum, dass eine von ihnen jetzt Rache nimmt. Ihr Körper ist mit sieben Tätowierungen bedeckt, die die Ermittler auf die Spur ihrer jeweiligen Opfer bringen sollen. Doch spätestens nach Mord Nr. 3 zeigt sich, dass die Wahrheit noch viel komplexer und schrecklicher ist. Die handelnden Figuren – allen voran die beiden Protagonisten – sind größtenteils alte Bekannte: Maarten S. Snejder wurde vor einem Jahr suspendiert, scheint jedoch seit einiger Zeit wieder für das BKA Wiesbaden gearbeitet zu haben. Doch als der neue BKA-Chef Dirk van Nistelroy ihm nun zwar das Marihuana, den Vanilletee und seine Masseurin bewilligt, aber weder ein eigenes Team noch juristische Freiheiten, „kündigt“ er endgültig seinen Job. Wieder einmal. Der egozentrische Misanthrop aus den Niederlanden erweist sich auch in "Todesmal" als echter Sherlock Holmes, der selbst kleinste Hinweise zu deuten weiß und in den unterschiedlichsten Fachgebieten ein enormes Wissen zu besitzen scheint. Sneijder ist knallhart und unerbittlich, wenn es um seinen Job geht; er zögert keine Sekunde, sich über die deutsche Gesetzgebung hinwegzusetzen und die Rechte der Täter zu verletzen, um diese ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Andererseits hat er aber auch ein weiches Herz, wenn es um die Opfer geht – und er kennt kein Erbarmen, wenn es darum geht, ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen, und ihr Schicksal lässt ihn auch nicht kalt. In "Todesmal" erweist er sich nun – sofern er dazu in der Lage ist – als erstaunlich menschlich und teamfähig und greift bewusst auf die Fähigkeiten und das Wissen anderer zurück – ob es sich dabei nun um Polizeikollegen oder einen befreundeten polnischen Kriminellen handelt. Er ist auch durchaus hin und wieder auf die Mitarbeit des Teams angewiesen, denn diese haben ungewöhnliche Einfälle, die den seinen in nichts nachstehen. Sabine Nemez wird in "Todesmal" erneut als engagierte, fähige Ermittlerin beschrieben. Sie arbeitet wesentlich eigenständiger, kann aber eine gewisse Unsicherheit nicht abschütteln und wünscht sich gerade eingangs das eine oder andere Mal Sneijder an ihre Seite, der jedoch gekündigt hat, weil sein Vorgesetzter ihm gewisse Arbeitsbedingungen verweigert (siehe oben). Aber Sneijder behandelt sie als Gleichberechtigte und weist das eine oder andere Mal darauf hin, dass sie eine der besten Ermittlerinnen ist, die er jemals ausgebildet hat. Ganz zu schweigen davon, dass er auch an ihr zu hängen scheint, was man sehen kann, als sie bei einer Gelegenheit angegriffen wird. Neben Sneijder und Nemez gibt es, wie schon angedeutet, in diesem Buch diverse relevante Nebenfiguren: Tina Martinelli, Nemez‘ tätowierte und gepiercte Kollegin vom BKA; der polnische Kriminelle Krzysztof, der wegen mehrfachen Mordes im Gefängnis gesessen hat und den Sneijder vor einem Rückfall in alte „Gewohnheiten“ bewahren will; Horowitz, den Berner Exermittler im Rollstuhl, den wir aus "Todesmärchen" kennen; Mark Krüger, den gutaussehenden IT-Mann, der auch nicht zögert, Kriminelle übers Ohr zu hauen, um die Täter zu überführen. Dieses ungewöhnliche Team legt sich in "Todesmal" nicht nur mit ihren Vorgesetzten, den unterschiedlichen Ermittlungsbehörden oder politischen Größen an, sondern auch mit multinationalen Wirtschaftsunternehmen – sehr zum Leidwesen von van Nistelroy, der immer wieder die Wogen glätten muss. Das Schöne ist aber, dass auch Grubers Täter keine eindimensionalen Psychopathen sind, die ihre Taten um der schieren Mordlust willen begehen. Sie sind facettenreiche Charaktere und nur deshalb von Rache getrieben, weil auch sie Opfer schrecklicher Untaten sind. Daher empfindet der Leser bis zu einem gewissen Grad Verständnis für ihre Taten, denn im Roman ist nicht jeder das, was er zu sein scheint. Über das Hörbuch Gelesen wird die gekürzte Fassung des Hörbuchs von Achim Buch, und das wirklich exzellent. Er findet in meinen Augen genau die richtige Sprechgeschwindigkeit, hat eine ruhige, angenehme Art und spricht klar und deutlich, sodass man sich einerseits beim Zuhören nicht langweilt, andererseits der zum Teil komplexen Handlung mit den diversen Perspektiv- und Zeitwechseln sehr gut folgen kann. Und die Art und Weise, wie Buch die unterschiedlichen Figuren spricht und ihnen so einen individuellen, unverwechselbaren Charakter verpasst – großartig! Gerade wenn er in Sneijder „schlüpft“ und dessen Worte mit einem niederländischen Dialekt spricht – großartig! Ich hatte großen Spaß dabei und musste das eine oder andere Mal herzlich lachen; allerdings kann ich natürlich nur begrenzt beurteilen, ob diese Sprechweise im Original ebenso klingt. Es war dennoch ein echtes Vergnügen, Achim Buch zu lauschen! Dem Hörbuch zu lauschen hat mir definitiv mehr Spaß gemacht, als die bisherigen Romane zu lesen! Mein Fazit: Ein großartiger, facettenreicher Pageturner, der das Warten auf die Fortsetzung erschwert. Ein Muss für Fans packend geschriebener deutschsprachiger Thriller – und eine unbedingte Lese- und noch vielmehr Hörempfehlung!

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