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Rezensionen zu
Im Schatten des Vulkans

Halldór Guðmundsson

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Wer hätte gedacht, dass eine Literaturgeschichte solchen Spass macht? Halldór Gudmundsson führt uns durch die literarische Geschichte Islands, von den Sagas über die Rímur bis zur Gegenwart. Er zeigt die lange Erzähltradition des Landes auf und wie heutige Autoren darauf aufbauen, damit arbeiten, spielen. Island ist im Grunde also schon immer ein literarisches Land gewesen, eines, wo man lesen und schreiben konnte, obwohl das in einer bäuerlichen Gesellschaft nicht zwingend erwartbar war. Gudmundsson erzählt so kundig, charmant und begeisternd, dass man durch diesen Wälzer nur so fliegt, während ganz nebenbei die Leseliste immer länger wird, nur gebremst durch nicht vorhandene Übersetzungen einiger Werke. Besonders hervorzuheben ist, dass er auch immer wieder auf vergessene, unterdrückte und belächelte Werke weiblicher Autorinnen hinweist, denn leider unterscheidet sich Island in der Behandlung weiblicher Literatur nicht viel von anderen europäischen Ländern. Das Buch ist also eine wahre Fundgrube, besonders auch für Lyrik. Die Sagas sind ja nicht in Prosa geschrieben, die Isländer daher an Strophen- und Reimformen gewohnt. Eine wirklich hochspannende Einführung, die politische und kulturelle Entwicklungen selbstverständlich mit der Literatur in Beziehung setzt. Und jetzt? Jetzt möchte ich augenblicklich nach Island reisen...

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Die Literatur in Island ist nah an der Natur. Das beweist die literarische Reise des Autors Halldór Gudmundsson, die eine jahrhundertlange ist. Sie führt zunächst vom wortlosen Land der Eddas und Sagen-Geschichten über die Königssagas, die Isländer-Sagas bis zu den Romanen der Könige, über die Reformationsphase bis hin zum Humanismus. Dann gab es das endlose Jahrhundert der Dichtung, denn man muss wissen, wenn die nordische Dunkelheit über Island kommt und die tiefen Winter die Melancholie allerorts verbreiten, dann wird in Island fast ein jeder automatisch zum Erzähler und dann zum Dichter. Dann tanzen überall auch Elfen über die Wiesen. Und viele glauben wirklich daran und lassen ein quadratisch Stück Rasen stehen, damit sie dort einparken können. Halldór Gudmundsson berichtet vom Mythos der kleinen Sprachen, von der Atomdichtung im Kalten Krieg, vom Einfluss der Dänen, Briten und dann der US-Amerikaner, von dem Eindringen der Moderne in die Literatur Islands, aber immer ist auf dieser Insel die Entwicklung etwa ein hundert Jahre zurück gegenüber vergleichbaren Ländern bis sie jeweils aufholen. Also zum Beispiel bei der verspäteten Entstehung des Romans. Typisch auch, dass Literatur, die durch Frauenhände und Hirne entsteht auch auf Island in der Minderheitenposition blieb. Aber die Menschen auf dieser Insel haben eine unbändige Lust zu formulieren, und das merkt man auch Halldór Gudmundsson selbst an. Es ist ein Opus Magnum, was er da vorlegt, eine Geschichte der Literatur von einem Land, in dem sich Feuer und Eis, freundschaftlich und feindlich begegnen, indem die Plattentektonik der Erde zu mancherlei Eruption führt, so dass die Bevölkerung an Erdbeben und Lava-Fontänen sowie Geysire gewöhnt ist, und die Geothermie gerne nutzt, auch wenn es sich auf Lavafeldern schlecht Auto fährt. Auf Island kann man mit Jules Verne buchstäblich eine Reise zum Mittelpunkt der Magma-Erde gedanklich und teilweise real wagen. Es gelingt dem renommierten isländischen Autor, ein sehr breit gefächertes Bild der Literatur Islands an den Leser zu bringen, und der sitzt, wenn er das Buch liest, wie in einem Kinosessel, vor sich die Cinemascope- Leinwand, die ein farbiges und eben wirklich breites Bild der Literatur Islands anbietet. Ob schwarze Wikinger und Walrosse, Weltuntergang-Sagas, die Mythologie des Nordens, das dänische und germanische Erbe, die Literatur an Königshöfen, das Geschichtenerzählen in den Familien, die Weltliteratur, die keiner kennt, später dann doch zum Beispiel vom Nobelpreisträger Halldór Laxness, die nordischen Düster-Krimis, all das fängt Halldór Gudmundsson für uns so farbig beschrieben ein, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen will. Guðmundsson erklärt die geschichtlichen und sozial-historischen Zusammenhänge immer hintergründig mit, betont die ländlichen Strukturen, den Alltag in den isländischen Dörfern oder Gehöften, berichtet über die Naturgewalten, die Vulkane, die Berge, die Lava, das Meer die Menschen, beschreibt das Entstehen des Verlagswesens, erzählt immer mit, unter welchen Lebensumständen die Schriftsteller arbeiten, nur selten reichen die Einnahmen fürs Schreiben zum Leben. In Reykjavik beeinflusst die Rockmusik in jüngerer Zeit die literarischen Talente, am Fjord geschieht Mord und Totschlag, und da interessieren die Charaktere der Menschen und ihre Motive mehr als der Plot. Ob Fischexport oder Auslandsgeschäfte mit Energie mit der Wasserkraft, der Einfluss der Immigranten, die Zusammenhänge und Hintergründe werden in den Porträts über einzelne Literaten immer mit erzählt.

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