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Rezensionen zu
Hunger

Knut Hamsun

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€ 25,00 [D] inkl. MwSt. | € 25,70 [A] | CHF 34,50* (* empf. VK-Preis)

„Hunger“ von Knut Hamsun gehört zu den Büchern, von denen man meint, sie ganz sicher schon gelesen zu haben, weil sie oft genug als Bezugspunkt genannt werden. Die Prüfung des Sachverhaltes hat allerdings ergeben, dass dem in meinem Fall nicht so ist und so bot mir die Neuauflage des Buches im Manesse Verlag die Gelegenheit, diese Lücke zu schließen. Bei der Recherche bin ich auf einen mir bis dato unbekannten Umstand gestoßen: Hamsun vertrat die Positionen der deutschen Nationalsozialisten und er verehrte Hitler. Von dieser Haltung hat er auch nach 1945, als Europa in Schutt und Asche lag, nicht abgelassen, was mein Interesse an seinem Buch stärkte, denn ich wollte herausfinden, warum wir Hamsuns Werke trotzdem nach wie vor lesen. „Hunger“ erschien 1890, es ist das erste Buch des norwegischen Autors und begründete seinen Ruhm. Der Roman handelt von einem mittellosen Journalisten, der sich mit Müh‘ und Not über Wasser hält, indem er ab und zu einen Artikel in einer Zeitschrift platzieren kann und zwischendurch sein Hab und Gut beim Pfandleiher veräußert. Zu Beginn wohnt er in einem dürftigen Zimmer, welches er sich bald nicht mehr leisten kann, später haust der namenlose Protagonist über einer verlassenen Werkstatt. Hunger ist sein ständiger Begleiter und treibt ihn immer wieder zu unsinnigen oder peinlichen Handlungen. Es ist ihm wichtig, den Schein zu wahren und nicht als bedürftig erkannt zu werden. Es hat etwas von Tragikomik, wenn er sich zum Beispiel nach einer Nacht in Polizeigewahrsam als gut situierter Journalist ausgibt und dadurch bei der Verteilung der Tagesration für Obdachlose nicht berücksichtigt wird. Der Roman besteht aus vier Stücken, wie Hamsun die einzelnen Abschnitte benennt. Am Ende eines jeden Stückes gibt es einen Hoffnungsschimmer, weil der Held zu Geld kommt, indem er einen Artikel verkaufen kann oder ihm jemand etwas schenkt. Doch das Glück ist immer nur von kurzer Dauer. Der Roman ist durchgehend aus der Sicht des Protagonisten bzw. in Figurenrede geschrieben. Dabei gibt es fließende Übergänge zwischen äußerer Handlung und Innensichten. Es entsteht der Eindruck, dass die Ereignisse in realer Zeit beschrieben werden. Lesend begleite ich den jungen Mann auf allen Wegen, nehme an dessen Beobachtungen und Überlegungen teil. Ich kreisele in Gedankenspiralen, teile Euphorie oder versinke in Selbstmitleid, bewege mich mit ihm auf einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale. Mit dieser Schreibtechnik des Bewusstsseinsstromes beschritt Hamsun neue Wege und war Inspiration für viele nachfolgende Autoren. Seine Sprache ist modern und spielte der Roman nicht in Kristiana, wie Oslo damals hieß, und gäbe es dort nicht Pferdefuhrwerke statt Autos, könnte das Buch heute geschrieben worden sein. Hamsuns Meisterschaft zeigt sich auch bei einem weiteren Aspekt. Ich habe bisher in keinem anderen Roman eine so genaue Beschreibung des Dilemmas eines Schriftstellers gelesen: Der Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und den Erwartungen des Publikums misslingt dem glücklosen Schreiber immer wieder. Grandios ist die Beschreibung des Balanceaktes auf dem schmalen Grat zwischen Stolz auf das eigene Können und eitler Selbstüberschätzung. Knut Hamsun hat seinen Roman später mehrmals geändert und um aus seiner Sicht blasphemische bzw. erotische Inhalte bereinigt. Die vorliegende Übersetzung von Ulrich Sonnenberg bezieht sich auf die Originalausgabe von 1890. Wie schon bei anderen Klassiker-Ausgaben aus dem Manesse-Verlag gibt es im Anhang Begriffserklärungen zum besseren Verständnis und ein Nachwort zur Einordnung. Damit haben Verlag und Übersetzer ein wirklich gutes Werk getan, denn „Hunger“ ist ein Buch, das man gelesen haben sollte. Ich kann es guten Gewissens empfehlen.

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Ein Künstler an der äußersten Grenze einer Zeit und ihrer Überzeugungen. Ein Protagonist, der vorausschreitet, der sich durch den Akt des Hungern davon befreit (oder: zwangsläufig befreien muss), was die Gesellschaft ihm auferlegt; von der Allmacht von Religion und dem Schicksal. Das Hungern als eine Art der Selbstbestimmung. So zumindest habe ich Knut Hamsuns Roman "Hunger" wahrgenommen. Hungernde Künstler sind natürlich nichts Außergewöhnliches in der Literatur. Und Hunger als Mittel, um andere, höhere Formen der Wahrnehmung zu erreichen, auch nicht. Was Hamsuns Roman ausmacht, ist die Dringlichkeit und Körperlichkeit, das sehr Reale, das von jeder (Kunst-)Theorie Losgelöste, mit der sie erzählt werden und vor allem auch die Charakterentwicklung, die sie einleiten. Hamsuns Protagonist lebt in Oslo. Es ist das Jahr 1890. Er ist arm, schreibt Artikel für Zeitungen, die fast nie angenommen werden, hungert, kann seine Miete nicht zahlen, verkauft bald sein einziges Hab und Gut, schreibt unaufhörlich weiter und isst wochenlang fast gar nichts. Am Leben zu bleiben wird für ihn zur Anstrengung, zur Qual. Er ist ein Außenseiter. Ein Außgestoßener. Seine Kunst und seine Beharrung auf ihr berauben ihn nicht nur fast seines Lebens, sondern schaffen auch eine Distanz zur Gesellschaft. Künstler zu sein, sein zu wollen, bedeutet Armut, Hunger, Elend. Ein Zustand, den der Protagonist scheinbar nicht überwinden kann. Bis er Grenzen überschreitet. Beispielsweise sprachliche. Er denkt sich ein neues Wort aus, erfindet also Sprache neu bzw. erweitert sie und widersetzt sich damit ihren Begrenzungen. "Hunger" ist ein Roman, der viel sagt, der sehr zum Nachdenken anregt und viele eigene Gedanken und Interpretationen zulässt (was sich sicher in meinen Worten hier widerspiegelt) und der nicht umsonst als Klassiker zählt. Bei @manesse.verlag ist er jetzt in der Neuübersetzung von Ulrich Sonnenberg erschienen. Sehr zu empfehlen!

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[Auszug] „Hunger“ von Knut Hamsun ist ein stilistisch wegweisender Roman über das Hungerleiden eines norwegischen Schriftstellers. Viel weniger ernst als das Hungern in Herta Müllers „Atemschaukel“, sympathischer – wenn auch nicht sehr – als Dostojewkijs Raskolnikow findet Nobelpreisträger Hamsun eine gute Mitte zwischen drastischen Schilderungen und fast schon humorvollen Leidensbeschreibungen. Empfehlung!

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Knut Hamsun versetzt uns mit seinem Roman nach Kristiana, dem heutigen Oslo. Dort wartet unser namenloser Protagonist schon seit Langem auf seinen Durchbruch als Schriftsteller – bislang beschränken sich seine Erfolge auf wenige drittklassige Kolumnen in viertklassigen Zeitschriften. Sein Einkommen reicht nicht einmal im Ansatz aus, um ein ordentliches Leben zu führen. Daher ist er die meiste Zeit dazu gezwungen, hungernd und ohne festen Wohnsitz durch die Straßen der Stadt zu schleichen und unter den unmöglichsten Bedingungen an seinen Texten zu feilen. Doch umso stärker er der Außenwelt seinen Zustand zu verbergen versucht, desto mehr verfällt er der Verzweiflung und dem Wahnsinn. Kann er sich aus diesem Zustand herauskämpfen oder wird er Opfer seines eigenen Hungerwahns? Der schleichende Niedergang eines Mannes Knut Hamsun lässt seinen namenlosen Ich-Erzähler durch das winterliche Kristiana irren und präsentiert uns rein äußerlich eine recht handlungsarme und sprachlich beinahe schon rohe Erzählung über den schleichenden Niedergang eines verzweifelten Mannes. Schon bald nach Beginn der Handlung verliert er seine Wohnung und ist gezwungen, im Wald zu übernachten. Um seine knappe Börse aufzubessern, versucht er seinen knappen Besitz beim Pfandleiher zu versetzen: neben seiner Weste (immerhin nähert sich im Roman zu diesem Zeitpunkt bereits der Winter!) und seiner Matratze versucht er am Ende sogar verzweifelt die Knöpfe seines Mantels zu Geld zu machen. In dem verzweifelten Versuch, seine Würde zu bewahren, sabotiert er sich dabei allerdings immer wieder selbst. Anstatt sich seinen Zustand einzugestehen, versucht er sich sogar noch eine überlegene Stellung anzudichten. So ist es ihm natürlich nicht möglich, um Geld zu betteln und wenn er doch auf diese Weise an Geld gelangt, versucht er es so schnell wie möglich loszuwerden. Erhält er dann doch einmal Geld auf eine in seinen Augen angemessene Art und Weise, dann quartiert er sich umgehend in Zimmer ein, die er langfristig auf keinen Fall halten kann und gönnt sich Speisen, die angesichts seines Zustandes bald schon den gleichen Weg hinaus wie hineinnehmen. Aber auch dieses Geldes wird er bald überdrüssig und schwingt sich zum Wohltäter auf, der seine Reichtümer den Notleidenden verschenkt – nur um dann selbst wieder in dem tragischen Kreislauf aus Hunger und Geldnot zu landen. Seinen Lebensunterhalt versucht er sich dabei als Autor drittklassiger Texte zu verdienen - körperliche Arbeit kommt aufgrund seiner schmalen Statur sowieso nicht infrage. Auch wenn es ihm tatsächlich mal gelingt, einen Text in einer Zeitschrift unterzubringen, wird schnell deutlich, dass Artikel schreiben (jedenfalls in seinem gegenwärtigen Zustand) keine langfristige Lösung darstellen kann: Mal versucht er es mit einer pseudo-philosophischen Abhandlung, ein anderes Mal sieht er sich als nächster großer Theaterautor, vergisst aber bei jeder neuen Szene vorherige wichtige Bestandteile. Komödie oder Tragödie? Die Geschichte bewegt sich dabei auf dem schmalen Grat zwischen Komödie und Tragödie und bedient oftmals beide Ebenen gleichzeitig. Auch wenn ich nicht mit Astrid Lindgren gehen mag, die den Roman vornehmlich als Komödie begriff, so kann man vielen Szenen eine gewisse Komik nicht absprechen. Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die uns selber den Magen verdrehen, beispielsweise wenn unser Protagonist nach tagelangem Hungern einen Knochen erbetteln kann, an dem noch Fleischreste hängen und den Inhalt einfach nicht im Magen behalten kann. Doch woher kommt dann die Faszination für diesen Roman zustande? Das liegt zum einen sicherlich daran, dass Knut Hamsun bis zum Schluss wichtige Punkte offenlässt. Ist unser Protagonist einfach nur hungrig oder tatsächlich wahnsinnig (geworden)? Sind die Begegnungen mit den anderen Figuren wirklich echt oder nur Teil seiner manischen Zustände? Diese Offenheit lässt jedenfalls genug Raum, um unterschiedlichste Meinungen vertreten zu können – also ein idealer Schauplatz für Kritiker, Professoren und (Hobby-)Psychologen gleichermaßen. Zum anderen spricht die Handlung natürlich auch einen voyeuristischen Teil in uns an (RTL und Konsorten lassen grüßen) – gleichermaßen fasziniert wie angewidert beobachten wir den Niedergang des Protagonisten und laben uns an seinem Unglück. (s.o.) Vorläufer des modernen Romans? Kennzeichnend für diesen Roman ist die Erzähltechnik des Bewusstseinsstroms. Hamsuns vermischt dazu Gedanken, Beobachtungen und Monologe in scheinbar ungeordneter Reihenfolge zu einem großen Ganzen. Diese inneren Bewusstseinsinhalte stehen dabei in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen zeitlichen Abläufen. Wenige Sekunden der Handlung können also ganze Seiten des Romans einnehmen und den Leser in eine verworrene Gedankenwelt abtauchen lassen. Gerade diese Verworrenheit, diese unablässigen Wechsel von manischen und klaren Gedanken und Handlungen lässt die Schilderungen des Hungerzustandes so realistisch erscheinen. Mit dem Gebrauch dieser Technik sollte sich Hamsun als Pionier erweisen – eine ganze Reihe berühmter Autoren sollte sich später auf ihn als Vorbild und Inspiration berufen – so etwa Kafka, Joyce oder Woolf, um nur einige Beispiele zu nennen. Gelungener Anhang Der Anhang hingegen kann wie gewohnt überzeugen. Neben einem Nachwort von Felicitas Hoppe finden wir noch einige hilfreiche Anmerkungen (die das fehlende Leseband schmerzlich vermissen lassen!) und Hinweise zur Übersetzungsgeschichte des Romans. Im Nachwort selbst outet sich Felicitas Hoppe als Fan des Romans und berichtet von ihren eigenen Leseerfahrungen – auch wenn sie die kritische Hintergrundgeschichte zu weiten Teilen ausspart. Zudem bietet sie mit einem kurzen Überblick über die Rezeption und den Einfluss dieses Werkes auf nachfolgende Autoren einen interessanten Überblick über die Bedeutung des Autors in der Literaturgeschichte. Insgesamt handelt es sich also um ein gelungenes und lesenswertes Nachwort. Fazit Hunger von Knut Hamsun ist ein Roman, der den Leser sofort in den Bann zieht und auch nach der Lektüre noch nachhaltig beschäftigen wird. Selten wurde das Hungern in literarischer Form so abstoßend und faszinierend zugleich dargestellt. Komik und Tragik gehen Hand in Hand und lassen den Leser ra(s)tlos zurück, unzählige Szenen brennen sich ein – ein Klassiker, der auf keinem Bücherregal fehlen darf!

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Hunger hat mich sowohl inhaltlich als auch stilistisch komplett überrascht. Ich hatte schon die Geschichte eines oder mehrerer armer hungernder Menschen erwartet. Jedoch auf eine ganz andere Art. Stilistisch ist Hunger seiner Zeit voraus. Das ist Kafka, bevor es Kafka gab. Innerer Monolog und Bewusstseinsstroms, bevor diese Techniken populär wurden. Knut Hamsun war Vorbild für viele Autoren wie Virginia Woolf oder James Joyce, eine Tatsache, die mir vorher nicht bekannt war. Heute wird Knut Hamsun, der 1920 den Literaturnobelpreis erhielt, aufgrund seiner Haltung zum Naziregime häufig kritisch gesehen. Hunger und sein anderes großes Werk, Segen der Erde, schrieb er lange vor dieser Zeit. Diese Neuübersetzung folgt auch ausdrücklich der Erstausgabe von 1890. Das Buch ist teilweise anstrengend zu lesen. Das liegt vor allem an der namenlosen Hauptperson, einem bitterarmen Journalisten. Ich hatte einerseits wahnsinniges Mitleid mit ihm. Teilweise scheint er wirklich vom Pech verfolgt zu sein. Andererseits bringt er sich aber oft selbst in Situationen, aus denen es relativ einfach einen anderen Ausweg gäbe. Durch seinen Hunger leidet er teilweise an Halluzinationen und vieles entwickelt sich zu einem Teufelskreislauf. Hunger ist ein Stück Weltliteratur, das eigentlich viel bekannter sein müsste.

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