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Rezension zu
Die Telefonzelle am Ende der Welt

melodisch wie japanische Geschichtenerzähler

Buchhandlung beim Augarten Inh. Dr. Lieselotte Stalzer
Von: Lieselotte Stalzer aus Wien
24.02.2021

In ein schlichtes Cover verpackt, erzählt Laura Imai Messinas Roman von einem Ort im Nordosten Japans, Otsuchi. Die japanische Küstenstadt wurde 2011 von einem Erdbeben und dem nachfolgenden Tsunami besonders hart getroffen. Nahezu jeder Bewohner verlor damals zumindest einen ihm nahestehenden Menschen. Auf einer Anhöhe, in einem stimmungsvollen Garten mit Blick auf den Pazifischen Ozean, steht eine weiße Telefonzelle. In dieser wiederum befindet sich ein altes, nicht angeschlossenes Wähltelefon, mit dem Trauernde Verbindung zu ihren Verstorbenen aufnehmen können. Yiu, eine Radiomacherin, hat durch den Tsunami ihre Mutter und ihre kleine Tochter verloren. Während sie eine Sendung über Trauer moderiert, wird ein Zuhörer zugeschaltet, der auf die Frage, wie er über den Verlust hinwegkommt, von diesem Telefon des Windes erzählt. Yiu nimmt spontan Urlaub und fährt von Tokio an die Küste, um den Garten aufzusuchen. „An jenem ersten Tag in Bell Gardia war es Yiu lieber, erst einmal nur zuzusehen und zu schauen, was passierte. In dem Garten flüsterte es ohne Unterlass, als fänden auf dieser Partitur von begrüntem Land die Stimmen aller Nachbardörfer zu einem einzigen Chor zusammen.“ Bereits beim ersten Mal lernt sie den Arzt Takeshi kennen, der den Tod seiner Frau verarbeiten muss. „Sie verabschiedeten sich mit einer Herzlichkeit, die keinem von beiden übertrieben schien. Vielmehr spürten beide, dass sie einander in gewisser Weise gefunden hatten, wie zwei Gegenstände, die in den Tiefen einer wohlgefüllten Tasche zufällig nebeneinanderliegen.“ „Die Telefonzelle am Ende der Welt“ ist ein romantisches Buch, eine Liebesgeschichte mit philosophischen Wurzeln und mit Respekt vor Verlust, Trauer und den Toten. Die in Japan lebende und verheiratete italienische Schriftstellerin Laura Imai Messina erzählt mit leisen und doch eindringlichen Worten; melodisch wie japanische Geschichtenerzähler gelingt es ihr, die Angst vor dem Tod eines geliebten Menschen zu nehmen. Obwohl es nie einfach ist, über den Tod zu sprechen, macht sie Leserinnen und Lesern mit folgenden Worten Mut: „Yiu begriff, dass das Unglück immer Fingerabdrücke des Glücks auf sich trägt, und dass auch die Menschen, die uns beigebracht haben, zu lieben und gleichermaßen glücklich und unglücklich zu sein, solche Fingerabdrücke auf unserem Inneren hinterlassen haben.“ Auch aufgrund der zurückhaltenden und einfühlsamen Übersetzung von Judith Schwaab ein lesenswertes Buch im Frühjahr 2021.

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